Botschaft auf Putz
21.6.2008, 00:00 UhrDas war in den Jahren nach dem Krieg gang und gäbe, hielt über Jahrzehnte und verschwindet nun mit jedem neuen Fassadenanstrich. Kurt Georg Strattner, Obermeister der Fürther Maler, muss überlegen. Ja, früher . . . «Da gab es die Firmen, die sich auf den Hausgiebeln verewigt haben. Und spezielle Schriftenmaler, die das umsetzen konnten.»
Sie malten die Schilder für die Wirtschaften, pinselten die Schriftzüge auf die Autos der Grüner Brauerei und gestalteten eben auch Wandfüllendes. Das funktionierte, so lange die Werbung in Illustrierten und dem Fernsehen noch nicht so verbreitet war und die Handwerkerstunde billig.
«5000 Euro locker», schätzt Malermeister Norbert Appis, koste eine fachmännische Bemalung. Vom Entwurf muss eine Schablone gefertigt, dann auf den Putz übertragen und ausgemalt werden. Vom Gerüst mal ganz abgesehen, stecken ein bis zwei Wochen Arbeit darin. «Das ist nicht mehr zu bezahlen», sagt Appis.
Früher habe er selbst ab und an solche Aufträge ausgeführt und Spaß daran gefunden. Aber: Wer hat heutzutage noch die Übung, dass er mit den Proportionen umgehen und den jeweiligen Schriftzug oder das Logo einer Firma geschmackvoll aufs Mauerwerk setzt? «Eigentlich schade», findet Stefan Wildner, der eine Werbeagentur in Poppenreuth betreibt. Denn ein gelungener Schriftzug ist Bestandteil der Architektur, im besten Fall sogar eine Zierde fürs Haus. Viele Jahre ist es her, dass die letzte Anfrage zur Fassadenwerbung kam.
Die Entwürfe waren fertig, die Umsetzung scheiterte an den Kosten - und der Konkurrenz. Großformatige Planen sind vielfach günstiger. Sie lassen sich auch mit einer Hebebühne, ein paar Ringösen und wenigen Stunden Arbeit anbringen. Digital bedruckt, bilden sie jedes gewünschte Motiv in allen Farben ab. Vor allem lassen sie sich schnell austauschen. Kein unwichtiger Aspekt: Manche Firma überlebt heutzutage ja keine fünf Jahre mehr, und Marken wechseln ihren Namen fast so schnell wie andere die Unterwäsche. GABI PFEIFFER