Elektroauto laden: Ohne Wallbox geht es nicht

24.12.2019, 13:13 Uhr
Elektroauto laden: Ohne Wallbox geht es nicht

© N-Ergie

2020 soll das Jahr der Elektroautos werden. Vom VW ID.3 über den Opel Corsa-e bis hin zum Mercedes EQC werden dann die Stromer einer neuen Generation in den Markt gedrückt – oder endlich ausgeliefert, um ihren Herstellern dabei zu helfen, den ab 2020 gültigen Flottengrenzwert von 95 g/km CO2 einzuhalten und somit hohe Strafzahlungen zu vermeiden.

Doch wer ein E-Auto kauft, muss es auch laden. Selbst wenn die öffentliche Ladeinfrastruktur immer engmaschiger wird: Nach einer von Mercedes durchgeführten Erhebung finden 80 bis 90 Prozent aller Ladevorgänge zuhause statt. Also: Steckdose am Carport und gut? So einfach ist es nicht – aus verschiedenen Gründen.

Lange laden an der Haushaltssteckdose

Zunächst einmal dauert es viel zu lange, ein modernes Elektroauto mit seinem großen Akku an der normalen Haushaltssteckdose zu "betanken". An einer mit 16 Ampere abgesicherten Steckdose lädt man mit maximal 3,7 kW. Gemäß der Formel "Akkukapazität geteilt durch Leistung" heißt das für einen Audi e-tron mit leergefahrener 95-kWh-Batterie: Er würde über 25 Stunden benötigen, bis er wieder komplett "voll" ist.

Vor allem aber melden Fachleute Sicherheitsbedenken an. "Haushaltssteckdosen sind nicht für dauerhaft hohe Belastungen ausgelegt und bergen Risiken wie durchgeschmorte Stecker und Kabel", sagt Michael Enderlein vom mittelfränkischen Energieversorger N-Ergie. Auch der Zentralverband der deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) warnt, "dass es bei Ladevorgängen mit einer hohen Dauerbelastung in normalen Stromkreisen schlimmstenfalls zu Bränden kommen könnte".

Wechselstrom aus der Wallbox

Die optimale Lösung ist bekannt: Die Montage einer Wandladestation oder Wallbox, an der man dann ein-, zwei- oder dreiphasig Wechselstrom beziehen kann. Nicht zu verwechseln ist eine solche Wallbox mit jenen Turbo-Schnellladestationen, die derzeit entlang der Autobahnen entstehen und Gleichstrom spenden. Wie eine normale öffentliche Ladesäule leistet die Wallbox – je nach Anschlussmöglichkeit und Absicherung ans hauseigene Stromnetz – 3,7, 11 oder 22 kW.

Elektroauto laden: Ohne Wallbox geht es nicht

© Audi

Schon an der 11-kW-Wallbox würde sich die Ladezeit des e-tron also auf 8,6 Stunden verkürzen, an der 22-kW-Station müssten nur 4,3 Stunden Geduld aufgebracht werden.

Kein Fall für den Heimwerker

Ein Fall für Heimwerker ist die Installation einer Wallbox freilich nicht. Hier muss der Fachmann ran. Er überprüft zunächst, ob in der Garage oder am Carport ein geeigneter Anschluss (umgangssprachlich oft "Starkstrom" genannt) vorhanden ist oder ob erst eine neue Leitung vom Hausverteilerkasten gelegt werden muss. Die üblichen Wallboxen bis 11 kW braucht der Elektroinstallateur dem örtlichen Netzbetreiber nur zu melden. "Ab 22 kW ist dann auch eine Genehmigung des Netzbetreibers erforderlich", sagt Enderlein.

Die Kosten für die Ladestation selbst halten sich mit rund 600 bis 1100 Euro noch in einigermaßen überschaubaren Grenzen. Bei der N-ERGIE beispielsweise kostet die 11-kW-Wallbox 949 Euro, (potenzielle) Stromkunden können 250 Euro Förderprämie abziehen. VW will – um seinen Kunden die Kaufentscheidung für den ID.3 zu erleichtern – ab kommendem Jahr sogar eine "Volks-Wallbox" für 399 Euro anbieten.

Finger weg von Billiglösungen

Von richtiggehenden Billiglösungen, wie sie vor allem im Internet vermarktet werden, raten Experten freilich ab: Passiert etwas oder geraten Haus beziehungsweise E-Auto in Brand, kann der Verursacher – in diesem Fall der Hausbesitzer – schnell den Versicherungsschutz los sein. Oft muss bei Billig-Kandidaten auch der Fehlerstrom-Schutzschalter (FI-Schalter) noch dazu gekauft werden. Der ADAC hat etwa vor Jahresfrist bereits etliche Wallboxen im Test verglichen.

Im Übrigen wird dazu geraten, den (Gebäude)-Versicherer über die Zusatzinstallation zu informieren.

Auch die Installation kostet

Mit den Kosten für die Wallbox ist es aber nicht getan. Auch der Fachmann, der die Installation vornimmt (und den Energieversorger oder Elektroauto-Hersteller auf Wunsch oft vermitteln), will schließlich bezahlt werden. Der Aufwand sei aufgrund unterschiedlicher baulicher Gegebenheiten vor Ort sehr individuell und nicht pauschal anzugeben, erklärt Enderlein: "Aus unseren Erfahrungswerten heraus beginnen die Kosten für die Installation durch einen unserer Partner aus dem Elektrohandwerk bei etwa 800 Euro".  

Bundesweite Recherchen zeigen, dass 1000 bis 2000 Euro fällig werden, abhängig beispielsweise davon, ob gebohrt oder gegraben werden muss, um einen Anschluss zum Hausverteilerkasten herzustellen.  Der ZVEH spricht sogar davon, dass man gegebenenfalls mit 3000 bis 5000 Euro rechnen muss, was allerdings sehr hoch erscheint. Für die Besitzer einer Photovoltaikanlage kann die Situation anders aussehen.

Elektroauto laden: Ohne Wallbox geht es nicht

© VW

Sinnvoll ist es immer, bei der Kommune, beim Energieversorger oder der staatlichen Förderbank KfW nachzufragen, ob Zuschüsse zur Wallbox möglich oder geplant sind. Manche Stromanbieter verlangen vom Kunden indes einen Nachweis dafür, dass er tatsächlich ein Elektroauto besitzt oder kaufen wird – schließlich soll sich die Subvention ja durch den Verkauf von Strom bezahlt machen.

11 kW reichen zumeist aus

Welche Wallbox sinnvoll ist, hängt vom Auto und dessen Onboard-Lader aus. Ein Kia e-Soul beispielsweise kann nur einphasig 7,2 kW ziehen. Somit nutzt er die Möglichkeiten einer 11-kW-Station überhaupt nicht voll aus, 22 kW helfen ihm schon gar nicht. Und manche Plug-in-Hybride – darunter selbst der fast 78.000 Euro teure BMW X5 45e -  sind erst gar nicht fürs Schnellladen an der Wallbox ausgelegt.

In den meisten Fällen sollte eine 11-kW-Station völlig ausreichen. Fein heraus ist letztlich der, der ein Einfamilienhaus besitzt oder bewohnt. Wer in einem Mehrparteien-Gebäude lebt, für den dürfte eine private Ladelösung schwieriger zu realisieren sein. Nach aktueller Gesetzeslage muss die Wohnungseigentümerschaft dem Einbau einer Wallbox zustimmen – gesamt und einstimmig.

Ulla Ellmer/Gerhard Windpassinger

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