Das Glück der gewonnenen Jahre
11.5.2014, 12:02 Uhr82 Jahre und neun Monate beträgt derzeit, statistisch betrachtet, die Lebenserwartung von Frauen in Deutschland. Da bleibt nach der Rente eine Menge Luft für – ja, wofür eigentlich? Eine Frage, mit der sich die Ausstellungsmacherinnen auseinandersetzen. Im Marstall des Burgfarrnbacher Schlosses ist der Fokus nun noch internationaler geworden.
Hinterfragt wird zum Beispiel, ob die Hoffnung auf mehr Lebensjahre ein Luxusgut vornehmlich für Frauen aus Wohlstandsregionen ist. Den Blick dafür schärfen 15 große Länderwürfel, die Vergleiche der Situation in den verschiedenen Kontinenten erlauben. Dabei wird auch darauf geschaut, wie sich etwa die Lebensformen älterer Frauen in Gesellschaften mit traditionellen Mehr-Generationen-Familien verändern.
Die Vielfalt, mit der inzwischen weltweit die Stellung als Großmutter interpretiert wird, verdeutlicht anschaulich die liebevoll „Oma-Scheibe“ genannte Info-Grafik. Um die Leistungen älterer Frauen wird es auch bei den „Gesprächen im Museum“ gehen: Am 23. und 24. Mai sollen Fachfrauen von ihren Forschungen berichten. Diskutiert werden wissenschaftliche Ergebnisse und Projekterfahrungen vornehmlich aus Ländern in Afrika und Asien.
Chansons aus den Zwanzigern
Die erweiterte Ausstellung von „Frauen in der einen Welt“ im Museum für Frauenkultur, für die in Burgfarrnbach Gudrun Cyprian, Bertrun Jeitner-Hartmann und Mechthild Engel verantwortlich zeichnen, beschäftigt sich aber auch mit einem weiteren Thema, das für viele Seniorinnen wichtig wird: Wohnen im Alter. Vorgestellt werden Modelle und Lösungen. Der Start in die Ausstellungs-Zeit 2014 wurde in Burgfarrnbach vor zahlreichen Gästen von Chansonette Ute Rüppel mit einem Liedprogramm aus den zwanziger Jahren eingeleitet. Lisl Bala und Bertrun Jeitner-Hartmann sprachen danach mit der Politikerin Renate Schmidt, die auch im offiziellen Ruhestand aktiv und vielseitig engagiert ist.
Schon zuvor hatte die 70-jährige Nürnbergerin klar gemacht, was ihr zum Thema „Gewonnene Jahre – neues Zeitalter für Frauen?“ in den Sinn kommt. „Meine Generation erlebt heute den Zeitraum jenseits der 50 bis zum 80., 85. Lebensjahr als Jahrzehnte, in denen man sehr bewusst etwas tun kann und will.“ Eine Entwicklung, die relativ neu ist. „Meine Großmutter habe ich zum ersten Mal wahrgenommen, als ich etwa fünf Jahre alt war. Da war sie 55 und bereits ausschließlich Großmutter.“
Sie selbst hat dagegen nach wie vor einen vollen Terminkalender, der Zeugnis gibt über ihr Engagement in vielen Bereichen. „Wir leben heute selbstbestimmter“, sagt Renate Schmidt. „Ich habe jetzt in dieser Phase viel mehr Freiheit, mein Leben mit der Arbeit auszufüllen, die mir wichtig ist.“ Anders als die Frauen der vorangegangenen Generationen sei es inzwischen eben nicht mehr so, dass man „mit 50 alles erreicht haben muss in seinem Leben“. Schmidts Fazit klingt deshalb so: „Das Leben hat sich für uns ein Stück weit gedehnt.“
Museum Frauenkultur Regional - International, Schlosshof 23. Wochenenden 11-17 Uhr, donnerstags und freitags 14-18 Uhr. Bis 30. September.
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