Pendler-Chaos durch Streik: Zugverkehr normalisiert sich
10.12.2018, 15:23 UhrEs wird ungemütlich, das ahnte die Bahn bereits im Vorfeld. Und tatsächlich: Der Zugverkehr im ganzen Land war am Montagmorgen ab 4 Uhr stark beeinträchtigt. Vor allem Bayern inklusive Franken traf es: Hier verließ bis auf wenige Ausnahmen kein einziger Zug einen Bahnhof. Auch der S-Bahn-Betrieb war lahmgelegt. Der Zugverkehr wurde im Großraum Bayern komplett eingestellt. Wie ein Sprecher der Deutschen Bahn am Montag mitteilte, verkehrten auf der Münchner Stammstrecke zwischen Pasing und Ostbahnhof zumindest drei Ersatzzüge.
Schuld war der Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Daran beteiligten sich in Nürnberg etwa 550 Angestellte. Rund 100 von ihnen zogen außerdem gegen 7 Uhr in einem Demonstrationszug um den Nürnberger Hauptbahnhof. Mit Tröten und Plakaten verleihten sie ihrem Standpunkt Ausdruck. Im Karl-Bröger-Zentrum unweit des Hauptbahnhofes richtete die Gewerkschaft außerdem eine Sammelstelle ein. Aus dem Umfeld der Streikenden war zu vernehmen, dass sie sich zuerst auf Stellwerke und Werkstätten konzentrierten.
Matthias Birkmann, Geschäftsstellenleiter der EVG Nürnberg, freut sich über eine "sehr, sehr hohe Streikbeteiligung". Von einem Erfolg will er jedoch nicht sprechen: erst dann, wenn sich die Verhandlungspartner auf einen Abschluss einigen können.
Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf den Streik seien gemischt, erklärt Matthias Birkmann. Es gebe negative wie auch positive Rückmeldungen. "Ich kann die Wut der Pendler absolut verstehen." Aber ein Streik, der niemanden trifft, sei kein richtiger Streik. Täglich würden die Beschäftigten alles geben, betont er. Doch eine Wertschätzung vonseiten der Arbeitgeber vermissen sie. Deshalb habe die EVG keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als zum äußersten Mittel zu greifen.
Die Gewerkschaft zeigte sich am Montagmittag wieder gesprächsbereit. Am Dienstag gehen die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn weiter. "Unser oberstes Ziel ist, am Verhandlungstisch ein Ergebnis zu erreichen", sagte Regina Rusch-Ziemba, die Verhandlungsführerin der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Der vierstündige Ausstand traf am Montag Millionen Reisende und Pendler hart. Tausende EVG-Mitglieder hatten am Montagmorgen die Arbeit niedergelegt und den Zugverkehr vielerorts nahezu zum Erliegen gebracht. Mit dem Ausmaß der Aktion handelte sich die Gewerkschaft auch Kritik ein.
Diese massive Form der Streiks halte er für überzogen, weil es keine rechtzeitige Ankündigung gegeben habe, sagte Karl-Peter Naumann, der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, der Rheinischen Post. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte im Handelsblatt für Warnstreiks eine Ankündigungspflicht von vier
Tagen.
"Wir halten den Warnstreik für verhältnismäßig", verteidigte der EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal den Ausstand. Die Mitglieder hätten die Aktionen zum großen Teil selbst gesteuert. "Es gab einen große Bereitschaft, weil es auch einen großen Unmut gab."
Tarifverhandlungen geplatzt: Das steckt hinter dem Streik
Hintergrund des Streiks sind die geplatzten Tarifgespräche zwischen der Gewerkschaft EVG und der Bahn. Bereits am Samstag gingen beide Parteien in Hannover ohne ein Ergebnis auseinander. Die Bahn spricht von einer "völlig überflüssigen Eskalation" und schiebt die Verantwortung der Gewerkschaft zu. "Bei diesem Angebot den Verhandlungstisch zu verlassen, ist nicht nachvollziehbar und verunsichert völlig unnötig unsere Kunden mitten in der Weihnachtszeit", erklärte Personalvorstand Martin Seiler. Die EVG hingegen kritisiert das Lohnangebot der Konzernspitze als deutlich zu niedrig.
Man wolle erst wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn die Bahn deutlich nachbessere, sagte EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal. "Die jetzt angekündigten Warnstreiks werden nicht mehr zu verhindern sein, unsere Mitglieder sind hochmotiviert." Die Gewerkschaft vertritt rund 160.000 Beschäftigte und ist damit deutlich größer als die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die etwa 34.000 Mitglieder vertritt. Die jedoch hält sich bislang zurück und will am kommenden Dienstag erneut mit der Bahn verhandeln.
"Die erzielten Teilergebnisse rechtfertigen die Fortsetzung der Verhandlungen", sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Man habe Fortschritte bei der Gestaltung der Schichtpläne erzielt und sich auf die Höhe der Feiertags- sowie Nachtzulagen verständigt. Nach Bahn-Angeboten habe man zudem eine Entgelt-Erhöhung von insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen sowie eine Einmalzahlung von 500 Euro angeboten. "Wenn, dann rappelt die Kiste im neuen Jahr", sagte Weselsky.
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