Dacia Spring: Elektrisch geht auch günstig

10.4.2021, 15:35 Uhr
Dacia Spring: Elektrisch geht auch günstig

© Hersteller

Als Billigmarke will sich Dacia schon lange nicht mehr etikettiert wissen. Lieber hört man bei der rumänischen Renault-Tochter das höflichere Wort vom Budget-Hersteller. Und tatsächlich haben es Erfolgsmodelle wie Sandero oder Duster nicht verdient, als Billigheimer abqualifiziert zu werden, denn was sie zu günstigen Preisen bieten, ist alles andere als Klapperkisten-Niveau.

Kostspieligkeiten wie Hybrid- oder gar Plug-in-Hybridtechnologie dient Dacia seinen Kunden nicht an, sie passen nicht zur preissensiblen Philosophie der Marke. Aber: Noch in diesem Herbst wird ein rein batteriebetriebenes Modell Fahrt aufnehmen. Mutter Renault kann schließlich auf eine langjährige E-Expertise zurückgreifen, der Exkurs ins Elektrische war im Falle Dacia folglich mit vertretbarem Aufwand umzusetzen. Auch die Sache mit der Preissensibilität bleibt unangetastet: Zielsetzung sei es gewesen, den Spring zum "günstigsten Elektroauto auf dem Markt" zu machen, sagt Jennifer Beckmann, die in Deutschland das Dacia-Produktmarketing leitet. Dazu später mehr.

Robustes Outfit

Ein recht kleiner Kerl ist er, der Spring, gerade einmal 3,73 Meter misst er in der Länge, damit lässt er einen VW Up nur um 13 Zentimeter hinter sich. Doch auch solch knuffige Kürze verträgt ein SUV-Outfit:  Dachreling, robuste Beplankungen, optischer Unterfahrschutz, leicht erhöhte Bodenfreiheit – alles da, was ein Stadtindianer braucht.

Dacia Spring: Elektrisch geht auch günstig

© Hersteller

Das elektrische Baby-SUV wartet an der Ladesäule, wir nähern uns mit Wohlwollen. Was wissen wir bereits? Beispielsweise, dass der Spring ursprünglich für den indischen Markt entwickelt worden ist und dort Kwid heißt. In China ist dann die Elektrifizierung zum KZ-E erfolgt. Als Dacia Spring nutzt der kleine Wagen einen 27,4-kWh-Akku, der wiederum einen Elektromotor mit 33 kW/44 PS versorgt.

Zuhause im urbanen Umfeld

44 PS – da fällt der Autorin dieser Zeilen spontan jene Zeit ein, die sie dereinst mit einem VW Käfer 1302 verbracht hat. Kann eine solch bescheidene Leistung heute noch reichen? Der Spring sei ein "City-Auto", sagt Jennifer Beckmann dazu, und Pressesprecher Thomas May-Englert sieht in dem Kleinen gar eine "Alternative zum Smart". Wir haben verstanden, die Heimat des Spring ist das urbane Umfeld, nicht die Weite einer Fernreise. Zum Kurzstrecken-Stromern durch die Stadt passt dann auch die Reichweite, nach WLTP-Standard liegt sie bei 230 Kilometern, speziell in der City sollen bis zu 305 Kilometer möglich sein.

Wir steigen ein. Aha, der Innenarchitektur ist schon eher anzusehen, wo der günstige Preis herkommt. Einfache Materialien, schlichter Kunststoff all around, vergeblich tasten die Hände nach einer Höhenverstellung für Lenkrad und Fahrersitz, ein schlichter Drehregler widmet sich den Fahrstufen D, N und R – und P, wo ist P? Gibt’s nicht, "Neutral" und die Handbremse müssen es beim Abstellen richten. Auch den Kfz-Schlüssel, den wir in Erwartung eines Startknopfs in die Ablage geschludert haben, kramen wir schnell wieder hervor, denn gestartet wird per Dreh im "Zündschloss".

Dacia Spring: Elektrisch geht auch günstig

© Hersteller

270 Liter Kofferraum

Blick nach hinten: Der Fond bietet Platz für zwei Personen, die Rücksitzlehne lässt sich nur einteilig umlegen, das 270-Liter-Kofferräumchen wächst dann auf 1100 Liter.

