Designierter OB-Kandidat: Brehm bleibt Nürnberger SPD-Chef

23.3.2019, 16:41 Uhr
Brehm will seine Heimatstadt "liebens- und lebenswert erhalten".

© Roland Fengler Brehm will seine Heimatstadt "liebens- und lebenswert erhalten".

Kräftiger Rückenwind für Thorsten Brehm: Mit 91 Prozent der Stimmen bestätigten die Delegierten bei der Jahresversammlung der Nürnberger SPD den 34-Jährigen als Chef im Unterbezirk – ein Votum, das fast einer vorgezogenen Nominierung als Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl im März 2020 gleichkommt. Offiziell wollen die Nürnberger Sozialdemokraten ihren potenziellen Nachfolger von OB Ulrich Maly erst im Mai küren. Nach der Abstimmung im Uhrenhaus der N-Ergie wäre es allerdings eine große Überraschung, wenn ihm ein Genosse oder eine Genosse die Kandidatur streitig machen würde. Zumal der SPD womöglich eine Schlappe droht – und sie daher mehr denn je alles daran daran muss, geschlossen in den Kommunalwahlkampf zu ziehen.

Als Bewerbungsrede ließ sich Brehms Standortbestimmung verstehen. Gewiss liege ein steiniger und schwerer Weg vor der Partei und ihm selbst. Er wolle aber seine Heimatstadt "liebens- und lebenswert erhalten" und die Erfolgsgeschichte der "traditionsreichsten Kraft im Rathaus" fortschreiben. "Wir hatten uns alles immer erkämpfen müssen", stimmte er auf das Ringen um die Macht ein und bat um Unterstützung. "Aber ich bin zuversichtlich: Wir rocken das!" Clever und umsichtig band er wichtige Mitstreiter wie Bürgermeister Christian Vogel ein, berichtete von Eindrücken und Begegnungen wie etwa bei der "Vesperkirche" in der Nürnberger Südstadt und skizzierte Kernpunkte dessen, was die SPD durchsetzen sollte.

In den Unterbezirk wurde er bereits erfolgreich gewählt, nun bleibt zu warten, ob er auch als potenzieller Nachfolger für Maly gekürt wird.

In den Unterbezirk wurde er bereits erfolgreich gewählt, nun bleibt zu warten, ob er auch als potenzieller Nachfolger für Maly gekürt wird. © Roland Fengler

Brehms Ziele

"Die Digitalisierung und die sogenannte Plattform-Ökonomie machen längst nicht alles besser." Viel zu vielen Bürger machen prekäre Lebensverhältnisse zu schaffen, daher sei eine "grundlegende Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme nötig", vor allem Verbesserungen beim Arbeitslosengeld I und bei der Grundsicherung. In der Diskussion um eine auskömmliche Grundrente dürften sich Menschen nicht eine falsche Konkurrenzsituation drängen lassen, weil der eine 35 und der andere 45 Jahre Beiträge abgeführt habe. Denn das lenke von der eigentlich wichtigen Frage ab, warum sich Superreiche und beispielsweise Großunternehmen wie Google oder auch Café-Ketten von einer angemessenen Finanzierung des Gemeinwohls entziehen können.


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Auf dem Feld der Kommunalpolitik begnügte sich Brehm allerdings mit wenigen Andeutungen: Angesichts des Klimawandels müsse Nürnberger grüner werden, sagte er. In der Verkehrspolitik bleibe die Stadt aber entschieden auf die Unterstützung des Freistaats angewiesen, schon um die Preise im öffentlichen Nahverkehr wenigstens einzufrieren oder gar ein 365-Euro-Jahresticket einzuführen.

Maly entschuldigt sich erneut

Oberbürgermeister Ulrich Maly warb noch einmal um Verständnis für seine Entscheidung, sich nicht um eine vierte Amtsperiode zu bewerben. "Ich will nicht wie ein Möbelstück hinausgetragen, an das man sich einfach zu lange gewöhnt hatte." Ein Generationswechsel werde jetzt leichter fallen als in sechs Jahren. "Wenn wir uns umsehen, kommt er oft eher zu spät." Dabei laufe er nicht unbedingt auf einen Politikwechsel hinaus, bringe aber wahrscheinlich einen Stilwandel mit anderen Schwerpunkten. Statt eine Abschiedsrede nach der anderen zu halten, wolle er die täglich im Rathaus anstehenden Aufgaben mit Freude anpacken, so Maly.

Thorsten Brehm bei der Jahresversammlung der Nürnberger SPD.

Thorsten Brehm bei der Jahresversammlung der Nürnberger SPD. © Roland Fengler

In den Reihen der Delegierten wurde Malys Ankündigung mit großem Bedauern, aber auch Respekt aufgenommen. Aber nur eine Anwesende wagte auch kritische Anmerkungen: Nicht die Entscheidung als solche, aber der parteiinterne Umgang damit sei an der Basis doch als irritierend und unglücklich empfunden worden, sagte Cornelia Spachtholz, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Vor allem hätte sie sich eine Einbeziehung der Ortsvereine in die Suche nach einem Maly-Nachfolger gewünscht – und besser noch einer Nachfolgerin. "Denn wir haben kompetente Frauen!" Zumindest ein Teil der Delegierten scheint die Äußerungen aber als eine Art Nestbeschmutzung und Schwächung der Partei empfunden zu haben – und verweigerte Spachtholz bei der Entsendung in den Unterbezirksvorstand die nötige Mehrheit.

Die Seele Europas

In einem Leitantrag zur bevorstehenden Europawahl bekräftigten die Delegierten schließlich den Wunsch, die Sozialdemokraten als "die" europäische Kraft zu profilieren, die Freiheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit einer sozialen Absicherung verbinden und gleichwertige Lebensverhältnisse erreichen will. "Diesmal geht es auch um die Seele Europas", sagte der mittelfränkische Europakandidat der SPD, Matthias Dornhuber. "Wir stehen vor der Grundfrage zwischen Einzelkämpfertum und der Überzeugung, mit einem Zusammenhalt stärker zu sein."

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