Im Fahrbericht: Cadillac XT4 350T AWD Sport
14.5.2021, 19:42 Uhr
Wie er aussieht: Im Weltbild von Cadillac herrschen andere Maßstäbe. 4,60 Meter misst der XT4 in der Länge, nach US-Wahrnehmung ist das eher was Kleines, vor allem, wenn ein XXL-Vertreter wie der Escalade daneben parkt. Für europäische Verhältnisse fallen die genannten Dimensionen aber gerade richtig aus, um sich zwischen Audi Q3 und Q5 oder BMW X1 und X3 schmuggeln zu können und im verkaufsträchtigen Segment der Kompakt-SUVs sein Heil zu suchen. Dabei wirft der XT4 eine Optik in die Waagschale, die im Konkurrenzumfeld mit wohldosierter Extrovertiertheit auffällt, es dabei aber nicht an "suviger" Eleganz fehlen lässt.
Wie er eingerichtet ist: Sehr premiumaffin, den Vergleich mit den deutschen Edel-Mitbewerbern braucht der XT4 nicht zu scheuen. Vielfach verstellbare Vordersitze, Sitzheizung vorne und hinten, Lenkradheizung, Rückfahrkamera, Navi-Multimediasystem mit Smartphone-Anbindung und ein Bose-Surroundsystem gehören bereits zur Grundausstattung, der von uns gefahrene XT4 Sport leistet sich überdies unter anderem die Besonderheit eines kamerabasierten Rückspiegels, des Memory-Pakets für Fahrersitz, Außenspiegel und Lenksäule, eines Luft-Ionisators und eines Head-up-Displays.
Dass die Digitalisierung nicht auf die Spitze getrieben wird und noch vielerlei physische Bedienelemente den Direktzugriff auf zentrale Funktionen ermöglichen, haben wir als wohltuend Old School empfunden, den Dreh-Drück-Regler auf der Mittelkonsole beispielsweise und jenen praktischen Knopf an der Türinnenseite, über den sich der Öffnungsgrad der elektrischen Heckklappe einstellen lässt.
Andererseits: Neben jenen Breitbildlandschaften, die gerade deutsche Premiumkonkurrenten am Instrumententräger ausbreiten, wirkt die Komposition aus zwei kreisrunden Analoginstrumenten und mittig platziertem Display nicht mehr ganz taufrisch. Gleiches gilt für den vergleichsweise kleinen und in den Armaturenträger integrierten 8-Zoll-Touchscreen.
Wie viel Platz er hat: Erhabene Sitzposition, gute Aussicht auf viel Auto voraus, reichlich Bein- und Kopffreiheit auch im Fond – im XT4 lässt es sich sehr komfortabel reisen, räumlich zwickt es auch für die Familie nirgends. Der Kofferraum hinter der sensorgesteuerten elektrischen Heckklappe fällt mit 637 bis 1385 Litern eher durchschnittlich aus.
Was ihn antreibt: Ein neu entwickelter Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit 169 kW/230 PS, der grundsätzlich mit einer Neungang-Automatik kooperiert, die nicht ganz unmerklich, aber doch sehr sanft die Gänge wechselt. Zum Zwecke der Sparsamkeit legen im Teillastbetrieb zwei der vier Zylinder eine Pause ein.
Dem Turbo stellen wir eine Belobigung aus, vor allem auf der Langstrecke. Das Drehmoment (350 Newtonmeter) liegt zwischen 1500 und 4000 Touren an und schiebt den XT4 zügig voran, seine Kräfte entfaltet der Vierzylinder gleichmäßig-kraftvoll und manierlich kultiviert. In der Spitze werden 210 km/h erreicht, das passt auch für die deutsche Autobahn, der Standardsprint von 0 auf 100 km/h erfolgt in 8,3 Sekunden.
Wie er sich fährt: Schwammig, luschig, weichgespült – gerade der deutsche Autokäufer begegnet US-Autos nicht unbedingt vorurteilsfrei. Der XT4 verdient solches Misstrauen nicht. Er rollt komfortabel und ruhig ab, ohne sich zu sehr nach Sänfte anzufühlen, und vermittelt ein europäisches Gefühl von Fahrpräzision, das auch der direkten Lenkung zu danken ist. Einen guten Job macht das aktive Sportfahrwerk mit kontinuierlicher Dämpfungsregelung, das für den "Sport" als Option (950 Euro) zur Verfügung steht.
