Beschluss umstritten
17.11.2010, 16:00 UhrFürths ehemaliger Sparkassendirektor Rainer Heller ist Landessynodaler. In dieser Funktion wird er ab Sonntag an der Tagung des Kirchenparlaments in Neu-Ulm teilnehmen. Auf die Diskussion um die Sache mit den Pfarrhäusern ist Heller gespannt. Er rechnet mit hitzigen Debatten und jeder Menge Protest, insbesondere aus konservativen Kreisen. 108 Mitglieder zählt die Landessynode, darunter Geistliche und Laien. Sollte die Mehrheit des Gremiums Einwände gegen den Beschluss haben, so Heller, „dann ist das so, wie wenn im Bundestag was nicht durchgeht, dann hat die Regierung ein Problem“.
„Menschliche Lösung“
Heller selbst begrüßt die von Landesbischof Johannes Friedrich soeben vorgestellte Neuregelung. Danach dürfen schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen mit ihren Partnern dann im Pfarrhaus leben, wenn ihre Lebenspartnerschaft eingetragen ist und wenn Landeskirchenrat, Dekan, Regionalbischof und Kirchenvorstand im Einzelfall „einmütig“ zustimmen. „Eine menschliche Lösung und ein gangbarer Weg“, urteilt Heller, kritisiert aber, dass der Bischof kurz vor der Zusammenkunft des Kirchenparlaments damit an die Öffentlichkeit gegangen ist. „Die paar Tage hätte man sicher noch warten können.“
An der Vorgehensweise des Landesbischofs stört sich auch Bernd Obst, Cadolzburger Bürgermeister und ebenfalls Mitglied der Synode. „Für mich ist dieses Vorpreschen eine Entmündigung der Synode“, sagt er. „Und dabei geht es immerhin um die Durchbrechung der über tausendjährigen christlichen Auffassung von Ehe und Sexualität, also um Fakten, die von viel größerer Tragweite sein dürften, als es zunächst den Anschein hat.“ Die geplante Öffnung der Pfarrhäuser, stellt Obst klar, „passt jedenfalls nicht in mein Verständnis der von Gott gestifteten Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“.
Dekan Friedrich Schuster aus Langenzenn, der ebenfalls an der Tagung in Neu-Ulm teilnehmen wird, betont zwar auch, dass Ehe und Familie „unter dem Schöpfungssegen Gottes“ stehen. „Ganz wichtig für alle Beteiligten ist aber auch, dass jeder Mensch Gottes Ebenbild ist, egal mit welcher sexuellen Neigung“, sagt er. Und weil Ehe und Familie längst ihre Monopolstellung in der Gesellschaft verloren haben, meint Schuster mit Verweis etwa auf Patchworkfamilien und Alleinerziehende, sei es richtig, Pfarrern und Pfarrerinnen in eingetragenen Lebenspartnerschaften das Zusammenleben im Pfarrhaus zu ermöglichen. Voraussetzung freilich sei, „dass alle Beteiligten mitspielen“.
Gesetzt den Fall, ein schwuler Pfarrer bewirbt sich in Langenzenn und ein einzelnes Mitglied im 20-köpfigen Kirchenvorstand sagt nein — was dann? „Dann könnte es sein, dass dieser Pfarrer nicht eingestellt wird“, meint Schuster. Denn die biblische Tradition, Minderheiten zu schützen, gelte auch für diesen Einzelnen.
Kein Glockenläuten
Schuster räumt ein, dass es im Einzelfall äußerst schwierig sein könnte, zu einer Entscheidung zu kommen. Er verweist aber auch auf die Zahlen: Von bayernweit 2400 Pfarrerinnen und Pfarrern leben demnach fünf in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, zwei davon sind als Gemeindepfarrer tätig. Keiner davon aber im Dekanat Fürth, sagt der zuständige Dekan Jörg Sichelstiel. Er begrüßt den jüngsten Beschluss: „Das ist ein wichtiges Signal für die Kirchengemeinden und für die betroffenen Paare, denen ihre Wunschlebensform ermöglicht wird.“
Sichelstiel fände es in diesem Zusammenhang auch sinnvoll, die kirchlichen Zeremonien weiterzuentwickeln. Denn es macht einen Unterschied, ob heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche Paare den Segen der Kirche für ihre Partnerschaft haben möchten. Nach der „Fürther Erklärung“ der Landessynode von 1993 können „homophile Partnerschaften“ laut Sichelstiel segnend begleitet, nicht aber getraut werden. Das heißt zum Beispiel, dass die Kirchenglocken in Bayern nicht läuten, wenn sich ein homosexuelles Paar vor Gott das Ja-Wort gibt.