Die Sportveranstalter und der Super-Gau durch Corona

3.6.2020, 08:03 Uhr
Die Sportveranstalter und der Super-Gau durch Corona

© Foto: Uwe Mühling

Beide stehen vor einem großen Veranstaltungskalender im Besprechungsraum ihres Unternehmens im Weißenburger Industriegebiet. Die Wochenenden von April bis Oktober sind dabei gut gefüllt, mehr als die Hälfte der Veranstaltungen ist allerdings mit Rotstift versehen. Gestrichen! Ab Ende August ist alles grün gefärbt – noch muss man hinzufügen. Hanus und Stanka haben die Hoffnung, dass in St. Johann in Tirol am 29. und 30. August das MTB-Enduro-Rennen stattfinden kann. Österreich ist bei den Lockerungen schon einen Schritt voraus.

Was wird aus Marathon und Trail?

Letztlich ist diese Entscheidung aber genauso offen, wie für die beiden heimischen Großereignisse, den Seenlandmarathon im September und den Altmühltrail im Oktober unter Regie von OAI und Baboons. "Wir haben alle relevanten Stellen angeschrieben und brauchen bis 5. Juni eine verlässliche Information, ob diese beiden Events genehmigt werden", so die beiden Macher. Zuletzt habe man in der Vorbereitung gebremst, jetzt müsse man aber richtig loslegen und wissen, ob und wenn ja unter welchen Auflagen die zwei Lauf-Veranstaltungen möglich sind.

Generell stehen auch Hubert Stanka und Ulrich Hanus hinter den Infektionsschutzmaßnahmen der Bayerischen Staatsregierung und haben Verständnis für die Politik. Was sie jedoch kritisieren, sind die "schwer verständliche Unterstützungspolitik" sowie die "mangelnde Perspektive und Rückendeckung vonseiten des Staates". Die Politik, so der Vorwurf der Baboons-Vertreter, setze sich zu wenig mit den Folgen ihrer Entscheidungen auseinander. Zudem fehle es an "Programmen, die wirklich helfen".

Deshalb haben Hanus, Stanka und ihr Weißenburger Unternehmen, das einen weiteren Standort in Stephanskirchen bei Rosenheim hat, maßgeblich den "Sport-Rettungsschirm Bayern" mitinitiiert. In einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder schlagen Veranstalter, Vereine und Sportler darin Alarm: "Die Sportlandschaft sowie deren Dienstleister sind in größter Not."

Die Unterzeichner machen darauf aufmerksam, dass viele Vereine, Veranstalter, Sportler und Trainer ihre Einnahme- und Verdienstmöglichkeiten vollständig verloren haben. Hinzukommen zahlreiche Freiberufler und Dienstleistungsunternehmen wie Zeitnahmefirmen, Catering-Anbieter, Werbeagenturen, Beschallungstechniker, Moderatoren oder auch das Gastgewerbe, die bei vielen Veranstaltungen involviert sind. Sie alle stürzen durch die Absagen-Flut in existenz-bedrohende, finanzielle Schwierigkeiten.

Absagen seien "1:1 sofort verlorener Umsatz bei bereits geleisteter Organisationsarbeit – und das auch noch möglicherweise mit Rückzahlungspflicht", heißt es in dem Brief. Rund 50 Veranstalter, alle Unternehmen, die dranhängen, und schließlich eine sechsstellige Zahl an Sportlern appelliert deshalb an die Staatsregierung, "umgehend einen Veranstalter-Rettungsschirm für die bayerische Sportszene zu schaffen, bis wieder Bewegung in die Sport-Landschaft kommen kann".

Die Sportveranstalter und der Super-Gau durch Corona

© Foto: Uwe Mühling

Die Veranstalterbranche stehe komplett im Regen. Sie benötige dringend Planungssicherheit und exakte Vorgaben. Ulrich Hanus und Hubert Stanka vermissen – wie übrigens viele Veranstalter auch aus anderen Bereichen – zum Beispiel eine klare Definition des Begriffes "Großveranstaltungen", die bekanntlich bis Ende August untersagt sind. Hier fehle nach wie vor eine konkrete Angabe, was Zuschauer- und Teilnehmerzahlen anbelangt. Beispiel Seenlandmarathon, der am 19./20. September 2020 sein zehnjähriges Jubiläum hätte: Ab wie viel Startern ist das Sportereignis nicht mehr genehmigungsfähig? Ab 1000, ab 2500 oder vielleicht doch erst ab 5000? "Wir wollen hier händeringend eine Aussage", unterstreicht "Uli" Hanus.

