Negative Strompreise: Bayern verschenkt Energie
4.4.2013, 12:21 UhrStrom aus Bayern wird zum Verkaufsschlager. Der Freistaat exportierte im vergangenen Jahr Strom für etwa 217 Millionen Euro ins Ausland und damit 15 Prozent mehr als noch 2011. Das teilte das Statistische Bundesamt gegenüber unserer Online-Redaktion mit. Der Hauptabnehmer sei Österreich, ein geringer Anteil werde aber auch nach Tschechien verkauft. Dennoch kann sich Bayern mit seinem produzierten Strom nicht selbst versorgen. So wurde als Gegenwert Strom für fast 350 Millionen Euro eingeführt, vornehmlich aus Tschechien.
"Der Zuwachs bei den Exporten ist vor allem durch den gestiegenen Anteil an erneuerbaren Energien zu erklären", sagt ein Sprecher des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Schätzungen zufolge liegt dieser derzeit bei rund 35 Prozent. Bei Spitzenleistungen von Sonnen- und Windenergie hat der Freistaat eine Überkapazität und speist Strom in andere Netze ein. Wenn aber Wind und Sonne streiken, müssen Netze der Nachbarländer Tschechien und Österreich angezapft werden. Noch fehlt es an den technischen Möglichkeiten, Strom über längere Zeiträume hinweg zu speichern.
Überkapazitäten treibt Verbraucher-Strompreis in die Höhe
Ein bundesweites Selbstversorgungs-Problem gibt es jedoch nicht. Deutschland ist, wie bereits in den vergangenen Jahren, Stromexportland - trotz Energiewende und der Abschaltung von acht Atomkraftwerken. Dabei wurden 2012 etwa 22,8 Terawattstunden Strom mehr aus- als eingeführt. Die Hauptabnehmer sind die Niederlande, Österreich und die Schweiz. Der erwirtschaftete Handelsüberschuss betrug im vergangenen Jahr satte 1,4 Milliarden Euro. So viel, wie seit vier Jahren nicht mehr.
Der Jubel der Energieversorger darüber hält sich allerdings in Grenzen. In den letzten Jahren wurden vermehrt negative Strompreise beobachtet. "Dies bedeutet, dass Strom nicht nur verschenkt wird, sondern dass Abnehmer für diesen Strom ein zusätzliches Entgelt erhalten", erklärt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. In der Spitze sind das sogar 200 Euro pro Megawattstunde. Der Grund dafür ist die Öko-Strom-Umlage, die eine Abnahme von überflüssigem Strom nur gegen Geld erlaubt. Die europäische Strombörse EPEX konnte in diesem Jahr schon 15 Tage mit negativen Strompreisen ermitteln. So paradox es klingt, dem Verbraucher drohen genau wegen dieser Exporten höhere Strompreise.
"Deutschland hat massive Überkapazitäten in der Stromerzeugung", erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atombewegung "ausgestrahlt" auf seiner Homepage. Er plädiert für einen schnelleren Atomausstieg, um die drohende Überversorgung zu bekämpfen. Stay fordert neue Gaskraftwerke als Übergangstechnologie. Doch genau die werden für Energieversorger immer unrentabler. So kokettiert zum Beispiel Eon mit einer Schließung des Gaskraftwerks Irsching, wo gerade erst vor drei Jahren ein neuer Block ans Netz ging.
Diese Kraftwerke werden jedoch gebraucht, um die schwankenden Leistungen bei Wind- und Solarenergie auszugleichen. Diese sorgen nicht nur für Unter- sondern eben auch für Überkapazitäten. So wurden am 24. März eben solche negativen Strompreisen beobachtet. Um genau 14 Uhr wurden schlichtweg die Erwartungen an regenerative Energien übertroffen. 11.900 Megawatt Solarenergie waren vorhergesagt, heraus kamen aber 14.100. Für Windenergie lagen die Prognosen bei 15.900, produziert wurden jedoch 16.900.
Die Energiewende geht ungebremst weiter. In den nächsten neun Jahren gehen neun weitere Atomkraftwerke vom Netz, das nächste in Bayern. Bereits in zwei Jahren verliert der unterfränkische Reaktor Grafenrheinfeld seine Betriebserlaubnis, zwei Jahre später geht der Block B im schwäbischen Grundremmingen vom Netz. Das Kernkraftwerk ist das derzeit leistungsstärkste Deutschlands.
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