Hier reift der Pizzateig 48 Stunden lang

5.6.2017, 08:00 Uhr
Hier reift der Pizzateig 48 Stunden lang

© Horst Linke

Im Film liegt unter einer bestimmten Salamischeibe auf dem Teiggrund immer ein Alupäckchen mit Haschisch. Auch in der Wiesentalstraße gibt es dieses Überraschungspaket unter der Wurst. Doch darin steckt eine edle Gourmet-Droge: gehobelte schwarze Trüffel, garantiert ohne eine Spur von Cannabis.

Das ehemalige "Sabberlodd" in St. Johannis hat bekanntlich einen Traumgarten unter hohen Bäumen. Unter den Füßen knirscht jetzt frisch aufgeschütteter Kies. Das Lokal wurde fünf Monate lang gründlich renoviert, es ist heller geworden und nüchtern möbliert. Drinnen hat es 50 Plätze, auf der Terrasse 20 und im Selbstbedienungsgarten (die Pizza wird gebracht) noch mal 100.

Hier also knetet Pizzabäcker Samuele Monaco aus Neapel voll im Trend. Denn der endlose Burger-Bedarf scheint endlich gestillt, "Vera Pizza Napoletana" ist bundesweit der neue Hype. Und sie ist alles andere als nur eine weitere x-beliebige Pizza, sondern eine besonders gut gereifte. Volle 48 Stunden lang gärt ihr Teig mit ganz wenig Hefe, um dann für nicht mehr als 60 Sekunden im 480 Grad heißen Profi-Ofen zu verschwinden. Normale Pizza-Öfen schaffen allenfalls 250 Grad.

Die "Lammbock"-Betreiber Derya Kutzer und Serkan Özis versprechen hoch und heilig Bekömmlichkeit - und bekommen recht. Das elastisch-lockere Gebäck mit dem leicht rußfleckigen Leopardenmuster am Rand und den ganz und gar nicht verkochten Zutaten schmeckt super - und liegt einem nicht wie andere Feld-, Wald- und Wiesen-Pizzen wie ein Stein im Magen. Dafür macht man gerne geschmolzenen Betonkäse verantwortlich. Doch es sei der nicht lange genug gereifte Teig, heißt es im "Lammbock".

Satt, aber nicht pappsatt, kann man zumindest über den angebotenen Nachtisch nachdenken, der "Pizza Schoki" heißt. Doch, ein bisschen geht noch. Erdbeeren, Nutella, Banane, diese infantile Kombination ist nicht nur für Kinder gut. Man fragt sich am Ende, warum die echt neapolitanische Variante dieses deutschen Lieblingsgerichts so lange gebraucht hat, bis sie hier angekommen ist. Schon wegen der Bekömmlichkeit.

Ob leicht geräucherter Provolone, Pistaziencreme, Salsiccia, San-Marzano-Tomate oder Mozzarella, alle Zutaten sind bio und stammen aus der Heimat des fröhlichen Pizzaiolos, dessen dampfende Kunstwerke zwischen sieben und 20 Euro kosten. Krampfhaft auf Italienisch machen will man hier nicht, heißt es. Buona Sera Signorina singsangt hier keiner, die Pizzen tragen Fantasienamen wie "Mohammad Ali", "Superwahnsinn" oder "Teufelszeug". Wie schön, das quälende Gesetz, dass es zu guter Pizza immer schlechten Wein gibt, ist hier außer Kraft. Allein der Sauvignon von Winzer Emil Bauer aus der Pfalz erlöst vom Leiden am Billig-Binogritscho.

Mehr Informationen über das "Lammbock" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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