Wenn es unter der Sitzfläche vibriert, dann meldet der Safety-Alert-Fahrersitz das unzulässige Überfahren einer Fahrbahnmarkierung oder die bedenkliche Annäherung an ein Hindernis. Der wachsame Sicherheitssitz gehört ebenso zur Serienausstattung wie die Verkehrszeichenerkennung, der Adaptivtempomat, Spurhalteassistent- und -unterstützung (sehr sensibel) sowie ein Querverkehrswarner.
Den Benziner gibt es ausschließlich in Verbindung mit Allradantrieb. Im Normalbetrieb werden die Antriebskräfte an die Vorderräder übertragen; bei Bedarf lässt sich der AWD-Modus aktivieren, der dann mithilfe dreier Kupplungen auch die Hinterräder ins Spiel bringt. Für Härtefälle ist ein Offroad-Programm anzuwählen.
Der Diesel fährt auch als Fronttriebler vor, der Verzicht auf AWD spart hier 2100 Euro.
Was er verbraucht: Der Haken beim XT4. Mit viel Selbstdisziplin ist uns ein Minimalwert von 7,9 l/100 gelungen, als Schnitt pendelten sich aber 10 Liter ein, und eine zügige Autobahnfahrt schlägt mit 13-Plus-Werten zu Buche.
Vielfahrer mögen daher den in Europa entwickelten Zweiliter-Turbodiesel mit 128 kW/174 PS als Alternative in Erwägung ziehen.
Was er bietet: Ausstattungstechnisch ist der Cadillac XT4 sehr gut aufgestellt, die wichtigsten Features haben bereits Erwähnung gefunden. Das Basismodell trägt nicht zu Unrecht den Namen "Luxury", die Topvarianten nennen sich "Premium Luxury" und "Sport". Aufpreisträchtiges wird zu Paketen geschnürt, dem Driver-Assist-Paket beispielsweise (Notbremssystem, Adaptivtempomat mit Stop-and-Go-Funktion, 950 Euro) oder dem Komfortpaket (belüftete Massagesitze, 8-fach elektrisch verstellbarer Beifahrersitz etc., 1250 Euro).
Was er kostet: Ab 39.990 Euro, als "Sport" ab 49.380 Euro. Die Preise für die AWD-Diesel sind identisch. Allerdings ist der Selbstzünder nicht in Verbindung mit dem Basis-Level ist zu haben.
Was wir meinen: Wer kein Kompakt-SUV von der Stange will, ist mit dem Cadillac XT4 gut bedient. Der US-Amerikaner aus Kansas City bietet nebst seiner attraktiven Optik eine opulente Ausstattung, viel Platz und gute Fahreigenschaften. Allerdings ist der Verbrauch kein Ruhmesblatt. Und nicht jeder wird einen Händler um die Ecke finden.
Ulla Ellmer
Die Daten des Cadillac XT4 350T AWD Sport
Hubraum 1998 ccm, Zylinder 4, Leistung 169 kW/230 PS bei 5000/min, max. Drehmoment 350 Nm bei 1500 - 4000/min, Spitze 210 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 8,3 sec, Normverbrauch (WLTP) 9,3 l S/100 km, Testverbrauch 10,0 l S/100 km, CO2-Emission 213 g/km, Schadstoffklasse Euro 6d, Energie-Effizienzklasse E, Länge 4,59 m, Breite 1,88 m, Höhe 1,61 m, Kofferraum 637 - 1385 l, Kraftstoff-Tank 62 l, Leergewicht 1764 - 1813 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2375 kg, Anhängelast 2000 kg (gebremst), 750 kg (ungebremst). 9-G-Automatik, Allradantrieb. Versicherungs-Typklassen 19 (KH), 24 (VK), 27 (TK). Preis Sport ab 49.380 Euro, Basismodell ab 39.990 Euro.