Corona: Wie hält sich eine Reise-Bloggerin über Wasser?
18.4.2020, 19:27 UhrLena, wann warst du das letzte Mal so richtig weit weg?
Anna-Lena Braun: Im Januar war ich für mehrere Wochen in Belize und Honduras in Zentralamerika. Auf meinem Blog geht es hauptsächlich um Insel-Abenteuer und Orte, an denen man besonders gut tauchen kann, dafür waren das tolle Ziele. Als ich dort war, wurden gerade erst die ersten Corona-Fälle bekannt, ich habe die Situation in Deutschland zwar in den Nachrichten verfolgt, aber mir zunächst keine großen Sorgen gemacht.
Seitdem ist vieles passiert. Du sitzt, wie viele andere Menschen auch, sozusagen zuhause fest. Was hat sich seitdem für dich verändert?
Anna-Lena Braun: Ich musste, wie viele andere Menschen auch, einige geplante Reisen streichen, als allererstes die ITB (Internationale Tourismus-Börse), die im März in Berlin hätte stattfinden sollen, aber dann natürlich abgesagt wurde. Diese Messe ist für Blogger wie mich die wichtigste Netzwerk-Veranstaltung des ganzen Jahres. Dort wollte ich noch einige Kooperationen für geplante Reisen festmachen.
Die natürlich jetzt auch nicht stattfinden. Wie kommt man also in deiner Branche jetzt über die Runden?
Anna-Lena Braun: Der Blog ist zwar meine Haupteinnahme-Quelle, aber ich arbeite nebenbei selbstständig im Online-Marketing für verschiedene Kunden. Ich habe das Glück, dass nicht alle von ihnen zur Tourismus-Branche gehören und die Arbeit für mich, trotz ruhiger Auftragslage, zumindest ein bisschen weitergehen kann.
Trotzdem fällt doch sicher gerade ein großer Teil weg?
Anna-Lena Braun: Ich bin sonst durchschnittlich zwei bis drei Monate im Jahr auf Reisen, das fällt natürlich weg. Aber wenn ich von einer Reise wiederkomme, schreibe ich meine Blog-Beiträge auch sonst von zuhause aus – im Alltag könnte man also sagen, hat sich gar nicht so viel verändert. Ich bin auch tatsächlich nirgendwo sonst so produktiv wie in meinem Homeoffice.
Darum dürften dich gerade viele Menschen beneiden. Hast du einen Tipp fürs konzentrierte Arbeiten zuhause?
Anna-Lena Braun: Kaffee! Und davon abgesehen hilft mir vor allem Struktur. Ich habe eine genaue Liste an Aufgaben, die ich an einem Tag abarbeiten will – und das mache ich dann auch. Klar gibt es Ausnahmen, aber meistens klappt das sehr gut. Nachmittags schreibe ich mir eine neue Liste für den nächsten Tag. So habe ich nach der Arbeit den Kopf frei für andere Sachen: Sport, Spazierengehen, Rezepte ausprobieren, was im Moment eben so geht.
Plagt dich da nicht das Fernweh?
Anna-Lena Braun: Einerseits natürlich. Ich liebe es, zu reisen, und neue Orte zu entdecken. Andererseits schaue ich gerade mit ganz anderen Augen auf meine Heimat. Nürnberg und besonders das Umland haben so vieles zu bieten, das ich auf einmal wieder viel bewusster erlebe, wenn ich nicht ständig unterwegs bin.
Das geht wahrscheinlich vielen gerade so. Bekommen Reise-Blogs denn aktuell überhaupt noch Aufmerksamkeit?
Anna-Lena Braun: Die geht auf jeden Fall deutlich zurück. Im März sind die Besucherzahlen beispielsweise um rund die Hälfte eingebrochen. Vor allem wenn man wie ich viel über Fernreiseziele und Tauch-Urlaube schreibt, ist natürlich klar, dass gerade eine große Unsicherheit dranhängt. Wer weiß denn schon, wann so etwas wieder möglich sein wird? Deshalb denke ich, dass viele Leute aktuell nicht unbedingt den Sinn darin sehen, sich auf meiner Seite Inspirationen zu holen, solange sie nicht wissen, wann sie wieder Reisen planen können.
Und das könnte dauern. Wird sich das Reiseverhalten dann vielleicht auch verändert haben?
Anna-Lena Braun: Das denke ich schon. Wir werden gerade Zeuge eines großen Stücks Geschichte. Ich glaube wir werden in Zukunft „vor Corona“ und „nach Corona“ sagen, so wie wir heute „vor und nach der Wende“ oder „vor und nach 9/11“ sagen, ein Zeitenwechsel. Und natürlich wird auch das Reisen sich verändern. Einerseits denke ich, wird es eine Art Boom geben, weil Leute ihre ganzen Urlaubsreisen nachholen wollen, auf die sie gerade verzichten müssen. Andererseits wird es sicher lange dauern, bis sich die Tourismusbranche von der aktuellen Krise erholt hat. Gerade Reiseblogger wie ich werden da vielleicht in Zukunft umdenken müssen, ich glaube die Zeit der bezahlten Pressereisen ist erst einmal vorbei. Aber das wird man alles abwarten müssen.
Von welcher Reise träumst du in der Zwischenzeit?
Anna-Lena Braun: Es gibt noch viele Orte, die ich gerne zum Tauchen besuchen würde, zum Beispiel einige touristisch weniger erschlossene Inseln Indonesiens. Und auch eine Reise nach Papua-Neuguinea ist für mich ein Traum, den ich mir irgendwann erfüllen will. Eigentlich hatte ich geplant, in diesem Jahr Weihnachten mal in Deutschland zu verbringen, aber wer weiß – vielleicht hole ich dann nach, was jetzt nicht geht.
Anna-Lena Braun, 26 Jahre alt, hat International Business und Tourismus-Mangement studiert. Auf ihrem Blog www.lenaonthemove.com schreibt sie vor allem über Insel-Abenteuer und die schönsten Orte zum Tauchen. 2012 hat sie die Plattform als Hobby begonnen, 2017 hat sie den Reise-Blog zu ihrem Beruf gemacht. Sie ist in Marburg geboren und in Nürnberg aufgewachsen, wo sie auch heute die meiste Zeit des Jahres lebt.
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