Weltweiter Erfolg der Spielzeugpuppe
Alles Pink im Kinosaal: Im "Barbie"-Hype wird das Outfit zum Lebensgefühl - auch in Nürnberg
15.8.2023, 12:22 Uhr
Pinke T-Shirts, Hosen, Handtaschen, Haarbänder, Handyhüllen oder sonstige Accessoires - wer in den vergangenen Wochen in ein fränkisches Kino wie das Cinecittà in Nürnberg gegangen ist, konnte relativ schnell identifizieren, wer sich Karten für den neuen "Barbie"-Film gekauft hat. Die Farbe Pink erlebt gerade ein Comeback. Vergessen der Hass und die Häme, die die Paris Hiltons und Daniela Katzenbergers dieser Welt noch vor einigen Jahren abbekommen haben und als "Püppchen" bezeichnet wurden, oder wie viele Filme auf die zickige Blondine in Rosa als Antagonistin gesetzt haben.
Jetzt ist aber alles anders. Der "Barbie"-Film von Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig (40) macht es möglich: Sich besonders feminin zu geben ist mittlerweile cool geworden - ganz ohne die Einschränkung, dadurch eindimensional zu sein. "Barbie" ist für viele eine Anregung, sich in der Darstellung ihrer Weiblichkeit nicht mehr zurückzuhalten. Auf diese Weise rechnen sie mit dem Patriarchat und der Unterdrückung der Frau ab. Mit "Barbie" erreicht der Pop-Feminismus wohl seinen bisherigen Höhepunkt.
Der Hype um den "Barbie"-Film startete schon Wochen vor der Filmpremiere. Viele haben sich auf eine szenisch beeindruckende, aber ansonsten vielleicht seichte Komödie gefreut. Seit knapp einem Monat läuft der Film nun schon in den deutschen Kinos. Auf Social-Media ist der Hype noch lange nicht vorbei. Viele Fans berichten, dass sie "geheilt" oder zumindest auf eine Art erlöst aus diesem Film rausgekommen seien. Einige erzählen, dass sie sich jetzt wieder etwas zurückholen könnten, was abgewertet und verloren schien. Anderen wiederum ist der Film viel zu überladen, platt und von Stereotypen durchtränkt.
"Barbie" verbindet
Pink ist das allgemeine Erkennungszeichen für "Barbie"-Filmbesucherinnen und Filmbesucher. "Man hat so ein ganz tolles Gemeinschaftsgefühl gehabt. Alle haben irgendetwas Pinkes getragen und alle haben sich gegenseitig angelächelt, wenn sie gesehen haben, dass die anderen auch etwas Pinkes trugen", sagte etwa eine 25-jährige Kinobesucherin in Berlin. Der Film habe sie berührt, und an einigen Stellen habe sie auch ein bisschen geweint.
Kritiker des Films kritisieren den "Mainstream-Feminismus", der keine tatsächlichen Lösungen anbiete. Dennoch: Es wird eine Sichtbarkeit geschaffen und weckt bei Frauen Gefühle der "girlhood", dass sie zusammengehören. Feministischer als der "Barbie"-Film ist es im deutschen Mainstream-Kino nur selten - der Erfolg spricht für sich: Nach nur drei Wochen spielte der Film weltweit mehr als eine Milliarde Dollar (rund 910 Millionen Euro) ein. Greta Gerwig ist damit die erste Regisseurin, der das gelungen ist. Dem deutschen Kinoverband zufolge wurden in Deutschland bis Sonntag (13. August 2023) 4,05 Millionen Kinotickets verkauft.
Der Erfolg ist nicht nur gefühlt
Über den Erfolg freut sich der Vorsitzende der Gilde deutscher Filmkunsttheater (AG Kino), Christian Bräuer. "Der große Erfolg ist ja jetzt über eine Internet-Bewegung entstanden, hauptsächlich über soziale Medien. Das Phänomen haben die Zuschauerinnen und Zuschauer erschaffen und nicht das Filmstudio."
Das Marktforschungsunternehmen "GfK Entertainment" hat unlängst mitgeteilt, dass der Film das Merchandising-Geschäft mit Barbie in Deutschland beflügelt habe - 19 Prozent mehr Lizenzartikel seien seit dem Filmstart verkauft worden.
Die Barbie-Marke Mattel selbst macht zu aktuellen Verkaufszahlen zunächst keine Angaben, in den letzten beiden Quartalen vor der Filmpremiere wurde jedoch ein international sinkender Trend vermeldet. Gerade deswegen kommt der Film wohl auch zum richtigen Zeitpunkt.
"Die Tatsache, dass Barbie weiterhin relevant und beliebt ist, zeigt uns, dass unsere Bemühungen, eine Puppe zu schaffen, die Empowerment, Kreativität und Spaß fördert, erfolgreich sind", sagte eine Sprecherin des deutschen Ablegers von Mattel. Besonders gefragt seien die Barbies, die die Diversität der Gesellschaft abbilden. Mehr als die Hälfte der zehn beliebtesten Barbies weltweit waren nicht weiß.
AG-Kino-Chef Bräuer betont, dass auch die Besucherinnen und Besucher dieses Films in den Arthaus-Kinos sehr divers seien. "Der Film über eine blonde, weiße Frau hat es geschafft, ein sehr diverses Publikum anzusprechen - Junge, Ältere, Alternative, Queere, People of Color und so weiter. All diese Menschen kommen zusammen, um gemeinsam von einer neuen, verbesserten Gesellschaft zu träumen", so Bräuer.
Diese Aussage bestätigt sich beim Blick in den rappelvollen Kinosaal des Cinecittàs: Nach der Vorstellung geben die Besucherinnen und Besucher lautstarken Applaus, einige jubeln gar. Gut gelaunt geht es Pink in den Abend. Wann hat das ein Film zuletzt geschafft?