Die einzige Fußball-Liga, die derzeit noch spielt

9.4.2020, 08:09 Uhr
Die einzige Fußball-Liga, die derzeit noch spielt

© Foto: SG Ramsberg/St. Veit

Als hätte man ein bisschen von den schwierigen Zeiten und der damit verbundenen Fußball-Zwangspause geahnt, hat der BFV seine Angebote in dem Bereich in diesem Jahr forciert und kann sich inzwischen über einen regelrechten Boom freuen. 36 Vereine aus dem gesamten Freistaat spielen in zwei Gruppen (Bayernligen Nord und Süd) Woche für Woche im Normalfall am Sonntagabend um 19 Uhr um Tore und Punkte. Nicht draußen vor Zuschauern am Feld, sondern drinnen allein an der Konsole. Die Playstation wird zur neuen Spielwiese.

Turnier im Sportheim als Auslöser

Einer der 36 beteiligten Klubs ist die SG Ramsberg/St. Veit. "Auslöser war ein Turnier im Januar, das wir an Konsolen mit 20 Leuten im Sportheim gespielt haben", erzählt Mario Fuhrhop. Er ist der Kapitän des Ramsberg-Veiter eFootball-Teams und treibende Kraft hinter dem Bayernliga-Einstieg der SG. Fuhrhop holte sich bei dem Turnier Platz eins vor Luca Löffler. Im Verein hatte man von den BFV-Angeboten gehört, und so kam der Vorschlag, sich daran zu beteiligen.

Die einzige Fußball-Liga, die derzeit noch spielt

© Foto: SG Ramsberg/St. Veit

Gesagt getan: Mit einem Fünf-Mann-Kader meldete die Spielgemeinschaft für die eFootball-League, zwei der fünf Konsolen-Kicker treten pro Spieltag gegen die zwei Akteure des jeweiligen Gegners an. Bei der SG zocken im Normalfall Mario Fuhrhop unter Nickname "Ch3kka90" sowie Kevin Jobst alias "KJ88". Je einen Einsatz hatten bislang "DrStinkefuss" Adrian Hobler sowie Marvin Petrenz. Fünfter im Bunde ist Luca Löffler.

Die Vorrunde mit neun Partien wurde soeben abgeschlossen. Ramsberg/St. Veit nimmt mit zehn Punkten (drei Siege, ein Remis, fünf Niederlagen) und 40 erzielten Toren den zwölften Platz unter den 18 Teams der Bayernliga Nord ein. Zuletzt gab es eine knappe 5:6-Niederlage gegen den FC Haarbrücken, und auch sonst finden sich viele Kontrahenten wie ASV Fronberg, TSV Dieterskirchen oder die SG Brüder/Rossdorf am Forst, die man erst einmal auf der Landkarte suchen müsste, wenn es denn reelle Auswärtsspiele gäbe. Virtuell sind die Entfernungen natürlich kein Problem.

Aktueller Spitzenreiter und Halbzeitmeister ist der TSV Oettingen, der mit zwei Profis antritt, die für den FC Augsburg in der eFootball-Bundesliga spielen und sich bislang stets als Sieger aus der Playstation ausloggten. Zweiter ist Türkspor/Cagrispor Nürnberg. Weitere mittelfränkische Vertreter sind der TSV Altenberg, der TSV Wilburgstetten, der FC/DJK Burgoberbach, die Sportfreunde Dinkelsbühl und der SV Seligenporten, der auch in der "echten" Bayernliga mitmischt.

Die SG Ramsberg/St. Veit ist als einziger Verein aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen dabei. Auf diese "gewisse Vorreiterrolle" ist der sportliche Leiter der SG, Willi Birkhan, sehr stolz. Er zollt Mario Fuhrhop und dessen Team ein großes Lob für das Engagement. Die neue Wege will die SG auch weitergehen und hofft, dass sie in der Zeit nach Corona auch einmal Zuschauer ins Sportheim einladen kann. Aktuell spielen die SG-eFootballer von zu Hause aus.

Mario Fuhrhop plant für die Rückrunde, die am Sonntag nach Ostern beginnt, die Möglichkeit zu schaffen, dass Interessierte über einen Link bei den Spielen online zuschauen können. Das SG-Team hat in der ersten Saisonhälfte gegen viele vordere Mannschaften gespielt (auch gegen Oettingen) und hofft nun im zweiten Teil auf einen Platz in der oberen Tabellenhälfte. Saisonende ist am 31. Mai. Ein Abbruch ist – im Gegensatz zum normalen Spielbetrieb – kein Thema.

Die einzige Fußball-Liga, die derzeit noch spielt

© Foto: SG Ramsberg/St. Veit

Mario Fuhrhop und Kevin Jobst haben den Großteil der Spiele für die SG bestritten. Neben dem Beruf – Fuhrhop als Arbeitsvermittler beim Jobcenter Weißenburg-Gunzenhausen, Jobst beim Autohaus Bierschneider im Verkauf – haben die beiden nicht allzu viel Zeit für Training. Der Aufwand soll sich aber ohnehin in Grenzen halten, der Hobby- und Freizeitcharakter steht klar im Vordergrund.

