Lokschuppen: Scheitern die Pläne für ein soziokulturelles Zentrum?

Claudia Ziob

Lokalredaktion Fürth

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30.9.2020, 07:15 Uhr
Lokschuppen: Scheitern die Pläne für ein soziokulturelles Zentrum?

© Foto: Tim Händel

Die Enttäuschung ist riesig, daran lässt die Pressemitteilung des Vereins Soziokultur keinen Zweifel: "Nach unserer Einschätzung ist das Projekt Lokschuppen im Moment extrem gefährdet und kaum noch realisierbar", schreiben die Aktivisten. Auch auf Facebook melden sie sich zu Wort, mit einer Portion Sarkasmus: "Endlich Neuigkeiten: Lokschuppen wird eher nix, weil, Überraschung: Lärmprobleme".

Dabei durfte die Gruppe, die unter dem Namen "Aktion Protestgarten" bekannt wurde, in den vergangenen Monaten hoffen, mit dem Lokschuppen einen passenden Ort für das von ihnen ersehnte selbstverwaltete, soziokulturelle Zentrum gefunden zu haben.

Seit Juni 2018 hatte die Protestgarten-Bewegung hartnäckig – und durchaus beachtet von der Politik – nach mehr Freiräumen für junge Menschen in Fürth gerufen und nach mehr Platz für Subkultur. Die denkmalgeschützte, marode Immobilie an den Gleisen nahe der Stadtgrenze brachte Oberbürgermeister Thomas Jung im September 2019 schließlich sogar selbst ins Spiel.

Und eine ganze Zeit lang sah die Sache gut aus, erzählen Tim Steinheimer und seine Mitstreiter. Folgendes Szenario konnten sich die Aktivisten ebenso wie die Stadtspitze und P & P als Eigentümer demnach gut vorstellen: P & P saniert das Gebäude, erhält dafür eine mehrjährige Mietgarantie von der Stadt, die die Räume wiederum sehr günstig an den Verein Soziokultur untervermietet.

Das Thema Lärm hatten alle Beteiligten auf dem Schirm. Denn was die jungen Menschen suchen, sind Räume, in denen sie regelmäßig bis 5 Uhr Konzerte veranstalten können, ohne dass das die Anwohner stört.

Ein Aspekt fehlte im Lärmgutachten für den Lokschuppen

Ein erstes Lärmgutachten aus dem Januar 2020 war vielversprechend, sagt Steinheimer. Auch unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes ließe sich der Lokschuppen schalldicht dämmen, so dass die Lautstärke von Konzerten kein Problem wäre, bestätigt OB Thomas Jung auf FN-Nachfrage. Mit Blick auf die Anwohner müsste der Biergarten, der zum Zentrum dazugehören soll, zwar bereits um 22 Uhr schließen; das akzeptierte der Verein aber.((Plazthalter))

Zuversichtlich seien alle gewesen, dass sich eine Lösung für den Raucherlärm finden würde. Kein Thema war damals jedoch ein Punkt, der nun das Vorhaben ins Wanken bringt: der Lärm, der durchs Ankommen und Heimgehen der Gäste entsteht.

Er wurde erstmals in einem neuen Gutachten berücksichtigt, das ihnen vor wenigen Tagen überraschend, so Steinheimer, präsentiert wurde. Das ernüchternde Ergebnis: Die erlaubten Werte werden enorm überschritten.

Wütend mache es sie, so die Aktivisten, dass sich erst nach einem Jahr herausstellt, dass der Lokschuppen allem Anschein nach doch nicht infrage komme. Nach einem Jahr, in dem es wiederholt positive Signale gab und sie schon Zeit und Energie in detailliertere Planungen steckten.

Tatsächlich stehe das Projekt auf der Kippe, sagt Rathauschef Jung auf Nachfrage. P & P prüfe, ob eine bauliche Lösung möglich ist. Etwa eine gekrümmte, "tunnelartige" Lärmschutzwand zwischen dem Lokschuppen und der U-Bahn-Station Stadtgrenze. "Es wäre sehr bitter, wenn es scheitert", meint Jung.

Er betont aber auch: "Ich will auf keinen Fall eine zweite Gustavstraße." Man müsse hier sorgfältig vorgehen. Warum das Problem nicht früher erkannt wurde, konnte er nicht sagen.


Streit um Sitzplätze in der Gustavstraße: Kläger scheitern


Das Ordnungsamt hatte offenbar, so Amtsleiter Jürgen Tölk, von Anfang an darauf hingewiesen, den Lärm durch kommende und gehende Gäste zu betrachten. Tatsächlich hat die Stadt damit schon ein Problem an anderer Stelle, wie Tölk auf Nachfrage sagte: Mehrere Anwohner sehen ihre Nachtruhe durch die Besucher gestört, die vor dem Club "Frieda" auf Einlass warten oder sich verabschieden.

2018 gab es "massive Beschwerden", ein neuer Ansatz – die Gäste sollen den Club über die Freiheit verlassen – konnte wegen des Lockdowns noch nicht getestet werden. Seit März ist die "Frieda" wie andere Clubs geschlossen.

OB: "Fürth braucht ein soziokulturelles Zentrum"

Er bleibe dabei, dass Fürth ein soziokulturelles Zentrum braucht, betont Jung – und appelliert vorsorglich schon einmal an Bürger und Immobilieneigentümer, Vorschläge für geeignete Standorte zu machen. Der Verein Soziokultur fordert Stadt und P & P derweil auf, sich intensiv mit Lösungsideen für den Lokschuppen zu befassen.

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