"Die Schwiegermutter von heute ist viel besser als ihr Ruf"

1.2.2011, 13:36 Uhr

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Ob dieses schwierige Verhältnis in der Lebenswirklichkeit zutrifft, ist bislang wissenschaftlich kaum untersucht worden. Die Psychologin Andrea Kettenbach von der Fern-Universität Hagen ist dem Wahrheitsgehalt dieser Klischees nach eigenen Angaben erstmals aus psychologischer Perspektive auf den Grund gegangen. Und sie kam zu einem überraschenden Resultat: „Schwiegermütter sind besser als ihr Ruf“, stellt Kettenbach ihre Ergebnisse vor.

Denn mehrheitlich bekamen die Schwiegermütter gute Noten von ihren Schwiegertöchtern. Manche waren von ihnen sogar ganz begeistert. Das Klischee der bösen Schwiegermutter scheint demnach überholt. Vor 100 bis 200 Jahren habe dies noch ganz anders ausgesehen, erläutert Kettenbach: „Das schlechte Bild ist ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Damals zogen die jungen Frauen häufig mit ins Haus des Mannes. Dort war die Schwiegermutter das Familienoberhaupt.“

Das habe Konfliktpotenzial mit sich gebracht. Die beiden Frauen haben auf verschiedenen Ebenen miteinander konkurriert: Wer ist die bessere Hausfrau, die bessere Mutter und wer ist die attraktivere Frau. Heutzutage hilft laut Kettenbach in solchen Fällen häufig schon der räumliche Abstand zwischen den Familien.

In ihrer Doktorarbeit hat Kettenbach versucht, vier verschiedene Schwiegermutter-Typen aufzuzeigen. Typ eins, die in der Realität tatsächlich vorzukommen scheint, ist die liebe Schwiegermutter. Typ zwei ist das genaue Gegenteil: die böse Schwiegermutter, hinterhältig und einmischend. Die „Zwischen-Typen“ drei und vier sind zum einen die nervige, aber nützliche und zum anderen die defensive und desinteressierte Schwiegermutter. Man sollte meinen, dass die böse Schwiegermutter die schlimmste Form ist. Andrea Kettenbach sieht dies anders: „Bei der nervigen, aber nützlichen ist das Konfliktpotenzial besonders groß“, meint die Forscherin aus Hagen. Die Frauen seien genervt, könnten sich aber nicht beschweren, da sie gleichzeitig sähen, dass ihre Schwiegermutter letztlich das Wohl der Familie im Blick habe. „Außerdem stört es die Schwiegertöchter, dass ihre Männer bei Konflikten nicht auf ihrer Seite stehen würden.“

Wenn das Verhältnis unterkühlt und oberflächlich sei wie beim vierten Typ, gebe es kaum Konfliktpotenzial, hat Kettenbach herausgefunden. „Die Schwiegertöchter sind lediglich enttäuscht, dass ihre Kinder keine richtige Oma haben.“ Kettenbachs Typologie fußt auf einer Befragung von 34 verheirateten Müttern und einer Online-Befragung, an der 422 Personen teilnahmen.

Damit ihre Doktorarbeit nicht nur in der Bibliothek verstaubt, hat Andrea Kettenbach auch praktische Tipps parat: Falls es mit der Schwiegermutter doch einmal zu Reibereien komme, sollte die Schwiegertochter am besten ein klärendes Gespräch suchen. „Häufig gab es Probleme, weil Erwartungen nicht klar kommuniziert und keine Grenzen definiert wurden. Vielleicht weiß die Schwiegermutter ja gar nicht, dass ihre gut gemeinten Tipps nicht auf Gegenliebe stoßen.“

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