Bewegender Moment: "Koch und Kellner" und der Michelin-Stern

4.4.2019, 09:41 Uhr
Bewegender Moment:

© Michael Matejka

"Ein richtig nettes Bistro, in dem man auch noch sehr gut isst!", schreibt der Michelin. Und adelte im Februar neben den Restaurants "Waidwerk" und "Schwarzer Adler" auch das "Koch und Kellner" mit einem Stern. Nach 22 Jahren. So lange gibt es das schnörkellose Lokal in der Oberen Seitenstraße 4, gleich gegenüber dem Jamnitzerplatz, nämlich schon.

In der Küche steht Gerald Hoffmann, 31 Jahre, und knetet den Teig für die Quiche. Ein Fond köchelt vor sich hin und verbreitet einen Duft, der hungrig macht. Seit fünf Jahren ist er hier Küchenchef. Vor ihm stand Fabian Denninger am Herd, der 2014 die mittlerweile Stern-gekrönten "Entenstuben" übernommen hat. Hoffmann ist Perfektionist, sagt "Kellner" und Inhaber Frank Mackert.

Der 31-Jährige zuckt mit den Schultern. "Ich habe ein Bild im Kopf, wie der angerichtete Teller aussehen soll. Wenn er nicht so wird, mache ich mich noch mal dran. Bis er passt", sagt der Koch, der als Ausgleich in der Freizeit in die Arena zum Eishockeyspielen geht, und steckt Avocado-Spalten in den Mixer. Eine Creme wird daraus, die er mit Ingwer und einem Passionsfrucht-Sorbet, mit getrockneten Olivenstückchen und Olivenöl kombiniert. "Wenn ich eine Idee im Kopf habe, setzte ich sie um. Das kann sofort klappen oder zwei Wochen dauern."

Lehre im "Schwarzen Adler"

Hoffmann hat im "Schwarzen Adler" in Kraftshof gelernt, es folgten Jobs auch in der Sterne-Gastronomie. Zuletzt war er Küchenchef im "Palazzo Alexander Herrmann" in Nürnberg. Im "Koch und Kellner" ist er angekommen, hat seine Kochkunst in den fünf Jahren derartig gesteigert, dass der Stern eine logische Konsequenz war. Wichtig ist Hoffmann vor allem die Qualität der Produkte. Quitten und Kräuter, vieles, was die Saison hergibt, stammt aus dem Garten seiner Eltern in Schwanstetten, das Gemüse aus dem Knoblauchsland.

Der Michelin schreibt: "Man setzt hier auf Klarheit und Reduktion auf das Wesentliche, kocht modern, lässt aber auch eine klassische Note einfließen. Das Ergebnis sind harmonische Kreationen ohne Spielerei." Den gebratenen Steinbutt ergänzt Hoffmann mit einer Creme aus Petersilienwurzel, würzt mit leicht scharfem Piment d‘Espelette, richtet dazu einen kleinen Salat in fruchtiger Vinaigrette an und ergänzt das Gericht mit Tupfen aus Petersiliencreme. Er verwendet nur wenige Zutaten. Und schafft ein kleines Genuss-Kunstwerk. Um die 75 Euro kostet das Vier-Gang-Menü, sechs Gänge liegen bei 112 Euro.

Bewegender Moment:

© Michael Matejka

Er habe nicht mehr an den Stern geglaubt, sagt Frank Mackert. Jahr um Jahr ging sein Restaurant leer aus, während Kollegen wie Fabian Denninger oder Stefan Meier ("ZweiSinn") sich in Rekordzeit den ersten Stern erkochten. "Das frustriert ganz klar". Auch wenn die Stammgäste ihr Unverständnis äußerten, Mut und Trost zusprachen.

1997 wagte der junge Restaurantfachmann Frank Mackert den Sprung in die Selbstständigkeit zusammen mit seinem Kompagnon und Koch Stefan Wagner, der davor bei Manfred Münnich in dessen legendärem Restaurant "Bis(s)" in der Johannisstraße kochte. "Ihr Konzept heißt feine, einfache Küche – und das wollen sie ganz unverkrampft machen und keine Schwellenangst züchten", schrieb unsere NN-Kritikerin 1997. Mitten in Gostenhof, zu einer Zeit, als der Stadtteil noch mehr Glasscherben- als Szeneviertel war. "Wir haben uns damals über den Ort nicht viele Gedanken gemacht, sondern einfach nach einem bezahlbaren Lokal gesucht", sagt Frank Mackert, der auch in Gostenhof wohnt.

Zurückhaltender Stil

Schnell entdeckten die genussaffinen Menschen dieses neue Restaurant, das in einer damals ungewöhnlichen Farbkombination aus Grün und Ockergelb gestaltet ist. Gestern wie heute sitzt man auf einfachen Holzstühlen an ebensolchen Tischen. Während die Gourmets in den 90er Jahren mit einem gehobenen Restaurant noch Kristallgläser und weiße Tischdecken verbanden, waren Mackert und Wagner mit ihrem zurückhaltenden Stil sozusagen frühe Trendsetter.

Das Handy klingelte an einem Samstagmittag, drei Tage vor der großen Gala des Michelin in Berlin, bei der die neuen Sterne feierlich verkündet werden. "Ich habe in dem Moment an nichts gedacht", sagt Frank Mackert. "Sie wissen schon, um was es geht?", fragte der Michelin-Mitarbeiter. Endlich der Stern. Nach 22 Jahren. "Da habe ich geheult. Und ich weine äußerst selten."

Es sei einfach das Größte, "wie eine Goldmedaille für einen Sportler. Jetzt gehörst du dazu", sagt Mackert, der seine Ausbildung im damals noch Stern-geschmückten Nürnberger "Lutzgarten" absolviert und danach in vielen europäischen Spitzenhäusern gearbeitet hat. Die Hochstimmung ist geblieben. Auch bei Gerald Hoffmann, der ebenfalls Freudentränen vergoss.

Das Telefon klingelte ohne Unterlass. Freunde, Stammgäste gratulierten, andere wollten unbedingt einen Tisch im frischgebackenen Sterne-Restaurant reservieren. Mit dem Glück kamen aber auch die Nörgler. Gäste, die "schon in 200 Sterne-Restaurants gegessen haben" und an manchen Gerichten herummäkelten. Die selbst berufenen Tester.

Klar, ein Stern erzeugt Druck. Aber auch viel Motivation. "Es ist schlimmer, einen Stern zu verlieren, als keinen zu bekommen", sagt Frank Mackert. Einen weiteren Koch hat er eingestellt, kein Risiko wolle man eingehen. Und so den Stern mit Qualität und viel Engagement halten.

Mehr Informationen über das "Koch und Kellner" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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