Langjähriger Siedler-Chef gerührt
"Stern-Stunde" in der Pegnitzer Lohesiedlung: Heinrich Hauer erhält letztes Relikt der Gaststätte
16.8.2023, 14:55 UhrHeinrich Hauer war 1939 das erste Kind, das in der Lohe-Siedlung geboren worden ist, und später von 1991 bis 2004 als Vorsitzender auch erster in der Rangfolge der Siedlergemeinschaft. Als unmittelbarer Nachbar war er mit der um 1940 erbauten Glückauf-Gaststätte eng verbunden. So wünschte er sich bei der Vorlage der Baupläne für den dort entstehenden Wohnblock durch den neuen Investor SIG aus Hersbruck quasi als Gegenleistung für seine Unterschrift den kleinen Stern, der das Türmchen am Gasthaus krönte, zur Erinnerung.
"Sind nicht der böse Investor"
Geschäftsführer Stefan Zimmermann hat Wort gehalten und das Relikt jetzt offiziell überreicht, obwohl unter Interessenten schon eine Bieterschlacht mit Summen bis zu 350 Euro entbrannt war: „Wir wollen damit zeigen, dass wir nicht der böse Investor sind, der die Siedler-Tradition einreißt, sondern auch Herz beweisen für die Belange der Anwohner.“
Der so Beschenkte war zu Tränen gerührt, kamen bei ihm doch alte Erinnerungen hoch. Seine Eltern sind am 1. Juli 1938 als erste in eines der vielen nach dem Reichsheimstättengesetz errichteten Häuser in der Lohesiedlung eingezogen. Sein Vater Joseph Hauer hat bald darauf die Siedlergemeinschaft mit gegründet. Ein knappes Jahr später, am 2. Mai 1939 wurde Heinrich Hauer geboren.
In seiner Kindheit hat er die rasante Entwicklung in dem neuen Stadtteil miterlebt, in einer Zeit, als Pegnitz bevölkerungsmäßig wegen des Arbeitskräftebedarfs in der Amag und im Bergwerk sowie später durch den Flüchtlingsstrom regelrecht „explodiert“ ist.
Was viele nicht mehr wissen: Das 1923 wegen Unrentabilität geschlossene Bergwerk hat 1935 im Rahmen des staatlichen Vierjahresplanes den Betrieb wieder aufgenommen. Die dafür nötigen Facharbeiter wurden aus dem gesamten Deutschen Reich angeworben, aus Sachsen, dem Raum Aachen, dem Saarland und aus Oberbayern.
In kurzer Zeit 120 Häuser gebaut
Weil für die vielen Neubürger der Wohnraum nicht reichte, errichtete die Bayerische Heimstätte GmbH 100 Siedlerstätten und 70 Volkswohnungen. So entstanden dort in kürzester Zeit 120 Wohngebäude im fränkischen Stil mit angebautem Kleinviehstall zur Selbstversorgung und vier Geschäftshäuser.
Weil das Geld der Familie für den Besuch einer höheren Schule nicht gereicht hat, begann Hauer 1953 in der Amag eine Lehre. Eigentlich wollte er Schlosser werden, doch nach wenigen Tagen wurde er schon in die Gießerei versetzt und kam damit „in die Hölle“, wie er es noch heute empfindet. Nicht nur, dass er gleich zum Einstand zum Gaudium seiner Kollegen eine Ohrfeige kassierte, weil er seinen Chef – falsch informiert – mit seinem Spitznamen anredete, bleibt ihm unvergessen: „Wir waren über Jahrzehnte ungeschützt dem Chemiedreck ausgesetzt“.
Hauer zählte damals zu den „jungen Wilden“ von Pegnitz, heiratete schon im Alter von 21 Jahren, kurz nachdem er volljährig war, zog daheim aus und verließ so seine Eltern zu deren Leidwesen. Seine Ehefrau Bärbel war es dann, die ihren Mann überredete, wieder nach Hause zurückzukehren, weil der Vater, ein Bergmann, schwer krank war und sein anderer Sohn das Haus nicht haben wollte.
„Gemeinnutz geht vor Eigennutz“
Die Siedlung hatte ihren „verlorenen Sohn“ wieder, der sich später über lange Jahre den Interessen dieses Ortsteils gewidmet hat, getreu dem Motto „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Weil die Zuteilung der Häuser und Wohnungen an genaue Vorschriften gebunden sowie mit Miet- und Darlehenszahlungen verbunden war, blieben im Lauf der Jahrzehnte Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen Nachbarn oder auch mit der Stadt nicht aus. Heute ist Heinrich Hauer stolz darauf, dass er all diese Angelegenheiten hat lösen können. Großes Lob zollt er dabei Altbürgermeister Manfred Thümmler, der ihm stets zur Seite gestanden ist: „Wir sind in dieser Zeit Freunde geworden“.
Wenn Hauer jetzt den Stern vom Wirtshausdach in der Hand hält, erinnert er sich auch an viele Feste und Feiern in der Glückauf-Gaststätte. Viele Jahrzehnte wurde am Loheplatz die Kirchweih mit großem Rummel organisiert, dazu jede Menge Vereinsfeste und sogar eine Theatergruppe hat es gegeben. Der Renner sei jeweils das Herbstfest gewesen mit einem „All you can eat“-Angebot für sieben Mark. Bleibend im Gedächtnis ist Hauer auch noch der Altbesitzer des Lokals und der Brauerei, Hans Knopf. Was ihn damals stets gewundert hat: „Er hat im Wirtshaus immer einen Wein seinem eigenen Bier vorgezogen“.
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