Ehekarussel all'italiana

14.10.2011, 11:41 Uhr
Ehekarussel all'italiana

Ein großes Herz liegt vor dem Hans-Sachs-Brunnen, dem sogenannten Ehe-Karussell am Weißen Turm. Auf dem Herzen ist das Gedicht von Hans Sachs „Das bittersüß ehlich Leben“ sulle gioie e dolori del matrimonio (über die Freuden und Leiden der Ehe) eingraviert.

Vor den Leiden der Ehe scheinen auch immer mehr Italiener zu erschrecken, denn immer weniger mettono la fede al dito (stecken den Ehering an den Finger). Letztes Jahr wurden ungefähr 30000 Ehen weniger als in den vorigen zwei Jahren geschlossen. Vor allem die Zahl der ersten Ehen und der Ehen unter Italienern sank – sind gemischte Ehen vielleicht weniger gefährdet?

Auf jedem Fall scheint auch auf der Halbinsel die alte Redensart: „Moglie e buoi dei paesi tuoi!“ (Bleib im Lande und nähre dich redlich – wörtlich: Braut und Ochsen aus deinem Lande!) nicht wirklich zu stimmen. Sind die hohe Arbeitslosigkeit unter den jüngeren Leuten und die schwierigen Arbeitsbedingungen auf der Halbinsel die Hauptgründe für das Hotel Mama oder das Single-Leben?

Bis dass der Tod euch scheidet

Sicherlich doch, in Krisenzeiten wird statistisch weniger geheiratet: Es ist schon hart genug, sich um sich selbst kümmern zu müssen, mit der Ehe wäre man auch für mindestens eine weitere Person verantwortlich! „Finché morte non vi separi“ (Bis dass der Tod euch scheidet): Werden wir diesen Satz in der Zukunft überhaupt noch hören? Es ist doch klar, dass die Ehe nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten vor der Gesellschaft und dem Gesetz mit einschließt: Eben deswegen heißen die Ehepartner in Italia consorti, weil sie condividono la stessa sorte (das gleiche Schicksal miteinander teilen), und das nella buona e nella cattiva sorte (in guten wie in schlechten Zeiten).

Ist es bequemer, Single zu bleiben? Hans Sachs schrieb damals: „Sie (die Ehefrau) ist mein Freiheit und mein Wahl, ist oft mein Gfengnis und Notstall“ Fürchten sich viele in der Ehe auch vor una vita da pantofolaio (einem Leben als Stubenhocker)? Viele Eheleute werfen sie sich gegenseitig vor, dass der Partner nach der heißen Anfangsphase – der Zeit der Verführung mit den tacchi a spillo (High Heels) und dem Cabrio – nur noch nach den Pantoffeln sucht!

Ist die Ehe das Grab der Liebe?

Ist die Ehe tatsächlich la tomba dell’amore (das Grab der Liebe), und bevorzugen deswegen die Jüngeren – aber nicht nur sie – den Zustand des Singles? Zum Glück wird das Wort „zittella“ (ledige Frau) heute nur noch im Scherz benutzt – von enttäuschten Männern auch in der abschätzigen Bedeutung von alter Jungfer. Mittlerweile haben auch die italienischen suocere (Schwiegermütter) endlich verstanden, dass es vernünftiger ist, tra moglie e marito non mettere il dito (sich nicht in Ehestreitigkeiten einzumischen – wörtlich: nicht den Finger zwischen Ehefrau und Ehemann zu legen)!

In Italia wird weniger geheiratet, aber unzählige Hochzeitsmessen finden trotzdem statt, wie zum Beispiel „Details for Wedding“ in Mailand am kommenden Wochenende. Zumindest in ihren Wünschen vertrauen Italiener anscheinend noch Giovanni Boccaccio, der in seinem „Dekameron“ die Geschichte über Federigo degli Alberighi, als dieser endlich seine Giovanna heiratete, so abschloss: „e in letizia con lei terminò gli anni suoi. (und vollendete seine Jahre in Freuden mit ihr.)“

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