Der Groove blieb im zahmen Rahmen

9.3.2018, 21:11 Uhr

Hinter dem polnischen Wort für "Achtung!" verbergen sich die drei aus dem Ruhrgebiet stammenden Musiker Christoph König, Maurice Maurer, Matthias Hacker und der serbische Akkordeon-Virtuose Mirsolav Nisic. Neuerdings sorgt auch Max Klaas an einer kleinen, aber feinen Percussion-Batterie für die richtigen, meist ziemlich sanft und entspannt intonierten Rhythmen.

Klaas gehörte auch der Auftakt; mit seinem Schlagwerk-Solo brachte er die Symphoniker ins Spiel. Die Komposition "Dance Ouvertüre" stammt von Christoph König, der zwischen Violine und Bratsche ebenso flink wechselt wie zwischen Bogenstrich und Zupfen. Zusammen mit Violinist Maurer ist er der Mastermind von "Uwaga!" und zeichnet für die meisten Bearbeitungen verantwortlich.

Die zielen oft in südosteuropäische Richtung: Da wird Mozarts A-Dur-Violinkonzert mit türkischen Klängen anatolisiert, Motive aus Tschaikowskys "Schwanensee" geraten genauso in den Balkangroove wie Mozarts Klaviersonate KV 331 – während Bachs Doppelkonzert für zwei Geigen auf eine russische Reise geschickt wird.

Die Arrangements entstammen größtenteils dem Programm "Swan Fake", das "Uwaga!" ursprünglich mit den Dortmunder Symphonikern erarbeitet hat und nun auf Tour geht; Philipp Armbruster, Zweiter Kapellmeister an der Dortmunder Oper und damit am Haus des designierten Nürnberger Staatsintendanten Jens-Daniel Herzog, reist mit und bildet die zuverlässige Schnittstelle zwischen wilder Straßenmusik-Attitüde und klassischem Orchestersound.

Der Titel ist ein Wortspiel aus Tschaikowskys "Schwanensee" und dem spätestens seit Trump weltbekannten Wort für "Fälschung".

Das trifft es aber nicht ganz, denn "Uwaga!" bieten vor allem eine gute Show, deren exotisch-balkanisches Flair von den virtuosen Fähigkeiten von Miroslav Nisic am Akkordeon lebt. Dazu schlüpfen König und Maurer gern in die Rolle der sich gegenseitig antreibenden Stehgeiger, Matthias Hacker sorgt am Kontrabass stoisch fürs Bassfundament.

Zwischen Zupfen und Streichen

Es bedeutet auch keine Fälschung, dass die Musik längst nicht so spontan ist, wie es den Anschein hat. Denn Improvisationen klingen nur gut, wenn sie gut vorbereitet sind. Das merkt man etwa beim gezupften Auftakt von Mahlers berühmten Adagietto aus der 5. Sinfonie, das seine sphärische Wirkung erst richtig entfaltet, wenn die Streicher der Symphoniker dazukommen. Das Orchester genießt die spielfreudig vitalen Impulse dieses Abends sichtlich, da verwandeln sich alle Violinen mal in ein Zupforchester, da darf das Blech so vorlaut und scharf auftrumpfen wie sonst selten im Konzertsaal.

Für die ruhigeren Parts sorgen Christoph Königs Eigenkompositionen wie "Isle of Lewis", die zwar die Mitmusiker von "Uwaga!" zuverlässig mit Solo-Stellen versorgen, sonst aber gerne den ruhigen Sound der Lounge suchen und dabei auch nicht ohne Längen bleiben.

Ja, wirklich wild war dieser Auftritt nicht, sondern nicht nur in den erklärenden Ansagen eher übersichtlich, geplant und damit irgendwie deutsch. Spaß machte der lebhafte Groove im zahmen Rahmen trotzdem, und nebenbei lernte man, dass das Gewitterallegro der "Vier Jahreszeiten" fast keine Bearbeitung braucht, um zu fetzen. Vivaldi war halt schon im frühen 18. Jahrhundert ein echter Cross-Over-Punk.

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