Kunst an der Hauswand wird kaum beachtet

20.10.2014, 21:06 Uhr
Kunst an der Hauswand wird kaum beachtet

© Brock

Übrig geblieben sind oft Neonreklamen. „Roth wäscht weiß“, steht an einer Hauswand in der Beckschlagergasse. „Das gelbe Samenkorn bei ,Samen Eder‘ hat einst geblinkt. Doch das permanente klick, klick, klick des Relais hat den Ladenbetreiber bald genervt“, erklärt Stadtführerin Barbara Schuster.

Ihren Rundgang startet sie am Ochsenportal an der Fleischbrücke. „Den Treffpunkt Pegnitzfischer am Schleifersteg hätte vermutlich kaum einer gefunden“, vermutet Schuster. Die Pegnitzfischer an dem 1961 erbauten Haus seien das einzige erhaltene Beispiel von Drahtkunst in der Altstadt. Sie bestehen aus flachem Stahlband und zeigen einen Kahn mit zwei Fischern und gefülltem Netz. „Kurz nach dem Krieg war so ein idyllisches Motiv verständlich. Faszinierend ist das Schattenspiel, das durch die wandernde Sonne entsteht.“

1950 gab es einen Beschluss des Bundestages. Der lautete: Zur Förderung der Kunst wird bei allen staatlichen Baumaßnahmen (. . .) ein bis zwei Prozent der Bauauftragssumme für bildnerische und handwerkliche Arbeiten vorgesehen. Von den Künstlern selbst sei häufig wenig bis nichts bekannt, auch wenn manche ihre Initialen hinterließen. So an der Brauttreppe am Rathausplatz. „Das Sandsteinrelief hat wohl ein Emil Zehngraf entworfen.“ An dem einstigen Zugang zum Standesamt sieht man ein Paar und zwei Engel. Einer davon hält ein Band. Die Szenerie beäugt wohl die Schlange der Versuchung. Flankierend gibt es ein Sonnenmotiv aus Metall, das einen großen Ventilator verdeckt. „Das Sandsteinmotiv bröckelt vor sich hin und keiner macht etwas“, ärgert sich Schuster.

Kunst an der Hauswand wird kaum beachtet

© Brock

Gleich gegenüber befindet sich das Bratwurst Röslein. An der Häuserfassade sind mehrere Keramikplatten angebracht, die die Arbeit in einer Bratwursterei zeigen. So wird ein Schwein hereingeführt, geschlachtet, anschließend werden die Gewürze zur Wurstherstellung hinzugefügt. Auch den Wurstverkauf am Christkindlesmarkt hat man verewigt. Bei einem Sgraffito handelt es sich um eine Technik zur Bearbeitung von Wandflächen durch Auflage verschiedenfarbiger Putzschichten. Die Vorbedingungen sind die gleichen wie bei der Freskomalerei: Über einen groben, dünnflüssig gehaltenen Spritzbewurf wird eine nicht zu starke Ausgleichsschicht aus Breikalk und Sand angeworfen und mit der Richtlatte abgezogen. Das Problem für den Handwerker ist dabei, dass die Arbeit fertig sein muss, bevor die oberen Putzschichten abgebunden sind.

Die Farbe verschwand

Am Haus Tucherstraße 1 befindet sich „Die Noris mit Friedenstaube“, ein Sgraffito von Otto Meister. Der wurde 1892 in Dresden geboren und war nach dem Krieg Dozent an der Volkshochschule Erlangen. Meister starb 1959. „Die Noris mit der Friedenstaube war ursprünglich farbig. Nach der Renovierung des Gebäudes war die Farbe leider verschwunden. Außerdem gibt es hier Probleme durch Schimmel und Kälteeinwirkung“, sagt Schuster.

Nur einen Steinwurf entfernt ist das Sgraffito „Mädchen am Brunnen“ angebracht. Dafür verantwortlich zeichnete Georg Mayer-Pröger. Dessen große Leidenschaft sei die Aquarell-Malerei gewesen. Außerdem arbeitete Mayer-Pröger als Werbe- Grafiker unter anderem für „Grüner Bräu“, „Mars Bleistifte“ und die Münzprägeanstalt Nürnberg. Das Haus gehörte der Schwester des Künstlers, die die Fassade unbedingt von ihrem Bruder verschönern lassen wollte.

Die nächste Führung „Kunst am Bau der 50er und 60er Jahre“ findet im neuen Jahr statt. Das genaue Datum gibt es bald unter www.nuernberg-tours.de

Treffpunkt: Ochsenportal an der Fleischbrücke

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