Erster Warnstreik bei Schwan Stabilo in Weißenburg

5.6.2019, 06:02 Uhr
Erster Warnstreik bei Schwan Stabilo in Weißenburg

© Foto: Markus Steiner

Die Morgensonne stand erst seit kurzem über der Wülzburg und die Stadt schälte sich langsam aus dem Schlaf. Die rund 120 Mitglieder der IG Metall vor den Werkstoren von Schwan Stabilo in Weißenburg waren aber schon hellwach und forderten lautstark mehr Lohn. Die IG Metall (IGM) hatte sich am Dienstag das Weißenburger Werk der Schwanhäußer Industrie Holding GmbH & Co. KG bewusst ausgesucht, erklärte Gewerkschaftssekretär Ben Hannes den Streikenden: "Das Angebot des Arbeitgebers war bislang nur Verarsche, das muss man sich nicht gefallen lassen."

Als "Verarsche" empfindet die IGM die bisher gebotenen 1,8 Prozent mehr Lohn. Gefordert und gerechtfertigt seien laut IGM aber fünf Prozent mehr Lohn und mindestens 150 Euro mehr im Monat sowie ein Bonus für IGM-Mitglieder, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Viele Sonderschichten

Um ihren Forderungen auch in Weißenburg Nachdruck zu verleihen, legten die Beschäftigten vom Wechsel der Nacht- auf die Spätschicht von 5.50 bis 7 Uhr die Arbeit nieder. Diese Form des Warnstreiks ist laut IG Metall für alle "Dein Gutes Recht" und durch Urteile des Bundesarbeitsgerichts, durch die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz gedeckt. In Artikel 8 heißt es: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln."


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Betriebsratsvorsitzender Dieter Pfister, der rund 420 Tarifbeschäftigte bei Schwan Stabilo in Weißenburg vertritt, berichtete von den Verhandlungen mit Schwanhäußer, der vor zwei Wochen lediglich 1,8 Prozent mehr Lohn in Aussicht gestellt habe. Auch seiner Ansicht nach seien fünf Prozent mehr gerechtfertigt, weil der Schreibgerätevertrieb "sehr gut" laufe und viele Sonderschichten im Pastellbetrieb gefahren würden.

Vor allem die unteren Lohngruppen müssten ebenfalls von der Erhöhung profitieren: "Damit sollen die gering verdienenden Kolleginnen und Kollegen sowie Berufseinsteiger wieder aufgewertet werden", argumentiert die IG Metall. Die Arbeitgeber hätten aber erklärt, dass infolge der zunehmenden Automatisierung durch Roboter langfristig diese Tätigkeiten ohnehin wegfielen.

"Ein Stück vom Kuchen"

Eine Argumentation, die auch Betriebsratsvorsitzender Pfister so nicht gelten lassen wollte: "Vor allem die Lohngruppen 1 und 2 sollen von dem Warnstreik profitieren." Die letzten Jahre seien für Schwan Stabilo "goldene Zeiten" gewesen. Es werde Zeit, "dass wir auch einmal ein Stück vom Kuchen abbekommen". Bislang aber wolle der Arbeitgeber nicht von seinem Angebot abweichen, obwohl die gebotenen 1,8 Prozent mehr Lohn nicht einmal die Inflation ausgleichen würden.

Dass erstmalig in der 160-jährigen Firmengeschichte von Schwan Stabilo in Weißenburg die Maschinen still stünden, stimme ihn zuversichtlich, dass die Beschäftigten doch noch "ein gutes Angebot" bekommen. Der Stiftehersteller Staedtler, der den Beschäftigten letztlich drei Prozent mehr Lohn bot, sei auch für Schwan Stabilo ein Vorbild.

Werner Adacker, Betriebsratsvorsitzender der Gutmann AG und 2. Bevollmächtigter der IG Metall Schwabach, ermunterte die Stabilo-Mitarbeiter durchzuhalten: "Super, dass ihr alle da seid, das ist ein wichtiges Signal an euren Arbeitgeber. Nur mit euch kann er auch gute Geschäfte machen. Kämpft weiter. Wer nicht kämpft, der hat schon verloren."

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