Die Vorbereitung sieht dann so aus, dass sie am späten Sonntagnachmittag ein paar Mal gegeneinander zocken. Aufwärmprogramm ist mit dem Joystick. Am Abend geht es dann um Punkte gegen Kontrahenten aus ganz Bayern. "Das ist eine total unkomplizierte Kontaktaufnahme", erklärt Mario Fuhrhop (29). Die jeweiligen Kapitäne besprechen, wer das erste und wer das zweite Match bestreitet. Gespielt wird jeweils zweimal sechs Minuten auf der Playstation4 mit Fifa 20. Jeder zockt mit einem bayerischen Verein aus der ersten bis dritten Liga. Nach dem sogenannten 85er-Modus sind die Spieler einer Position gleichstark programmiert. So kann es Zweitliga-Angreifer Mikael Ishak vom 1. FC Nürnberg durchaus mit Weltklassestürmer Robert Lewandowski vom FC Bayern München aufnehmen.

Mit Bayern, Club und Co.

Es kommt immer darauf an, was der jeweilige Spieler an der Konsole aus dem Potenzial macht. Mario Fuhrhop spielt gern mit den Akteuren des Club, Kevin Jobst lieber mit den Bayern. "Das geht nach persönlichen Präferenzen", sagt Kapitän Fuhrhop mit einem Schmunzeln. Bei der SG ist er im normalen Herrenspielbetrieb als Coach der A-Klassen-Reserve im Einsatz.

Im virtuellen Sport hat er schon reichlich Erfahrung: In den Jahren 2008 bis 2010, als die eFootball-Szene noch kleiner und die Technik noch nicht so ausgereift war, zählte Fuhrhop zu den besten 16 Spielern in Deutschland und traf unter anderem auf den heutigen eFootball-Nationaltrainer Benedikt Saltzer. "Es gab gute Preisgelder, wir hatten unsere Verträge, und zu Offline-Events kamen schon mal 500 Zuschauer", erzählt der 29-Jährige.

Für den Ex-Profi und auch für seinen Teamkollegen und zweiten SG-
Hauptspieler Kevin Jobst (32) geht es jetzt allerdings nur noch um den Spaßfaktor in einer Liga mit breit gefächertem Leistungsspektrum der einzelnen Akteure. Die eFußballer der SG freuen sich, dass sie bayernweit Werbung für ihren Verein machen können und Ramsberg/St. Veit dadurch in der Region zugleich ein "Alleinstellungsmerkmal" hat. Neben der eFootball-League haben Fuhrhop und sein Team auch schon für den Pokalwettbewerb ("eClub Championship") im Mai gemeldet und freuen sich zudem über die positiven Rückmeldungen aus dem eigenen Verein. Wie etwa folgenden Satz: "Cool, dass ihr das macht!"

Zum Thema

Zurzeit müssen die Fußballer/innen auf vieles verzichten: Kein Spielbetrieb, kein Training, keine sozialen Kontakte. Aber auf eines muss keiner verzichten: eFootball. Denn der Ball rollt zumindest auf dem virtuellen Spielfeld weiter. Um der verstärkten Nachfrage nach dem Online-Kick gerecht zu werden, leistet auch der Bayerische Fußball-Verband (BFV) mit den neu ins Leben gerufenen "#StayAtHome Cups" seinen Beitrag.

Auf seiner Plattform bietet der BFV noch bis Ende April jeden Dienstag und Donnerstag um 19 Uhr ein zusätzliches Wettbewerbsformat für Hobby-eFootballer an. Dienstags messen sich die Teilnehmer in Pro Evolution Soccer 2020 auf der PS4, am Donnerstag kommen Fifa-Zocker in Turnieren für die Playstation und die Xbox voll auf ihre Kosten. Es handelt sich um offene Turniere, für die sich alle Interessierten anmelden können.

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© Foto: BFV

Der BFV sieht sich als "Vorreiter" für Vereins-eFootball-Turniere in Deutschland und reagiert derzeit auch verstärkt auf die aktuelle Nachfrage. Die Bandbreite der Angebote ist mittlerweile beachtlich. Es gibt die laufende eFootball League, in der seit Mitte Februar 36 bayerische Vereine in den Ligen Nord und Süd analog eines regulären Spielbetriebs um Meisterschaftspunkte kämpfen und in der auch die SG Ramsberg/St.Veit aktiv ist(siehe auch Hauptartikel auf dieser Seite).Auf der BFV-Plattform hat zudem jeder Verein die Möglichkeit, ein eigenes Turnier mit bis zu 256 Teilnehmern online anzubieten.

Aktuell läuft auch die Anmeldephase für die zweite Auflage der BFV-eClub-Championship für bayerische Vereine. Dabei gehen jeweils Zweier-Teams an den Start, die sich über die Bezirksentscheide im Pokalmodus "Sudden Death" für das Landesfinale qualifizieren und Preise im Wert von über 1000 Euro ausspielen. Bei der Premiere im Jahr 2019 gingen 500 Spieler an den Start. Diesmal dürften es aller Wahrscheinlichkeit nach noch mehr werden.

Weitere Informationen und Anmeldung jeweils unter bfv.esports.de

 

 

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