Jetzt spricht das erste lesbische Prinzenpaar aus Nürnberg
8.1.2020, 15:46 UhrDer Start in die Faschingssaison steht bevor. Doch für zwei, die in diesem Jahr im Zentrum der Feierlichkeiten stehen werden, ist schon vor Wochen der Ausnahmezustand eingeläutet worden. Marcella und Senada Suljkanovic wurden im November zum ersten gleichgeschlechtlichen Prinzenpaar Nürnbergs gewählt. Für ihre Faschingsgesellschaft, die Crazy-Dancers e.V. aus Reichelsdorf, sind die beiden Frauen, die seit 2018 verheiratet sind, seit ihrer Inthronisation offiziell im Amt.
Die Neuigkeit, dass Nürnberg sein erstes lesbisches Prinzenpaar bekommt, sorgte weit vor dem Start in die Faschingszeit für einigen Wirbel. Inzwischen hat das Paar die ersten Termine absolviert. Grund genug, einmal bei Marcella Suljkanovic nachzufragen, was sie erlebt hat – bevor der Trubel so richtig losgeht.
Nürnberger Nachrichten: Frau Suljkanovic, als im November bekannt wurde, dass Sie beide das Prinzenpaar ihrer Faschingsgesellschaft werden, gab es auf einmal einen ziemlichen Wirbel. Können Sie uns beschreiben, wie diese Tage für Sie waren?
Der erste Artikel über uns als Prinzenpaar ging auf nordbayern.de online, danach ging es richtig los, dass plötzlich jeder etwas von uns wollte. Von Stunde zu Stunde haben mehr Menschen angerufen, wir haben richtig viele Interviews gegeben und Fotos gemacht. Das war schon sehr aufregend.
Hat die ganze Aufmerksamkeit Sie überrascht?
Unser Verein hat uns vorgewarnt, dass das passieren könnte. Aber als dann von Stunde zu Stunde immer mehr Anfragen von Zeitungen und Radiosendern kamen, das war schon krass. Ein bisschen geschockt war ich, als dann auch noch die Bild-Zeitung angerufen hat. Ich musste eigentlich in dem Moment los zur Arbeit, meine Frau kam gerade aus dem Nachtdienst – da wurde es dann kurz auch mal stressig.
Wie waren denn die Reaktionen auf das erste lesbische Prinzenpaar Nürnbergs?
Fast durchweg sehr gut. In unserer Faschingsgesellschaft haben wir von allen die volle Unterstützung. Aber auch im Alltag wurden wir oft angesprochen, zum Beispiel beim Einkaufen haben uns oft Menschen erkannt und kamen auf uns zu: ,Ihr seid doch das Prinzenpaar!‘. Das waren immer positive Begegnungen, auch sonst gab es in der Öffentlichkeit bis auf einige dumme Kommentare im Internet fast nur positive Rückmeldungen.
Besonders auf Sozialen Netzwerken wie Facebook ist die Hemmschwelle für negative Kommentare niedrig. Haben Sie die Berichterstattung und die Reaktionen darauf verfolgt?
Ja, wir haben sie verfolgt und uns auch hier über die vielen positiven Kommentare gefreut. Natürlich gibt es auch Leute, die schreiben ,Erst das Christkind und jetzt das‘. Die verstehen einfach die Welt nicht mehr, weil sie noch nicht gemerkt haben, dass wir nun mal nicht mehr im Mittelalter leben. Aber insgesamt gab es so viel positives Feedback, dass die wenigen negativen Reaktionen völlig untergegangen sind.
Und nicht jeder, der irritiert reagiert, meint es auch wirklich böse. Manche haben auch wirklich Verständnisfragen. Zum Beispiel, warum wir trotzdem Prinzenpaar heißen, obwohl wir zwei Frauen sind. Da haben wir dann den Leuten auch mal selber darauf geantwortet.
Aufregende Momente
Sie haben sich selber in die Diskussion eingebracht?
Ja, natürlich. Wenn die Leute es einfach wirklich nur verstehen wollen, ist das doch kein Problem. Ich habe ihnen zum Beispiel erklärt, dass ja zwei Frauen als Faschingspaar schon eine große Neuheit sind. Da darf doch wenigstens beim Namen etwas Tradition gewahrt werden.
Ist das auch der Grund, warum Sie im Anzug auftreten, während ihre Frau das Prinzessinnenkleid trägt?
Einer der Gründe. Auch hier wollten wir am Erscheinungsbild nicht zu viel verändern. Aber ich mag auch einfach keine Kleider und würde nie eins anziehen (lacht). Ich habe auch im Anzug geheiratet.
Die ersten Veranstaltungen als Prinzenpaar liegen ja inzwischen hinter Ihnen. Was waren die aufregendsten Momente?
Definitiv der Prinzenwalzer. Den tanzt man bei der Inthronisation vor allen Leuten. Wir hatten eigentlich etwas anderes einstudiert, nämlich einen Discofox, aber mit dem kam ich dann nicht klar (lacht). Deshalb mussten wir dann noch einmal umplanen, so dass wir insgesamt nur eine Woche Zeit hatten, uns auf den Walzer vorzubereiten. Beim Vortanzen war ich dann richtig aufgeregt. Auch vor der Rede bei der Inthronisation war ich total nervös, hab gezittert und gedacht ,Mach bloß nichts falsch‘. Ich bin der Schisser, meine Frau ist da viel entspannter.
Und worauf freuen Sie sich in der kommenden Faschingssaison am meisten?
Darauf, die anderen Faschingsgesellschaften kennenzulernen, das ist immer total schön. Und natürlich auch ganz besonders auf den Faschingszug in Nürnberg am Sonntag, 23. Februar – da hat meine Frau auch noch Geburtstag. Außerdem werden wir als Prinzenpaar mit unserem Vorstand und der Hofdame auch zum Karneval nach Düsseldorf fahren und dort im Februar drei Tage mitfeiern, darauf freuen wir uns sehr.
Es steht uns auf jeden Fall eine aufregende Zeit bevor, es geht ja jetzt erst richtig los. Wir freuen uns darauf, aber ich bin auch wieder total nervös, ob alles gut geht. Wenn man das im nächsten Jahr alles noch einmal machen würde, wäre man sicher entspannter.
Also könnten Sie sich jetzt schon vorstellen, noch einmal Prinzenpaar zu werden?
Ja, ich denke schon, bei all dem positiven Feedback, das wir bekommen. Wir haben kein Problem damit, uns in die Öffentlichkeit zu stellen und zu sagen: Wir sind so. In der heutigen Zeit sollte es eigentlich kein Thema mehr sein, ob Mann und Frau, zwei Männer, zwei Frauen oder sonst wer zusammen ist – ob im Alltag oder als Prinzenpaar.
Marcella und Senada Suljkanovic wurden im November 2019 zum ersten gleichgeschlechtlichen Prinzenpaar in der Geschichte des Nürnberger Faschings gekürt. Die 29-jährige Verkäuferin Marcella und ihre 25-jährige Frau Senada, die im Schlaflabor arbeitet, sitzen als Prinz(essin) Marcella I. und Ihre Lieblichkeit Prinzessin Sena I. auf dem Thron der Faschingsgesellschaft Crazy-Dancers e.V aus Nürnberg-Reichelsdorf.
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