CES 2020: Das zeigen die Autohersteller in Las Vegas

8.1.2020, 21:22 Uhr
CES 2020: Das zeigen die Autohersteller in Las Vegas

© Hersteller

Schon seit einigen Jahren geht das jetzt so: Automobilhersteller drängen sich unter jene Klientel, die das Megaspektakel der Consumer Electronics Show CES als ihr ureigenes Revier betrachtet und dort das Allerneueste an Unterhaltungselektronik, Smartphones, Highend-Haushaltsgeräten oder Smart-Home-Lösungen zeigt. Die Berechtigung zur Präsenz auf der CES leiten die Fahrzeugproduzenten aus dem zunehmend validen Umstand ab, dass sich das Auto zum vielzitierten Smartphone auf Rädern entwickelt hat - zum Supercomputer mithin, der letztlich nur noch ein Chassis als Hülle bekommt und mit vier Rädern versehen wird.

Sony dreht den Spieß um

Im Januar 2020 dreht einer der Big Player aus der Elektronikbranche den Spieß allerdings kühl um. Sony zeigt dem verblüfften CES-Publikum ein veritables und sehr ansehnliches E-Auto namens Vision-S - bis unter die coupéhaft abgeschrägte Dachlinie ausgerüstet mit supermoderner Software, Lidar-Sensoren, Kameras, Fahrassistenzsystemen und Entertainment für die vier Passagiere. Hilfestellung haben unter anderem Magna Steyr, ZF, Bosch, Continental und Nvidia geleistet.

Der Vision-S dürfte indes ein Prototyp bleiben, es ist nicht anzunehmen, dass Sony tatsächlich Autos bauen will. Aber das Exponat sendet ein unmissverständliches Signal an die klassischen Fahrzeughersteller aus: Einmal mehr wird ihnen demonstriert, wie und wohin sich in ihrem Business die Kernkompetenzen verlagern.

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Hollywood lässt grüßen

Das weiß auch Daimler-Chef Ola Källenius, dem der Sony-Kollege Kenichiro Yoshida mit seinem Überraschungs-Coup durchaus etwas die Schau gestohlen hat. Dabei setzt Mercedes in Las Vegas doch gerade auf die angemessenen Show-Effekte: Das futuristische Concept-Car "Vision AVTR" ist in Zusammenarbeit mit den Machern des Hollywood-Streifens "Avatar" entstanden und organisiert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine auf neuen Wegen – der Luxusliner erkennt beispielsweise den Fahrer an seiner Atmung. Die komplett kompostierbare Batterietechnologie auf Basis organischer Zellchemie soll zudem einen zentralen Kritikpunkt an der Elektromobilität ausräumen.

Audi bestellt das Abendessen

Audi wiederum zeigt mit dem AI:ME die "empathische" Studie eines Autos, das dank Künstlicher Intelligenz (KI) via Blicksteuerung das Abendessen bestellt. Künstliche Intelligenz beherrscht auch das Konzept BMW "i Interaction Ease", das einen Ausblick auf den Innenraum des autonomen und vollständig vernetzten Autos der Zukunft gibt.

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© Ford

Hondas CES-Exponat heißt "Augmented Driving Concept" und ist ein Cabriolet, das den nahtlosen Übergang vom autonomen zum halbautonomen Fahrbetrieb ermöglicht. Der "Airflow Vision" von FCA (Fiat Chrysler Automobiles) setzt die Vorstellung eines viersitzigen Reisegefährts mit vollständig digitalem Cockpit um. Und Ford zelebriert zusammen mit dem amerikanischen Unternehmen "Agility Robotics" den Auftritt eines humanoiden Roboters mit Armen und Beinen, der bei Lagerhaltung und Warenlieferung helfen soll.

Automobile Serienneuheiten, wie sie zum Jahresauftakt stets in der benzingeschwängerten Atmosphäre der inzwischen in den Sommer verlagerten Detroit Motor Show gezeigt wurden, machen sich rar in Las Vegas. Jeep stellt Wrangler, Renegade und Compass als Plug-in-Hybride vor und macht die Technologie durch die Zusatzbezeichnung "Jeep 4xe" kenntlich. Der "M-Byte" des chinesischen Start-ups Byton fasziniert mit seinem megabreiten Display, allerdings hat man das Elektro-SUV inzwischen schon auf vielerlei Automobil-Ausstellungen gesehen, es wird Zeit, dass die Chinesen endlich in die Gänge kommen. Angeblich liegen für den M-Byte (Preis: ab 45.000 Euro) bereits 60.000 Vorbestellungen vor.

Elektro-SUV zum Kampfpreis

Auch Fisker beteuert, sein Elektro-SUV "Ocean" - mit Solarzellen im Dach und Mobiliar aus Recyclingmaterialien - bald auf die Straße zu bringen, der (Kampf-)Preis soll 37.500 Dollar (umgerechnet knapp 33.800 Euro) betragen.

Die Messe von Las Vegas ist aber auch eine Bühne für die Zulieferer, die im Zuge der Digitalisierung eine neue Bedeutung erlangt haben. Die Elektromobilität kostet bei Bosch einerseits Arbeitsplätze, andererseits aber rücken Innovationen wie eine intelligente Datenbrille oder die digitale Sonnenblende buchstäblich ins Blickfeld: Beim "Virtual Vizor" handelt es sich um ein transparentes Display mit integrierter Kamera, dessen Software die Position der Augen erkennt und nur jenen Bereich abdunkelt, aus dem die Sonne den Fahrer sonst blenden würde.

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© Continental

ZF präsentiert die halbautomatisierte Fahrerassistenzplattform "CoAssist" und in Kooperation mit Faurecia außerdem ein "intuitives Cockpit" für autonome Autos. Continental wiederum ersetzt Außenspiegel durch Kameras, macht den Fahrzeugboden virtuell durchsichtig und gibt eine Kooperation mit dem Soundspezialisten Sennheiser bekannt, der ein lautsprecherloses Audiosystem mit 3D-Effekt entspringen soll.

Hyundai geht in die Luft

Besonders weit in ihren Zukunftsvisionen gehen Hyundai und Toyota. Hyundai entwirft die Vision einer Mobilitätswelt namens "Urban Air Mobility", in der ein Volocopter namens "Personal Air Vehicle" (PAV) eine zentrale Rolle spielt. Und Toyota kündigt nichts weniger als den Bau einer ganzen Stadt an – in "Woven City" werden Menschen, Gebäude und autonome Autos intelligent miteinander vernetzt. 2021 soll Baubeginn sein – mitunter liegt die Zukunft schon sehr nah.

Ulla Ellmer

 

 

 

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