CSU-Parteitag in Nürnberg

Kommentar: Laschet überrascht - diesmal positiv

12.9.2021, 13:19 Uhr
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet kam gut an beim CSU-Parteitag in Nürnberg.

© Peter Kneffel, dpa Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet kam gut an beim CSU-Parteitag in Nürnberg.

Natürlich hätten die Delegierten des Nürnberger CSU-Parteitags Armin Laschet nicht geteert und gefedert fortgejagt, wenn der Auftritt in der Messehalle 7 danebengegangen wäre; natürlich war klar, dass der Begrüßungsapplaus ausreichend ausdauernd sein würde; und auch nach einer mittelmäßigen Rede, die von nicht wenigen erwartet worden war, weil Laschet eben der Makel der Mittelmäßigkeit anhängt, wäre ein paar Minuten lang freundlich und anerkennend geklatscht worden, weil man nicht nur bei der CSU weiß, dass die Medien die Zeit mit der Stoppuhr messen. Dass es am Ende aber ein wirklich sehr langer (9 Minuten), sehr freundlicher, ja geradezu euphorischer Applaus werden würde, hätte wohl Laschet selbst nicht für möglich gehalten.

Nach Laschets nicht allzu langer Rede, nach den drei Hymnen (Bayern, Deutschland, Europa), nachdem sich die Delegierten wieder gesammelt hatten, war unter ihnen niemand zu finden, der etwas zu kritisieren hatte am gemeinsamen Kanzlerkandidaten, der so oft aus den eigenen Reihen kritisiert wurde, ohne dass sein Name genannt worden wäre; im Gegenteil: Laschet hat die meisten regelrecht begeistert.

Ab jetzt gemeinsam - Armin Laschet inmitten der CSU-Prominenz beim Singen der Hymnen zum Abschluss des Parteitags.

Ab jetzt gemeinsam - Armin Laschet inmitten der CSU-Prominenz beim Singen der Hymnen zum Abschluss des Parteitags. © Daniel Karmann, dpa

Kann am Überraschungsmoment liegen, denn unterschätzt zu werden kann auch ein Vorteil sein.

Doch Laschet hat eine klug komponierte Rede gehalten. Er hat die Seele der CSU gestreichelt, was bei der kleineren Unionsschwester immer gut ankommt, indem er bekannte, dass die NRW-CDU in ihren 50 Jahren als Opposition immer neidvoll auf die Dauerregierungspartei in Bayern geschaut habe.


Was kann die Union jetzt noch tun? Experte: "Hoffen"


Er hat das Wirken und die wegweisenden Weichenstellungen von Franz Josef Strauß, Theo Waigel und Edmund Stoiber für Bayern, Deutschland und Europa gewürdigt, was den Anspruch der CSU, in Bayern führend und weit über Bayern hinaus Einfluss zu haben, pflegt; und er hat, einem Kanzlerkandidaten gemäß, die großen Linien seiner Politik gezeichnet und das, was er anders machen würde als die linke Konkurrenz: Entlastungen für Unternehmen und die Mittelschicht statt Steuererhöhungen, Anreize für klimagerechtes Verhalten statt Verbote, die Sicherheit im Inneren stärken, klares Bekenntnis zur Nato und zur Westbindung Deutschland.

Alles nicht neu, aber alles gehört zum Markenkern der Union. Sollte es ausgerechnet Armin Laschet sein, der die CDU erneuert und das Bündnis mit der CSU neu belebt?

Wenn es Laschet gelingt, in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Bundestagswahl den Trend gegen ihn und die Union zu brechen, sodass CDU und CSU - wenn auch auf vergleichsweise bescheidenem Niveau - am Ende vorne lägen, dann wäre das mehr als selbst kühne Optimisten erwarten. Möglich ist es. Konkurrent Olaf Scholz hat pikiert auf die staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungen in seinem Finanzministerium reagiert - ein Fehler. Wenn Laschet bei sich bleibt und weiter klar benennt, wofür er steht, dann kann das noch was werden mit dem Kanzleramt.

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