Elektroauto: Günstig an den Strom gelangen

27.4.2021, 18:20 Uhr
Elektroauto: Günstig an den Strom gelangen

© ampnet/Nissan

Das hätte noch vor Monaten niemand vermutet: Elektroautos stromern von einem Zulassungsrekord zum nächsten. 30.101 E-Mobile sind im März neu in Kundenhand übergegangen, das bedeutet, dass inzwischen jeder zehnte neu zugelassene Pkw – exakt 10,3 Prozent – über Elektroantrieb verfügt. Plug-in-Hybride, die zumindest eine Teilstrecke rein elektrisch fahren können, erreichen einen Marktanteil von 12,2 Prozent.

Zurückzuführen ist dieser Boom auf die großzügigen Förderprogramme, die vom Staat und von den Herstellern aufgelegt werden. Bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro beträgt die gemeinsam getragene Innovationsprämie 9570 Euro brutto, Plug-in-Hybride bis 40.000 Euro werden mit knapp 7200 Euro unterstützt. Auch für etwas teurere Stromer und Teilzeitstromer bis 65.000 Euro gibt es noch Subventionen. Hinzu kommen jene Vergünstigungen, die Dienstwagenfahrer erhalten, im besten Fall müssen bei reinen Elektroautos nur 0,25 Prozent und bei Plug-in-Hybriden 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil versteuert werden.

Elektroauto: Günstig an den Strom gelangen

© McDonalds

Dass solche Fahrzeuge ganz oder teilweise an der Tankstelle vorbeifahren, heißt freilich nicht, dass bei ihnen die Energiezufuhr kostenfrei erfolgt. Elektrisch fahren ist nur subjektiv gratis, denn auch der Strom muss schließlich bezahlt werden.

Laden während dem Einkaufen

Es lohnt sich also, nach günstigen oder sogar kostenfreien Lademöglichkeiten Ausschau zu halten. Noch immer bieten beispielsweise viele Supermärkte, Discounter, Einrichtungshäuser oder diverse Fast-Food-Restaurants – oft in Autobahnnähe – die Möglichkeit an, gratis Strom fassen zu können. Oft tauchen solche Ladesäulen aber nicht im Navigationssystem von Elektroautos auf. Mit der zunehmenden Verbreitung von BEVs (rein elektrischen Stromern) und PHEVs (Plug-in-Hybriden) steigt auch das Risiko, vor Ort nicht zum Zuge zu kommen. Und wer sich über die lange Ladezeit wundert, gelangt bei näherem Hinsehen schon mal zur Erkenntnis, dass die Ladeleistung nicht dem entspricht, was die Säule eigentlich versprochen hat.

Strom vom Arbeitgeber

Mitunter hilft es zudem, den Arbeitgeber anzusprechen. "Einige Unternehmen unterstützen ihre Angestellten bereits mit Gratis-Strom während der Arbeitszeit", wissen Experten der ARAG-Versicherung.

Auch die meisten Automobilclubs bieten im Rahmen von Kooperationen etwas vergünstigte und komfortable Lademöglichkeiten. Der ADAC beispielsweise nutzt das Ladenetz von EnBW, in Deutschland, Österreich und der Schweiz besteht Zugang zu 150.000 Ladepunkten. Der Tarif selbst – 29 Cent/kWh für Wechselstrom, 39 Cent/kWh für Gleichstrom – entspricht zwar dem, was EnBW im Rahmen seines Viellader-Tarifs sowieso verlangt, zumindest bleibt ADAC-Mitgliedern aber die monatliche Grundgebühr in Höhe von 4,99 Euro pro Monat erspart, und sie erhalten eine kostenlose Ladekarte.

Elektroauto: Günstig an den Strom gelangen

© Kia

Die Hersteller locken

Weil die Automobilhersteller ihre E-Autos unters Volks bringen möchten, locken sie vielfach mit speziellen Stromtarifen zum Umstieg vom Verbrenner. Kia beispielsweise offeriert Käufern des ab Herbst erhältlichen EV6 zwei Tarifpakete für das Schnellladenetz von Ionity an; das "Power-Paket" ist mit einer monatlichen Grundgebühr von 13 Euro verbunden, die Kilowattstunde Strom wird mit 29 Cent berechnet. Wie günstig das ist, zeigt der Vergleich mit dem, was Ionity-Direktkunden ohne Vertrag für High Power Charging zahlen müssen, 79 Cent/kWh nämlich.