Soviel also zu den schlichten Seiten des Spring. Er hat aber auch andere: Zwei halbrunde Skalen nehmen ein kleines Digital-Display in die Mitte, die Kombination liefert die wichtigste Fahrinformationen, einschließlich elektro-relevanter Details wie Batterieladestand und verbleibender Reichweite. Putzig finden wir die Bezeichnung "Econometer" für die Skala links, sie signalisiert die Fahrzustände Power, Eco, Neutral und Charge. Das Topmodell "Comfort Plus" bekommt serienmäßig das Infotainment "Media Nav Evolution" mit 7-Zoll-Touchscreen und Smartphone-Anbindung, auch die Ladestationen in der Umgebung werden angezeigt, desgleichen das Bild der Rückfahrkamera – ja, auch die gibt es für den Spring.

Überraschend munter

Zeit, zu fahren: Das Elektromotörchen mit seinen 44 PS beantwortet die anfängliche Skepsis mit überraschend munterer Spurtkraft, viel Gewicht gibt es schließlich nicht in Bewegung zu versetzen, der Spring bringt es gerade einmal auf 1045 Kilogramm. Für Hetzjagden ist der kleine Dacia nicht gemacht, aber brav im Verkehr mitzuschwimmen, das kriegt er locker hin. Wir wagen uns auf die Autobahn und geben entschlossen "pedal to the metal", 130 km/h lesen wir vom Tacho ab, mehr geht nicht, tatsächlich lautet die Werksangabe auf 125 km/h. Und fürs Protokoll: Der Standardsprint von 0 auf 100 km/h erfolgt in 19,1 Sekunden.

Auch fahrtechnisch sollte man keine Wunder erwarten. Ein hohes Maß an Fahrstabilität, Lenkpräzision und Komfort sieht anders aus, maroden Straßenzuständen begegnet der Spring nur mit begrenzter Effektivität, die spätwinterlichen Seitenwindböen sind nicht seine Freunde. Das hört sich aber unerquicklicher an, als es tatsächlich ist. Denn man gewöhnt sich an den Umgang mit dem kleinen Stromer, recht schnell geht das, und irgendwann haben wir unseren Spaß am Spring, auch an seiner Wendigkeit, die sich in einem Wendekreis von nur 9,5 Metern manifestiert.

201 Kilometer meldete die Reichweitenanzeige, als wir unsere Fahrt mit vollgeladener Batterie begannen. 38 zurückgelegte Kilometer später war der Aktionsradius auf 115 Kilometer geschrumpft und der Akkustand auf 69 Prozent. Unser "Vollgas"-Ausflug über die Autobahn war hier freilich eingepreist, und auch den energiesparenden Eco-Modus haben wir nur kurz bemüht. Heißt: Da geht sicherlich noch mehr.

Mit Schnellladefunktion

Und wie sieht es mit dem Laden aus? So: Wechselstrom zieht der Spring nur 1-phasig. An der Haushaltssteckdose bedient er sich mit 2,3 kW, einmal "Volltanken" dauert 13,5 Stunden. Schneller geht’s an der Wallbox, 3,7 kW werden hier genommen, das ermöglicht die Komplettladung in 8,5 Stunden. Optional bekommt der elektrische Dacia sogar eine Gleichstrom-Schnellladefunktion (30 kW), in einer knappen Stunde ist der Akku dann zu 80 Prozent befüllt. Möglich ist das Update allerdings nur für die Besser-Variante Comfort Plus, das entsprechende Aufgeld beträgt 600 Euro.

Dacia Spring: Elektrisch geht auch günstig

© Hersteller

Überhaupt, der Preis: Das Basismodell "Comfort" kommt auf 20.490 Euro, inbegriffen sind Radio mit Bluetooth-Freisprecheinrichtung, Klimaanlage, Lichtsensor und elektrische Fensterheber. Nach Abzug der Umweltprämie in Höhe von 9570 Euro brutto bleiben noch 10.920 Euro - das ist schon eine Ansage. Für die Topausstattung Comfort Plus – unter anderem mit Metalliclack, Kunstledersitzpolstern, Navi-Multimediasystem und Rückfahrkamera  - werden 21.790 Euro berechnet, prämienbereinigt stehen 12.220 Euro auf der Rechnung.

Ein Elektroauto zu fahren, das könnten sich immer mehr Leute vorstellen, sagt Produktmanagerin Beckmann. Angesichts solcher Konditionen dürfte sich dieser Kreis noch erweitern.

Ulla Ellmer

Dacia Spring:

Wann er kommt: Ist bereits konfigurierbar, Marktstart im September

Wen er ins Visier nimmt: Seat Mii electric, Skoda Citigo iV (beide derzeit nicht ausgewiesen), VW e-Up, Fiat 500e, Renault Twingo Electric

Was ihn antreibt: Elektromotor mit 33 kW/44 PS

Was er kostet: Ab 20.490 Euro