Herbstjagd in Treuchtlingen: Teamwork mit Pferd und Hund
15.09.2020, 06:04 Uhr
Es ist die erste größere Veranstaltung des Vereins überhaupt seit Beginn der Pandemie, und entsprechend groß ist die Resonanz. Mit 25 Teilnehmern sind fast doppelt so viele Reiter wie im vergangenen Jahr dabei. Die Zuschauer fehlen dagegen aufgrund des Infektionsschutzes diesmal gänzlich.
Als die Reiter auf dem Vereinsgelände in Gstadt eintreffen, bleiben sie deshalb unter sich. Aus dem gesamten Landkreis und teils weit darüber hinaus sind sie angereist – einige aus Herrieden, andere aus Ingolstadt. Den Weg von Bayreuth bis in die Altmühlstadt hat Thomas Harting auf sich genommen. Er genießt unter anderem die breite Palette an Pferderassen, die sich hier zur Jagd präsentieren: "Vom Irish Hunter bis zum schweren Warmblut ist alles vertreten", schwärmt der Oberfranke, als er sich bei Gabriele Dreger anmeldet. Sie ist die Schriftführerin des Reitvereins, für den sie zugleich die Schleppjagden organisiert.
Derweil dringt Hundegebell hinüber zur Reithalle: Die "Frankenmeute" ist eingetroffen. Der Schleppjagdverein ist mit seinen Beagles an zwei Standorten zuhause: Im unterfränkischen Bad Königshofen und in Adelsdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt befindet sich jeweils ein sogenanntes "Kennel". Die Trennung ist zwar unüblich, aber dafür "sehr dicht an der Tradition dran", weiß Harting. Denn in früheren Zeiten seien die Hunde stets auf mehrere Bauernhöfe verteilt gewesen, von wo man sie dann zur Jagd geholt habe.
Multinationale Tradition
Im Gespräch fällt Hartings schmuckes Reitgewand ins Auge. "Die Tracht ist französich, wir reiten mit Beagles auf die englische Art, und das in deutschen Landen", verweist Jagdmaster Uwe Hochbrückner auf die multinationale Tradition des Spektakels.
Die Rolle der Jagdherrin übernimmt diesmal Bürgermeisterin Kristina Becker. Sie ist zwar seit der Kommunalwahl im Frühjahr neue Chefin im Treuchtlinger Rathaus, beim Reitverein sei sie aber neben der Zugehörigkeit zum Vereinsrat "meistens beim Stalldienst zu finden", erklärt sie. Umso mehr sei sie erfreut, an diesem Vormittag "so viele gut gekleidete Reiter zu sehen". Diese antworten mit einem "dreifachen Horrido".
Und dann geht es auch schon los. Die Jagdhornbläser der "Schanzer Parforce" aus Ingolstadt blasen zum "Halali". Mit dabei ist der Emetzheimer Wilhelm Curdes, der im November seinen 70. Geburtstag feiert. Über einen Bläserlehrgang fand er zu der Bläsergruppe, bei der er seit 1998 aktiv ist. Durch sie habe er "erst so richtig Spaß an dieser Art des Musizierens bekommen", sagt Curdes, bevor er wieder zum Instrument greift.
Springen und schnuppern
Nach dem Signal "Aufbruch zur Jagd" machen sich auch die Bläser auf den Weg. Denn sie sind mit ihrer Musik diesmal erstmals nicht nur am Start, sondern ebenso entlang der Strecke live mit dabei. Die Reiter genehmigen sich unterdessen beim Einreiten den "Bügeltrunk" in Form von Zwetschgenschnaps.
Für die Hunde heißt es nun eifrig schnuppern. Es gilt, das sogenannte Trittsiegel des Führungspferds zu verinnerlichen, um diesem dann später nachjagen zu können. Bei vielen ähnlichen Veranstaltungen sorgt die Duftspur (Schleppe) eines Beutetiers für Orientierung. Dass die Frankenmeute darauf verzichtet, ist fast schon ein Alleinstellungsmerkmal.
Bei angenehmen Temperaturen um die 18 Grad reiten Lisa Meyer vom Reitverein und Franz Rettenmaier von der Frankenmeute los, bis sie außer Sichtweite sind. Die Beagles nehmen dann die Fährte auf und weisen so den verfolgenden Jagdreitern den Weg. Auf diesem müssen sie zusätzlich verschiedene Hindernisse überwinden.
Über Graben, Grönhart und Holzingen führt die Tour nach Kattenhochstatt und zum Trommetsheimer Berg. Nach einer Rast geht es an der Altmühl entlang nach Bubenheim, wo Hunde und Pferde in der Brücke ein gemeinsames Bad im Fluss nehmen. Insgesamt ist der Tross rund dreieinhalb Stunden unterwegs, während denen das Thermometer auf 25 Grad klettert.
Disziplinierte Vierbeiner
Wieder an der Reitanlage in Gstadt angekommen, stärken sich alle Teilnehmer bei belegten Semmeln und kühlen Getränken – dass eigentliche Jagdessen ist ebenfalls der Pandemie zum Opfer gefallen. Für die Hunde gibt es zum Abschluss noch einen ganzen Pansen – über den sie sich allerdings erst hermachen dürfen, nachdem Uwe Hochbrückner mit dem Rufhorn das Signal gegeben hat. Die Beagles beweisen äußerste Disziplin, doch nach dem Erklingen gibt es kein Halten mehr.
Als Andenken nehmen die Teilnehmer einen "Jagdbruch" mit nach Hause: einen Strauß bunter Beerenzweige. Einen Sieger im eigentlichen Sinn gibt es nicht. "Wir haben alle gewonnen, weil die Jagd unfallfrei verlaufen ist und überhaupt stattgefunden hat", so Gabriele Dregers Fazit.
Nun hofft der Verein, dass auch sein Reitturnier im Oktober stattfinden kann. Die Frankenmeute ist schon am Tag nach der Herbstjagd wieder in Aschaffenburg unterwegs. Und bald geht es dann nach Gunzenhausen zur Kerwa-Jagd.
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