Leiharbeiter – „ die Sklaven von heute“?
1.5.2011, 15:50 UhrDass die Kundgebung diesmal auf einen Sonntag fiel, hat die Arbeitgeber sicherlich gefreut. Stehen doch zu diesem Zeitpunkt die Räder in ihren Betrieben meist still, sind Büros und Läden geschlossen. Die Woche konnte also für Produktion und Dienstleistung profitabel genutzt werden.
Die Gewerkschafter trafen sich diesmal auf dem Marktplatz, weil gestern in der Stadtkirche Sankt Martin Kommunion gefeiert wurde und eine Demonstration mit Musik auf dem nahen Rathausplatz den Festgottesdienst nur gestört hätte. Trotzdem blieb der „Tag der Arbeit“ nicht ohne kirchlichen Segen. Der katholische Pfarrer und KAB-Präses Martin Battert sowie sein evangelischer Amtsbruder Enno Weidt feierten mit den Gewerkschaftern einen ökumenischen Gottesdienst unter freiem Himmel. Sie sprachen vor allem über „die Sorgen der einfachen Menschen“, von denen Millionen „das Gefühl haben, nicht gebraucht zu werden“ und mit geringem Einkommen leben müssen.
Wenn Lothar Bischof, der KAB-Kreisvorsitzende, über den Leistungsdruck in der heutigen Arbeitswelt urteilen soll, zitiert er gerne einen ägyptischen Pharao. der hatte seine Untertanen wie Vieh angetrieben, ihnen „keine Pause erlaubt“, die Arbeit statt dessen „erschwert, damit sie beschäftigt sind und sich nicht um leeres Geschwätz kümmern“.
Für Bischof hat sich daran bis heute wenig geändert. „Wir sind die Sklaven unseres Systems, die durch Dumpinglöhne ausgebeutet werden und nur das Mindeste bekommen“, donnert er am Marktplatz. Arbeit und Wirtschaft seien nicht da, „um Manager und Aktionäre mit Profiten zu erquicken“. Bischof erinnerte an den früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, dem das Wort zugeschrieben wird, „eine Gesellschaft ist nur dann in Ordnung, wenn nicht die einen auf Kosten der anderen leben.“
Leiharbeit, Minijobber, Aufstocker und eine Jugend, die „ihre Zukunft nicht mehr planen kann“, weil Ausbildungsplätze fehlen – das waren Stichworte für den Bamberger IG Metall-Sekretär Dieter Reichert. KAB-Bischof hielt dessen Rede für „die kämpferischste, die man seit langem in Forchheim gehört“ habe. Reichert verlangte ein Verbot der Leiharbeit. „An ihr verdienen immer nur die anderen, sie ist für viele Vermittler eine Lizenz zum Gelddrucken.“
„Zehn Euro Mindestlohn nötig“
Reichert hält die Leiharbeit, von deren magerem Lohn über eine Million Menschen leben, für ein Mittel der Disziplinierung der Beschäftigten. Damit stoße man das Tor zu einer „zweiten Arbeitswelt“ auf. „Man braucht dann keine Auslagerung des Betriebs nach Tschechien mehr.“
Wer den wirtschaftlichen Aufschwung preise, müsse zuerst denen endlich faire Löhne zahlen, „die dafür die meisten Opfer gebracht haben“. Zehn Euro Mindestlohn hält der Metaller für angebracht. Tatsache sei, dass sechs Millionen Menschen im Land von Hartz IV betroffen seien. Die 1,4 Millionen unter ihnen, die Arbeit haben, benötigten trotzdem staatliche Hilfe. Reichert: „50 Milliarden hat der Staat dafür schon ausgegeben und mit Steuergeldern Firmen subventioniert, die Hungerlöhne zahlen.“ In der Krise griff der Bund zur Schuldenbremse, um „systemrelevante“ Privatbanken zu retten, die heute schon wieder im Geld schwimmen. Wer steht nun aber für die Verschuldung von zwei Billionen Euro gerade? Reichert: „Das Geld wird aus dem Sozialhaushalt geholt.“
Der 1. Mai sei „kein Ort für Nazis“, hieß es im Aufruf. Die NPD war trotzdem da - am Tag vorher mit einem Infostand in der Fußgängerzone, fand aber kaum Passanten, die ihre Flugblätter entgegennahmen.