e-Fuels: Darf der Verbrenner doch bleiben?

3.10.2020, 14:34 Uhr
e-Fuels: Darf der Verbrenner doch bleiben?

© Audi

Als der bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf dem virtuellen Parteitag der CSU am 26. September ein Ende des Verbrennungsmotors für 2035 ins Gespräch brachte und damit an die entsprechende Ankündigung Kaliforniens anknüpfte, war nicht nur das mediale Echo groß. Festzuhalten ist indes zweierlei. Erstens: Das Verbot, wenn es denn kommt, gälte nur für Neufahrzeuge. Der Verbrenner-Bestand müsste nicht umgehend in die Schrottpresse fahren. Zweitens: Söder sprach von Verbrennern, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Das heißt: Betroffen wäre somit Benzin oder Diesel auf Erdölbasis im Tank. Doch da gibt es eine Alternative:  Synthetische Kraftstoffe, die sogenannten eFuels.

Mineralölkonzerne, Autohersteller, Start-ups

An solchen Kraftstoffen wird bereits eifrig geforscht, in den Laboren der um ihr Geschäftsmodell besorgten Mineralölkonzerne ebenso wie in denen der Automobilhersteller, die ihren CO2-Flottenverbrauch reduzieren müssen und in denen von deutschen Unternehmen wie Bosch, Sunfire und Heion oder der kanadischen Firma Carbon Engineering.

Charme der Idee: Mit eFuels könnten Autos vom Uralt-Käfer bis hin zum topmodernen Hightech-SUV klimaneutral fahren. Benzin und Diesel wäre ebenso herzustellen wie Kerosin für Flugzeuge oder ein Schweröl-Ersatz für Schiffe. Eine umfassende Tankstellen-Infrastruktur steht längst bereit, während ein dichtmaschiges Ladenetz für batterieelektrische Fahrzeuge erst noch aufgebaut werden muss. Tanken ginge fix wie gewohnt, von langen Ladezeiten keine Rede.

Keine Lebensmittel im Tank

Die eFuels sind nicht zu verwechseln mit Kraftstoffen, die aus Biomasse wie Getreide, Raps oder Mais gewonnen werden und – Stichwort "Teller statt Tank" – zu Recht als ökologisch und ethisch fragwürdig gelten. Auch die Produktion auf Basis von Bio-Abfällen oder Algen hat sich inzwischen als weniger zielführend erwiesen.

Der Ansatz ist ein anderer und nennt sich "Power-to-X": Wasser wird per Elektrolyse in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Anschließend wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid (CO2) verbunden, das im Idealfall aus der Umgebungsluft kommt. Als Endprodukte entstehen schließlich synthetisches Benzin und Diesel, die sich in ihrer Grundstruktur praktisch nicht von erdölbasierten Kraftstoffen unterscheiden.

Produziert mit Ökostrom

Damit die e-Fuels das Etikett "klimaneutral" tatsächlich verdienen, müsste der für ihre Herstellung (reichlich) benötigte Strom freilich aus regenerativen Quellen kommen. Denkbar wäre beispielsweise überschüssiger Wind- oder Solarstrom.

Das klingt gut und plausibel, aber auch besser, als es derzeit noch ist. Kritiker führen etwa den hohen Energiebedarf an, den die Herstellung von e-Fuels hat. Und dann ist da noch der schlechte Wirkungsgrad: Im Zuge der vielen Einzelschritte, die beim Power-to-X-Verfahren anfallen, bleibt reichlich Energie auf der Strecke. Gemäß der "Well-to-Wheel"-Bilanz (so nennen Fachleute den Weg der Energie von ihrer Quelle bis zum Rad) bleiben schlussendlich nur 10 bis 15 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie übrig.

Noch bleiben Fragen

Infrage stellen lässt sich auch, ob es nicht sinnvoller wäre, den Ökostrom für die e-Fuel-Produktion direkt in die Batterien von Elektroautos fließen zu lassen. Oder ob der entstandene Wasserstoff nicht gleich fürs Betanken von Brennstoffzellen-Fahrzeugen verwendet werden könnte, statt ihn mit hohem Aufwand zu synthetischem Kraftstoff weiterzuverarbeiten. Und schließlich bleibt ein hoher Preis für den Endverbraucher: Nach aktueller Rechnung müsste ein Liter e-Fuel etwa vier bis fünf Euro kosten.

Arbeit am Wirkungsgrad

Das Augenmerk der Forschung liegt derzeit auf einer Verbesserung des Wirkungsgrads. So hält das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das im Rahmen des Kopernikus-Projekts "P2X" mit Partnern wie Climeworks, Ineratec und Sunfire an synthetischen Kraftstoffen arbeitet, theoretisch immerhin schon Wirkungsgrade von rund 60 Prozent für möglich.

Das Kopernikus-Projekt wird vom Bundesforschungsministerium unterstützt. Darüber hinaus sehen Unternehmen, die mit e-Fuels befasst sind, die Politik aber noch stärker gefordert. So wünscht sich Bosch, dass CO2-Einsparungen durch e-Fuels auf den Flottenverbrauch der Automobilhersteller angerechnet werden. Bislang ist davon nicht die Rede – während der CO2-Ausstoß von Elektroautos mit 0 g/km angesetzt wird, obwohl die Herstellung des Fahrstroms (noch) nicht immer klimaneutral erfolgt.

Ulla Ellmer