Waagen von kurios bis historisch
2.9.2017, 13:00 UhrEs sind oft Zufälle, aus denen die besten Ideen entspringen. "Wir haben nur einen Lagerraum gesucht, und die Gemeinde Veitsbronn bot unserem Verein das ehemalige Waaghäusl an der Hauptstraße an", erzählt Vereinsvorsitzender und Gemeindeheimatpfleger Alfred Strunz.
Beim Besichtigungstermin habe er mit Mitglieder der Vorstandschaft die immer noch intakte Viehwaage im Häuschen vorgefunden. "Die der Vergessenheit anheim zu geben, empfanden wir alle als viel zu schade", erzählt Strunz, zumal auch noch die Aufzeichnungen des Waagemeisters existierten.
2012 sei das gewesen. "Die Idee, alle mögliche Waagen für eine Dauerausstellung zusammenzutragen, war schnell benannt", berichtet Strunz. Und er, gut vernetzt über den Landkreis hinaus, fing an zu sammeln: Personen-, Haushalts-, Getreide-, Kaufmanns- und Apothekerwaagen.
Kartoffelsäcke oder Arznei
Aus über 100 Waagen kann der Verein inzwischen die Ausstellungsstücke wählen. Die älteste Waage ist eine sogenannte Dezimal- oder Bauernwaage, in der Hauptsache dafür bestimmt, das Gewicht der, mit Kartoffeln oder Getreide gefüllten, Jutesäcke zu bestimmen. Zu den wertvollsten Exponaten gehören feine Apothekerwaagen, die der Interessierte allerdings nur hinter Glas in Augenschein nehmen kann.
Eine Waage der Firma Toledo mit Präzisionswerk gehört ebenso zu den Highlights wie die Babywaage der ehemaligen Dorfhebamme oder Küchenwaagen mit Gründerzeit- oder Jugendstilornamenten. Wobei Alfred Strunz bekennt, dass die Toledo-Waage ein Geheimnis birgt: "Wir wissen immer noch nicht, wofür sie verwendet wurde."
Eine echte Kuriosität ist eine Personenwaage. Sie stammt wohl aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Kilogrammskala ist in Spiegelschrift noch auf der Stirnseite der Waage angebracht. Und damit der obenauf Stehende überhaupt sein Gewicht ablesen konnte, klappte er einen Spiegel aus. Der reflektierte die Skala und brachte das angezeigte Gewicht wieder ins richtige Zahlenbild. "In vordigitaler Zeit musste man sich schon was einfallen lassen", amüsiert sich Alfred Strunz.
Schriftführerin Brigitte Stelkens ist in die Vorbereitungen zur Ausstellung fest eingebunden. Bis zur Eröffnung am Freitag, 29. September, um 14 Uhr, will sie das Gästebuch auf Vordermann bringen.
Aufzeichnungen des Waagemeisters will sie abbilden und so manchen Spruch zum Thema Waage und Wiegen als Dekoration beisteuern. Die Waagen-Ausstellung soll auch ein Ort des Lernens werden. "Wir müssen uns noch darüber Gedanken machen, wie wir Kinder mit den Waagen hantieren lassen können", meint Stelkens. Not macht erfinderisch und ein Notfall kann auch sein, wenn eine Ausstellung möglichst lange zugänglich sein soll, aber das Personal fehlt, um täglich die Türen zu öffnen.
Die Mitglieder des Geschichts- und Heimatvereins haben sich eines Kunstkniffs bedient. An der doppelflügeligen Eingangstür sind Bullaugen angebracht. Erwachsene und Kindern können so ständig einen Blick auf die Ausstellung erhaschen. Sogar nachts wird das möglich sein, weil dann die Exponate beleuchtet sind. "An besonderen Tagen und auf Wunsch sperren wir natürlich auf", verspricht Vereinsvorsitzender Strunz.
Spenden sind willkommen
Und wie stemmt ein Verein dieses im Verhältnis zur Vereinsgröße anspruchsvolle Projekt finanziell? "Rund 5000 Euro haben wir bislang investiert", bekennt Strunz. Da aber das Vorhaben von der EU sprich über die "Lokale Aktionsgruppe Leader" finanziert werde und man noch auf den einen oder anderen Zuschuss hoffe, gehe man lediglich von einer Zwischenfinanzierung aus, meinen Vereinsvorsitzender und Schriftführerin. Aber dennoch würden auch Spenden gerne angenommen.
Zwei große Wünsche haben die Ausstellungsmacher. Der eine wäre eine ehemalige Bahnhofswaage. "So eine, die Gewicht und Datum auf ein Billet ausgedruckt hat", beschreibt Strunz. Der zweite, dass der Deal mit der Deutschen Bahn klappt. "Die Verhandlungen laufen", verrät Strunz und dann könnte am Veitsbronner Bahnhof eine historische Waage für Eisenbahnwagons aufgebaut werden. Als Ausstellungs-Dependance sozusagen, denn dieses gewaltige Exponat wäre für das Waaghäusl in Retzelfembach unter Garantie mehrere Nummern zu groß.
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