Bewegte Geschichte der 650 Jahre alten Schottersmühle
2.7.2017, 22:53 UhrIm Rahmen eines kleinen Festakts mit geladenen Gästen, darunter Wiesenttals Bürgermeister Helmut Taut, der Heidi Schramm-Krause das Gemeindewappen für die Gaststube überreichte, blickte Helga Seidel-Rüfer in die wechselhafte Geschichte der Schottersmühle, die früher auch Schauders- oder Schattenmühle genannt wurde, zurück. Seidel-Rüfer hatte mit ihrem verstorbenen Mann Walter Rüfer die Geschichte der Mühle aus Sicht der Familien, die in der Schottersmühle gelebt haben, erforscht, und ein Buch dazu herausgegeben.
Der urkundliche Nachweis der Ersterwähnung der Schottersmühle aus dem Jahr 1367 konnte bis heute nicht gefunden werden. Das Gößweinsteiner Pfarrarchiv ist in den Wirren der Kriege laut Chronist Ludwig Helldörfer zum größten Teil vernichtet worden. Der Schriftsteller August Sieghardt, der oft zu Gast in der Schottersmühle war und auch mehrere Gedichte über die Mühle geschrieben hat, gab 1925 und 1952 an, dass die Schottersmühle rund 600 Jahre alt sei.
Seidel-Rüfers Forschungsergebnisse beginnen jedoch erst im Jahre 1599: Am 25. Mai 1599 heiratete Margaretha Sebald von der "Schädersmühl" in der Schlosskirche der Burg Rabeneck einen gewissen Andreas Zahn aus "Weyschenfeldt". Am 6. Februar 1635 heiratete dann der Sohn der beiden, "Hans Sebald von der Sottersmühl" eine "Magdalena von Engelsberg" (heute Engelhardsberg). Man beachte die unterschiedlichen Schreibweisen der Schottersmühle.
Jener Hans Sebald könnte also der Müllernachfolger gewesen sein. Etwa fünf Jahrzehnte später finden sich dann Müller der Schottersmühle namens Sebald in den evangelisch-lutherischen Kirchenbüchern der Pfarrei Muggendorf.
Am 28. Juli 1708 begeht der Schottersmüller Johann Sebald Selbstmord. Auch davon zeugt ein Eintrag im Kirchenbuch von Muggendorf. Damit endete wahrscheinlich nach drei Generationen die Ära der Familie Sebald auf der Schottersmühle. Die beiden nächsten Müller hießen Georg Merz und Heinrich Distler.
1791 wurde die Schottersmühle von einem Georg Persau aus Kötteinsdorf für seinen Sohn Johann gekauft. Die hugenottische Familie Persau war Ende des 17. Jahrhunderts aus Frankreich nach Deutschland gekommen. Der Name Persau beziehungsweise Bergeat bleib dann über fünf Generationen auf der Mühle. Die meisten Müller der Familie Persau hießen Johann mit Vornamen. Der erste Müller Johann Persau hatte nach Aussage seines Enkels Andreas mit behördlicher Genehmigung den ursprünglichen Familiennamen Bergeat wieder eingeführt. Laut Seidel-Rüfer gab es auch in der Bergeat-Familie bewegende Schicksale. Der zweite Sohn Johann Bergeat, geboren 1822, starb schon mit 32 Jahren. Seine Witwe musste so schnell wie möglich wieder heiraten und so wurde deren zweiter Mann Johann Stengel der neue Müller. Dieser machte jedoch viel Ärger, denn er versuchte, die Mühle in den Besitz seines Sohnes zu bringen — und er war Alkoholiker. Stengel hatte Glück, denn 1868 wurde die Straße zwischen Doos und Behringersmühle gebaut, direkt an der Schottersmühle vorbei.
Konzession zum Ausschank
Dadurch kamen immer mehr Reisende in die Gegend und Stengel erhielt 1869 die Konzession zum Ausschank von Getränken und zur Verabreichung von Speisen. Dies war die Geburtstunde des heutigen Gasthauses und beliebten Ausfluglokals Schottersmühle.
1877 ging die Mühle trotz allen Widerständen Stengels wieder an den rechtmäßigen Besitzer Andreas Bergeat über — und es begann eine gastronomisch fruchtbare Zeit mit vielen fremden Besuchern, wie die erhaltenen Gästebücher beweisen. Auch die Studentenverbindung "Fridericiana" aus Erlangen hatte die Schottersmühle entdeckt und zu ihrer Exkneipe erkoren. Die ersten Ansichtskarten der Schottersmühle entstanden.
1911 übernahm Andreas Bergeats Sohn Johann die Mühle. Da sein einziger Sohn noch in seinem Geburtsjahr 1915 starb, endete wenig später auch die Ära der Bergeats auf der Schottersmühle. Johann Bergeats Tochter Kunigunde erbte die Mühle und heiratete 1937 den Bauern Ludwig Schäfer aus Gösseldorf, der neuer Schottersmüller wurde. Dessen Sohn Johann Ludwig Schäfer erbte die Mühle im Jahre 1963. Da er 1968 schon im Alter von 24 Jahren starb, blieb er der letzte Müller auf der Schottersmühle. Die Räder der Getreidemahlanlage blieben für immer stehen.
Grabplatten an der Basilika
Das Gasthaus war aber nach wie vor eine Institution. Des letzen Müllers Geschwister Helmut und Maria Hildegard führten mit ihren Ehepartnern den Gastronomiebetrieb bis 1979 weiter, unterstützt von Anna Bergeat, einer gebürtigen Schirmer. An der Fassade der Basilika in Gößweinstein befinden sich noch heute die Grabplatten der Familie Bergeat von der Schottersmühle. Im Herbst 1979 wurde das Anwesen von den letzten Schäfers an die Familie Mai aus Waischenfeld verkauft. Dabei wurde laut Karlheinz Martini der Besitz der Schottersmühle zerstückelt da Adolf Mai nur die Mühle erwarb. Das Wasserkraftwerk und das Fischwasser gingen an andere Eigentümer über.
Wie es der Zufall wollte, fuhr ein Isländer namens Ragnar Arnason mit seiner Frau Birgitte, einer Dänin, an der Schottersmühle vorbei und rastete. Die Schottersmühle gefiel den Arnasons so gut dass sie 1989 das Anwesen kauften und von 1999 bis 2000 grundlegend renovierten. Seitdem sind Ragnar und Birgitte Arnason die neuen Schottersmüller, aber nur selten in der Schottersmühle zu Gast.
Seit neun Jahren führen Heidi Schramm-Krause und ihr Mann Achim Schramm, die zuvor in Gößweinstein ein Gasthaus gepachtet hatten, den Gasthof Schottersmühle. Heute steht die Schottersmühle ebenso wie das von Johann Bergeat im Jahre 1836 erschaffene Kreuz vor der Mühle unter Denkmalschutz.
ZIm Rahmen des Festjahres "650 Jahre Schottersmühle" sind von den Pächtern mehrere Veranstaltungen geplant: Es gibt Fliegenfischerkurse mit Winfried Kellermann am 22. und 23. Juli, eine geführte Bikertour am 5. August und eine geführte Bierwanderung mit Klaus Heinlein am 19. August. Am 16. September folgt ein großes Familienwochenende für Eltern und Kinder. Alle Veranstaltungen sind kostenlos, freiwillige Spenden gehen ausnahmslos an die beiden Kindergärten der Gemeinde Wiesenttal.
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