Die Sehnsucht nach Frieden
15.11.2015, 17:38 UhrDie Tradition in der Gegenwart ankommen zu lassen, das hatte sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Gemeinderats, der Kirchen und Vereine in der Rezatgemeinde Georgensgmünd für den diesjährigen Volkstrauertag zum Ziel gesetzt. Einige neue Elemente sollten der 1919 ins Leben gerufenen, bundesweiten Gendenkveranstaltung für die Kriegsopfer ihrem Ursprungsgedanken wieder näher bringen: der Solidarität.
Gerd Berghofer, der als Moderator selbst Teil der „akzentuierten Veränderungen“ war, wies zunächst nicht nur auf die lange Geschichte dieses Tages hin. Er stellte vor allem dessen eigentlichen Kerngedanken heraus: Der Beweggrund hinter dem Volkstrauertag bestehe nicht in „angeordneter Trauer“. Vielmehr habe von Anfang an die gemeinsame „Solidaritätsbekundung“ im Zentrum gestanden. Der Solidarität und des Mitgefühls derjenigen, die von dem Verlust eines geliebten Menschen im Krieg verschont geblieben sind, mit den Hinterbliebenen der Toten. Traditionelle Elemente wie die Kranzniederlegung und die militärische Ehrenwache seien wie Denkmäler äußere Zeichen des Gedenkens und der Erinnerung. Letztlich verbinde der Volkstrauertag aber drei „gleichberechtigte Aspekte: einen militärischen, einen politischen und einen gesellschaftlichen.“
Zugleich wies er darauf hin, dass „dieser Tag kein rückwärtsgewandter Tag ist.“ Denn seit Ende des Zweiten Weltkriegs sei kaum ein Tag ohne kriegerische Auseinandersetzung vergangen. Terroristische Anschläge wie zuletzt in Frankreich oder durch Kriege verursachte Flucht und Vertreibung gehörten noch immer zu dieser Welt. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass auch deutsche Soldaten in Kriegen und Konflikten ihr Leben für den Frieden riskieren. Überhaupt müsse man sich eine Sache immer wieder ins Bewusstsein rufen, so Berghofer weiter: „Frieden ist nicht selbstverständlich. Doch nur der Frieden kann die Zukunft sichern, und nur die Lebenden können sich dafür einsetzen.“
Dann folgte die zweite Neuerung: Vertreter verschiedener Generationen teilten mit den Zuhörern ihre Gedanken und Sichtweisen zum Volkstrauertag. Den Anfang machte Hans Meier als Repräsentant der „Kriegsgeneration“. Der 89-jährige Gmünder, der 1943 in die Wehrmacht eingezogen und in Danzig, Pommern und Ostpreußen eingesetzt worden war, erzählte vom Krieg, dem Leben in russischer Gefangenschaft, von Elend und Tod. Wie ihn die Erinnerung daran auch heute noch aufwühlt, war deutlich zu spüren. Und mit Blick auf das Kriegerdenkmal, neben dem er stand, meinte er: „Der Herrgott hat seine Hand über mich gehalten, sonst wäre ich auch unter den Namen, die hier aufgeführt sind.“
Eine ähnlich erschütternde Perspektive auf das Thema Krieg wurde im Vortrag von Mazen Al-Harah, einem 26 Jahre alten Studenten, deutlich. Der junge Syrer erzählte, wie er vor Krieg und Terror aus seiner Heimat Damaskus geflohen und vor drei Monaten über die Balkanroute nach Deutschland gekommen war. Neben dem Dank für die Zuflucht in Deutschland sowie die Aufnahme in Georgensgmünd stellte er im selben Atemzug klar, dass es ihn trotz allem wieder in seine Heimat zurückziehe. Er wolle in Frieden und Sicherheit leben und sein Studium beenden.
Dass der Volkstrauertag vielen Jugendlichen primär als stiller Feiertag und damit als ein Tag, an dem Tanzverbot herrsche, begegne, darauf wies Antonia Bimmüller hin. Die eigentliche Bedeutung und die Hintergründe seien demgegenüber oft unverständlich. Nichtsdestotrotz seien solche Tage wichtig, sagte die 19-Jährige, denn der Friede sei die gemeinsame Verantwortung aller. Aus ihrer Sicht sei dieser Tag „eine Aufforderung, alles für den Frieden zu tun.“
Pfarrer Martin Kraus spannte den Bogen zu den schrecklichen Anschlägen in Paris Freitagnacht. Auf die Frage, warum Gott so etwas zulasse, falle auch ihm eine Antwort schwer, gestand er ein. Dennoch könnten die Menschen ihre Wut und Verzweiflung vor Gott bringen und um Hilfe bitten. Zugleich rief er im Gebet dazu auf, sich „nicht von der Menschenverachtung anstecken“ zu lassen, die mancherorts um sich greife.
Bevor die Nationalhymne die Veranstaltung beendete, legte eine Abordnung der Krieger- und Reservistenkameradschaft Georgensgmünd zusammen mit Bürgermeister Ben Schwarz einen Kranz vor dem Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Bürger der Gemeinde nieder. Für den angemessenen musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgten der Volkschor Georgensgmünd sowie das Blasorchester der Rezatgemeinde.
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