Langusten gibt's hier nicht

Regionale Zutaten im Fokus: Veles-Koch Vadim Karasev erklärt "Produktküche"

23.8.2021, 09:16 Uhr
Das Baiser, das Vadim Karasev(rechts) in der Hand hält, hat er aus weißem Essig, fermentiertem schwarzen Knoblauch und Schafgarbe kreiert. Zu seinem Team gehören auch Samira Röhl und Alexander Sahns.

© Eduard Weigert Das Baiser, das Vadim Karasev(rechts) in der Hand hält, hat er aus weißem Essig, fermentiertem schwarzen Knoblauch und Schafgarbe kreiert. Zu seinem Team gehören auch Samira Röhl und Alexander Sahns.

Vor einem Jahr eröffnete er das Restaurant Veles im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Im Jahr 2023 will er in seinem Lokal einen Michelin Stern erkochen und setzt dabei auf die sogenannte Produktküche. Ein Gespräch über seinen Ansatz.

Herr Karasev, wie geht Produktküche?

Vadim Karasev: Wir verwenden keine teuren Zutaten. Wir arbeiten nur mit Produkten, die jeder kennt und die hier wachsen. Langusten oder Jakobsmuscheln findet man bei mir nicht auf der Karte. Es ist für mich viel interessanter, etwa aus einer Kartoffel etwas Neues zu erschaffen, anstatt eine Jakobsmuschel zu nehmen und sie klassisch zu braten und mit Butter auf einem Teller zu servieren. Das ist kein Kochen für mich.

Geben Sie uns ein Beispiel für ein Gericht aus der Produktküche.

Karasev: Mais-Eis mit Chili-Popcorn und frischen Himbeeren. Wir haben eine Zutat – in diesem Fall Mais – im Fokus.

Was ist die Philosophie hinter der Produktküche?

Karasev: Wir haben immer eine Hauptkomponente, etwa Karotte, Kohl, Mais oder Kartoffel. Alles andere drumherum umspielt dieses Produkt und verstärkt seine Wirkung. Ebenfalls wichtig: Dieses Produkt beziehen wir von den regionalen Bauern und verwenden es saisonal.

Warum lassen Sie dabei nur ein Produkt die Hauptrolle spielen?

Karasev: Viele haben 20 verschiedene Gemüsearten auf dem Teller. Es schmeckt zwar oft gut, aber man merkt nicht, was sich der Koch dabei gedacht hat. Denn einzelne Produkte sind da oft gar nicht mehr erkennbar. Man darf sich nicht in vielen Aromen verzetteln. Uns ist es wichtig, eine klare Botschaft zu haben, Energie zu schicken, die ein Mensch empfangen kann. Wir kreieren neue Varianten aus einer Zutat und zelebrieren es. Denn man hat nur einen Versuch, um die Leute zu überraschen. Das ist der erste Löffel oder die erste Gabel. Wenn sie gut ist, hat man gewonnen.

Warum brauchen wir so eine Küche?

Karasev: Wenn man alles zusammen mischt, ist es nicht schlecht. Aber uns im Veles geht es darum, den Gast mit Zutaten zu überraschen, die jeder für sich kennt, aber nie in dieser Kombination gegessen hat.

Gibt es eine Beschränkung bei der Anzahl der Zutaten auf dem Teller?

Karasev: Das ist jedem selbst überlassen. Was mich geprägt hat, ist die Arbeit im Restaurant Einzimmer Küche Bar. Dort war die Küche sehr klein. Ich musste mich anpassen und mich von Sachen trennen, die man allein durch die Eingrenzung der Küchengröße nicht zubereiten konnte. So haben wir mehr und mehr vom Teller weggenommen, um uns mehr und mehr auf den einen Geschmack zu konzentrieren. Das kam gut an. Und nachhaltig und wirtschaftlich ist diese Herangehensweise auch.

Erklären Sie das Letztere etwas genauer.

Karasev: Wir müssten viel teurer sein, wenn wir viele Produkte und viele Gerichte auf unserer Karte haben würden. Meistens muss man da auch viel wegschmeißen. Wir arbeiten mit wenigen Zutaten, versuchen, sie kreativ einzusetzen und komplett zu verwenden. Wir verarbeiten etwa 90 Prozent eines Produktes.

Aus Kohlrabi zum Beispiel kochen wir Püree, die Schale trocknen und rösten wir. Daraus machen wir dann Öl. Beim Bauer kaufen wir gleich größere Mengen von Kohlrabi, Kohl, Kartoffel oder anderem Gemüse in Topqualität. Produktküche ist auch eine ehrliche Küche: Es wird verarbeitet, was gerade da ist. Am Ende sind alle glücklich – der Gast, der Bauer und wir.

Mehr Informationen über das "Restaurant Veles" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

Eine besondere Aktion im Veles erwartet Interessierte am 10. und 11. September – zwei Köche, zwei Welten, ein Menü: Vadim Karasev wird zusammen mit Rene Stein und seinem Tisane-Team ein zehngängiges Menü präsentieren. Tickets für 150 € pro Person kann man auf der Internetseite des Veles bestellen.

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