Auch Audi, wo man mit BEVs wie e-tron, Q4 e-tron oder perspektivisch dem um Kunden wirbt, hat zwei Stromtarife parat. Der teurere Transit-Tarif sieht eine monatliche Grundgebühr von 17,95 Euro vor, High Power Charging bei Ionity kostet dann 31 Cent/kWh.

Hinzu addieren sich oft allerdings Blockier-Gebühren, die anfallen, wenn der Ladevorgang beendet ist und die Ladestation dennoch nicht freigegeben wird.

Steckdose: Das kann gefährlich werden

Das Laden zu Hause ist inzwischen nicht mehr zwingend die günstigste Möglichkeit; derzeit beträgt der durchschnittliche Strompreis 34,70 Cent/kWh. Viele Stromversorger bieten jedoch bereits günstige Autostrom-Tarife an. Und schon allein, weil es so bequem ist, kommt kaum ein Halter eines E-Autos um die heimische Lademöglichkeit herum.  "Grundsätzlich dürfen Besitzer von Elektrofahrzeugen ihre Autos überall abstellen, um sie zu laden", sagen die ARAG-Experten, "es gibt keine gesetzliche Regelung, die das Laden verbietet". Die einfache Steckdose am Carport oder in der Garage ist indes keine empfehlenswerte Option. Nicht nur, weil das Ladeprozedere hier besonders lang dauert – sondern vor allem deshalb, weil die Haushaltssteckdose nicht für solche Belastungen ausgelegt ist, schlimmstenfalls kann es zu durchgeschmorten Steckern, Kabeln oder sogar zu einem Brand kommen.

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© Hersteller

Wallbox: Geld vom Staat

Anzuraten ist daher eine Wallbox. Der Kauf und die Installation einer solchen privaten Heimladestation wird vom Staat mit 900 Euro gefördert (mehr dazu hier); Voraussetzungen sind eine Ladeleistung von 11 kW, eine intelligente Steuerung und "grüner" Strom. Anträge sind bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu stellen – allerdings vor dem Kauf. Interessenten sollten sich aber beeilen, denn von den bereitgestellten 400 Millionen Euro Fördergeld sind aktuell bereits 380,5 Millionen Euro ausgeschöpft, und noch ist nicht sicher, ob der Geldtopf ein weiteres (drittes) Mal aufgefüllt wird.

Häufig beteiligt sich auch der Energieversorger am Projekt Wallbox, hier nachzufragen, kann sich lohnen.

Auch für Wohnungseigentümer hat der Gesetzgeber den privaten Einbau einer Ladestelle einfacher gestaltet. So kann nun verlangt werden, dass die Eigentümerversammlung die Maßnahme durch Beschluss gestattet, es reicht eine einfache Mehrheit aus – noch vor einiger Zeit war die Zustimmung aller Eigentümer nötig. Bezahlen muss freilich derjenige, der die Wallbox haben möchte.

Mehr Rechte für Mieter

Eine Änderung im Mietrecht sieht zudem vor, dass nun jeder Mieter einen Anspruch auf den Einbau einer Ladestation an seinem Stellplatz hat, Vermieter können die Erlaubnis laut ARAG "nur noch in wenigen Ausnahmefällen verweigern". Konsultiert werden muss der Vermieter in jedem Fall, da der Einbau einer Wandladestation eine bauliche Veränderung darstellt.

Sinnvoll kann es auch sein, sich die Wallbox mit anderen Mietern zu teilen. In diesem Fall sollte vorab mit dem Vermieter geklärt werden, wer die Kosten für den Einbau übernimmt, welcher Elektriker beauftragt wird und mit welchen technischen Lösungen die betankte Strommenge – Stichwort Abrechnung - der jeweiligen Mietpartei zugeordnet werden kann. Außerdem sollte beizeiten darüber geredet werden, was mit der Wallbox im Falle eines Umzugs passiert.

Ulla Ellmer