Markt Berolzheim: Streuobsttag macht Appetit auf Regionales
1.10.2019, 06:00 UhrAuf dieses Aushängeschild der Marktgemeinde schoss sich Bürgermeister Fritz Hörner ein. Streuobst sei zwar hier aufgrund der günstigen, klimatischen Lage schon seit jeher kultiviert worden. Die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft habe aber dazu geführt, dass dieses wichtige Kulturgut "wegzubrechen drohte".
Also griff die Gemeinde ein und übernahm 2008 die Betreuung und Pflege des besagten Naturschutzgebietes. Es wurden Apfelweinfeste gefeiert, Streuobstwege angelegt und nicht zuletzt ein einheimischer Cider entwickelt: "Ein ausgezeichnetes Topprodukt", warb Hörner.
Vielfalt und Toleranz brauche es nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch bei der Bewirtschaftung der Wiesen und Felder. Natürliche Lebensgrundlagen gelte es nachhaltig zu erhalten und regionale Erzeugungs- und Vermarktungssstrategien zu erarbeiten, "die der Verbraucher aber auch honorieren muss", machte der Bürgermeister deutlich. Der Vormarsch der Discounter stehe hier allerdings im Weg und zerstöre letztlich genau jene Strukturen wieder, so Hörner unter lautem Beifall.
"Entspannte Obstbäume"
Hier brauche es ein Umdenken, zu dem im Falle des Streuobstes gehöre, die verschiedenen Phasen im Leben der Bäume zu akzeptieren. Mal gebe es eben "eine überreiche Ernte", ein anderes Mal steckten sie ihre Kräfte in die eigene Aufbauphase und bildeten Reserven – "wie in einer guten Vorratswirtschaft". So sei es heuer der Fall gewesen, weswegen nur wenige Früchte an den Ästen baumelten. Doch auch der Blick auf "entspannte Obstbäume" lohne sich.
Ein Geschenk ganz nach seinem Geschmack erhielt Hörner daraufhin aus den Händen von Kreisfachberaterin Carola Simm, die ihm einen jungen Speierling überreichte, einen Wildobstbaum, der wegen seines rückläufigen Bestandes schon 1993 zum Baum des Jahres gewählt worden war. Er soll im Ort seinen Platz finden.
Die vielen Bestände der teils recht seltenen Apfel- und Birnensorten würden hier "in einem Maße gehegt, wie es selten woanders zu finden ist", lobte Landratstellvertreter Robert Westphal die Berolzheimer. Ziel müsse sein, diesem Bemühen und damit den dort wachsenden Früchten wieder zu mehr Wertschätzung zu verhelfen; nicht zuletzt, weil sie auch die Landschaft prägten. Den Streuobsttag brachte er auf eine einfache, griffige Formel: "Schauen Sie! Schmecken Sie!"
Das war ganz nach dem Geschmack von Diana Schmidt vom Landschaftspflegeverband (LPV) Mittelfranken. Sie eröffnete den neuen Streuobsterlebnisweg, eine Rundwanderung in sechs Schleifen, die auch in Etappen gut abgewandert werden kann. Er erstreckt sich über die Orte Gnotzheim, Sammenheim, Meinheim, Treuchtlingen und eben Markt Berolzheim. Dort sind die entsprechenden Tafeln montiert, die Route ist fertig ausgestattet; ein weiterer Ausbau der Route folgt im kommenden Jahr. Es gehe aber nicht nur um theoretische Infos, vielmehr soll mit Führungen und Aktionen Leben in das Projekt gebracht werden.
Der Weg ist mühsam
Nach den Grußworten und einem letzten Stück des örtlichen Posaunenchores machten sich die Gäste auf zu den Ständen der insgesamt 40 Aussteller. Darunter Martin Klug, der ausschließlich das, was in und um Markt Berolzheim wächst, zu Bränden verarbeitet: "Hinter jeder Frucht steht eine eigene Geschichte", sagt er. Der Weg zum Ziel sei dabei recht mühsam: 100 Kilogramm Vogelbeere etwa ergeben maximal drei Liter Hochprozentiges.
Große Resonanz fand die Ausstellung mit alten Obstsorten, über die Pomologe Wolfgang Subal viele Anekdoten zu erzählen weiß. Aber bei 2300 Apfel- und 1900 Birnensorten in Bayern kommt auch er einmal an seine Grenzen. Einer Tafelbirne hat er den Arbeitsnamen "Berolzheimer Länger" verpasst, wobei es noch nicht ganz ausgemacht ist, dass es sich um eine Lokalsorte handelt. Zwei Bäume dieser Art gibt es zumindest im Ort.
Die "Herbstforellenbirne" gibt es ebenso zu bestaunen wie den "Roten Eisenapfel" und seinen fernen Verwandten, den "Galloway Pepping". "Da möchte man am liebsten gleich reinbeißen", zeigt sich eine Besucherin erfreut. Am Stand des Kindergartens ist davon eher abzuraten – dort werden "Betonäpfel" zur Zierde verkauft. Auch der fünfjährige Josef aus Kurzenaltheim schnappt sich ein kleines Exemplar.
Bevor sich viele Besucher per Shuttlebus auf zur "Buchleite" machen, erklärt Stefan Böger als Projektbetreuer der Regierung von Mittelfranken mit seinem Kollegen Claus Rammler die Besonderheiten jener Hänge.
Wieder im Tal angekommen lockt ein Besuch bei den Ständen der vielen Kunsthandwerker. Wie etwa dem von Peter Knoll, der seinen Tisch direkt vor seinem Haus aufgebaut hat und vor allem mit geschnitzten Fischen Aufmerksamkeit erregt. Holzherzen präsentiert Heidi Schmidtkonz aus Bergen, seine Korbwaren Ludwig Schwimmer aus Wettelsheim. Niklas Dettke aus Weißenburg wiederum drechselt Zirbenkugeln als besondere Deckel für Karaffen – in die sicher bald aus Streuobst gewonnener Saft geschenkt werden wird.
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