Generell finden die beiden Baboons-Geschäftsführer, "dass unsere Branche überhaupt nicht berücksichtigt wird, zu kurz kommt oder einfach nicht verstanden wird. Du denkst manchmal, du bist im falschen Film". Vor allem werde oft vergessen, wie groß der organisatorische Vorlauf für Wettbewerbe und Serien ist. "Wir arbeiten bereits ab September Vollzeit für das jeweils nächste Jahr". Arbeit, die in den vergangenen Monaten zumeist umsonst war.

90 Prozent Umsatzverlust

Aktuell helfe zwar die Kurzarbeit dabei, finanziellen Folgen für das Unternehmen und seine rund 20 Mitarbeiter (je zur Hälfte in Weißenburg und Stephanskirchen) abzufedern. Auch die "vollmundig versprochene" Soforthilfe habe man frühzeitig beantragt, wenngleich sie bis jetzt nicht bei Baboons angekommen ist. Insgesamt aber muss das Weißenburger Unternehmen das Jahr 2020 aus den Rücklagen finanzieren. "Da wir mittlerweile ein Vierteljahrhundert am Markt sind, wirft uns nichts so schnell um. Wir haben in den Boomjahren gut gewirtschaftet und sind zuversichtlich, auch die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Trotzdem trifft uns Corona natürlich hart", sagen Stanka und Hanus mit Blick auf einen "Umsatzverlust von 90 Prozent" und fehlende Einnahmen.

Junge Unternehmen oder Start-Ups hätten es, so die beiden Baboons-Chefs, weitaus schwerer in der momentanen Krise über die Runden zu kommen: "Hier geht es ans Eingemachte". Bei Baboons selber ist man trotz allem froh über die erwähnten Rücklagen und zugleich optimistisch, "dass wir dieses Jahr überstehen können". Um dann vielleicht im kommenden Jahr das eingangs erwähnte 25-jährige Bestehen nachzufeiern.                      UWE MÜHLING

Zum Thema

Der Name Baboons (Paviane) lässt erst einmal aufhorchen. Wie kam es dazu, dass sich der in Weißenburg beheimatete Sportpromoter vor 25 Jahren so benannte? Es hängt mit einer Motorrad-Rallye in Lesotho (Südafrika) zusammen. Die langjährigen Freunde Uli Hanus und Hubert Stanka hatten den Traum, einmal an diesem außergewöhnlichen Rennen teilzunehmen. Dieser Traum erfüllte sich gleich mehrfach in den 1990er-Jahren. Auf der Strecke mussten sie auch den extrem schwierigen Baboons-Pass meistern. Wenig später benannten sie ihr Unternehmen danach und sollten Jahre später sogar selber als Veranstalter der Rallye in Südafrika auftreten.

Die Weißenburger Baboons GmbH als Sportpromotor beziehungsweise der Partnerverein namens Offroad Association International (OAI e.V.) bieten insgesamt rund 20 Sportveranstaltungen pro Jahr in den Bereichen Mountainbike, E-Bike, Offroad-Motorsport und Laufsport an.

In heimischen Gefilden sind natürlich in erster Linie der Seenlandmarathon und der Altmühltrail bekannt. Doch Baboons hat weit mehr zu bieten. Seit 25 Jahren gibt es das Unternehmen. Etwa 500 Sportveranstaltungen mit ca. 250 000 Teilnehmern und mehr als einer Million Zuschauern vor Ort hat der Sportpromoter seither weltweit auf die Beine gestellt und durchgeführt.

Das Jubiläumsjahr wird nachhaltig geprägt und getrübt durch die Corona-Krise. Neben 25 Jahren Baboons würde es heuer auch zehn Jahre Seenlandmarathon sowie 15 Jahre Speedbrain GmbH zu feiern geben. Bei Speedbrain handelt es sich dabei um einen Werksrennstall, der sich zu einem innovativen und erfolgreichen Fahrzeug-Konstrukteur im Motorrad-Segment entwickelt hat. Hierzu dient auch das Entwicklungszentrum in Stephanskirchen bei Rosenheim, wo sich der zweite Standort von Speedbrain befindet. Größter Erfolg war 2013 der Gewinn der Rallye-Weltmeisterschaft mit dem selbst entwickelten Rallye-Motorrad. Die 2005 gegründete Speedbrain GmbH ist international ausgerichtet und in den Bereichen Rallyesport und Fahrzeugentwicklung aktiv. Im Zeitraum von 2016 bis 2019 entwickelte Speedbrain eine Motorrad-Produktfamilie für den indischen Zweiradkonzern Hero MotoCorp Ltd., die in Indien zum Motorrad des Jahres gekürt wurde.

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