Eine Geschichte fürs Herz
"Buckelt bis zum Umfallen": Fränkischer Trupp kämpft gegen Flutchaos im Ahrtal
14.2.2022, 13:08 UhrBei dem Hochwasser am 14. und 15. Juli waren nach extremem Starkregen im Ahrtal 134 Menschen getötet und Tausende Häuser beschädigt oder zerstört worden. In den ersten Wochen nach der Katastrophe waren laut der DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bis zu 3500 ehren- und hauptamtliche Helfer des DRK im Einsatz.
Heute sind nur noch Freiwillige, die im Ahrtal unterstützen. "Obwohl man drei Tage lang nicht schläft und buckelt bis zum Umfallen – es ist schön, es macht Spaß", sagt der 36-jährige Philipp Mall dem Bayerischen Rundfunk gegenüber. Philipp Mall ist einer von 32 Freiwilligen aus Unter- und Mittelfranken, die am vergangenen Wochenende ins Ahrtal gekommen sind. Die Truppe hat vor, drei Tage lang Brennholz zu sägen. Auch sieben Monate nach der Flutkatastrophe funktionieren Öl- und Gasheizungen nicht richtig. In den Weindörfern der mittleren und oberen Ahr hätten die Bürger bis zur Flut vor allem mit Heizöl und Flüssiggas geheizt. Nun gebe es hier ein Sammelsurium von Einzellösungen, etwa mit Holzöfen, Elektro- oder Pelletheizungen. „Es wäre extrem schwierig, alles mit Elektroheizungen zu machen“, sagt der Hauptorganisator des Hilfskommandos Martin Breunig dem Bayerischen Rundfunk. Bereits wenige Tage nach der Flut war Martin Breunig als Landwirt und Sägekünstler das erste Mal im Ahrtal im Einsatz. Als ihn ein Hilferuf betroffener Bauern erreichte, überlegte er nicht lange und machte er sich auf den Weg nach Rheinland-Pfalz.
Helfer stellen Holz für Betroffene gebrauchsfertig zur Verfügung
Die Freiwilligen kommen hauptsächlich aus dem Raum Ochsenfurt im Landkreis Würzburg, so der Bayerische Rundfunk. Landwirte, Landmaschinenmechaniker, aber auch Heizungsmonteure nehmen an der privaten Aktion teil. Viele der Helfer kennen sich über den Verein „Landwirtschaft verbindet“ (LSV). Die Jüngsten sind 20 Jahre alt, einige sind bereits im Ruhestand.
Mehrere Unternehmen unterstützen die Aktion und haben ihren Mitarbeitern einen "Sonderurlaub" gewährt. Ein Unternehmer aus Ochsenfurt stellte sogar mehrere Lastwagen und Maschinen kostenlos zur Verfügung. Mit vier Traktoren, vier Radladern und mehreren Sägeautomaten haben sich die Helfer für die Aktion im Ahrtal ausgerüstet.
"Es gibt schon viel zu organisieren, ich selbst komme fast nicht zum Helfen", sagt Martin Breunig. Einige Helfer bedienen die automatischen Sägen, andere fahren die Baumstämme über das Gelände. Wieder andere laden das Schnittholz auf die Lkws und bringen es zu kleineren Sammelstellen an Ahr und Erft. Dort können sich Betroffene des Holzes kostenlos bedienen.
THW unterstützt die Aktion
Unterstützt wird die Gruppe von Martin Breunig vom Kreisfeuerwehrverband Würzburg. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) Ochsenfurt hat am Holzplatz in Ahrbrück eine Beleuchtung aufgebaut, für Verpflegung wurde auch versorgt.
Bernhard Grohme, Lokführer beim THW Ochsenfurt, war kurz nach dem Hochwasser im Ahrtal im Einsatz und konnte seinen Augen nicht trauen: "Es war für uns ein unfassbares Bild. Man kennt die Hochwasser bei uns aus der Region. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, was hier los ist", sagt er. Inzwischen ist er zum sechsten Mal vor Ort. Seit vergangenem Sommer hat sich die Situation dort verbessert. Doch wichtig ist es ihm, weiterhin zu zeigen: "Wir sind ein Team, wir halten zusammen."
Freiwillig helfen: "Die Entlohnung ist die Anerkennung und Wertschätzung"
Die Truppe von Martin Breunig ist unaufhaltsam und leistet Hilfe nicht nur am Holzplatz. Eine Gruppe hilft bei der Reparatur einer zerstörten Mauer in der Gemeinde Mayschoß. Andere Helfer wollen in einer Werkstatt unterstützen.
16 Silage-Ballen brachte das Team von Martin Breunig zu einem Landwirt in Binzenbach im Sahrbachtal. Weil seine Wiesenflächen überschwemmt wurden, fehlt dem Bauern nun das Futter für seine Tiere. "Die Entlohnung ist die Anerkennung und Wertschätzung von den Betroffenen und das Dankeschön", sagt Martin Breunig dem BR.
Fast 600 Ster Brennholz sägte die Truppe von Freitag bis Sonntag. "Klar überlegt man sich manchmal, wenn es regnet oder schneit – was mache ich hier überhaupt? Ich gehe danach nach Hause. Es ist warm, mein Haus ist in Ordnung. Und mir geht es gut. Manche Leute hier haben das nicht", sagt Philipp Mall. Es ist offensichtlich eine Herzensangelegenheit.
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