Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

23.1.2021, 15:34 Uhr
Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

© ampnet/Ford

Unter dem Mustang hat es Ford nicht gemacht: Der legendäre Sportwagen musste als Namensgeber für den rein elektrischen Mustang Mach-E herhalten, der seit Jahresbeginn 2021 auch in Deutschland ausgeliefert wird.

Dabei sind Mustang und Mustang Mach-E nicht nur antriebstechnisch, sondern auch konzeptionell ganz unterschiedliche Charaktere: Ein Pony-Car der eine, ein veritabler Crossover mit ausgeprägter Tendenz zum SUV der andere. Warum also das Namens-Doppel? Weil beide "von der gleichen Sehnsucht nach Freiheit, Fortschritt und famosen Fahrleistungen geprägt" seien, erklärt uns Ford.

Muscle-Car, irgendwie doch

Immerhin lässt es sich nicht leugnen, dass der 4,37 Meter lange Mach-E den Crossover-Style dezidiert sportlich interpretiert. Lange Motorhaube, coupéhafte Silhouette, dazu muskulös ausgestellte Kotflügel – Muscle-Car, irgendwie also doch. Auch die dreiteiligen Rückleuchten erinnern an das Vorbild. Und natürlich eilt der ikonische Mustang im gestreckten Galopp über Front und Heck.

Code als Türöffner

Der Mustang Mach-E nutzt eine Fahrzeug-Architektur, die das Ford-Team Edison speziell für rein batterieelektrische Modelle entwickelt hat. Ganz was Neues also. Und wenn schon anders, dann ganz anders: Kamera-Augen statt klassischer Außenspiegel, das lässt der stromernde Mustang im Unterschied zu Audi e-tron oder Honda-e zwar bleiben. Klassische Türgriffe hingegen, so was will er nicht mehr haben: Per Druck auf eine Sensorfläche öffnen die Türen einen kleinen Spalt, ein Mini-Haken dient dazu, sie ganz aufzuziehen. Zudem kann das Smartphone als digitaler Schlüssel dienen; das Fahrzeug erkennt ihn via Bluetooth und entriegelt sich bereitwillig. Auch über die Eingabe eines Codes öffnen die Türen, das entsprechende Tastenfeld ist in die B-Säule integriert.

Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

© ampnet/Ford

Im Interieur, das von einem großflächigen Panoramadach erhellt wird, lässt unverkennbar Tesla grüßen. Allerdings in optimierter Form:  Wie beispielsweise das Tesla Model 3 präsentiert zwar auch der Mustang Mach-E einen geradezu gigantischen Touchscreen im XXL-Format. Aber eben nicht nur. In den unteren Bereich des Bildschirms hat Ford einen runden Lautstärke-Regler integriert. Und hinter dem Multifunktions-Lenkrad bringt sich ein zusätzliches Fahrerdisplay in Positur. Anders als bei der kalifornischen Konkurrenz bleibt es dem Fahrer so erspart, selbst Funktionen wie die Intervallschaltung der Scheibenwischer in irgendwelchen Untermenüs aufspüren zu müssen. Gut gemacht! Vor allem aber spielt der Elektro-Ford auch in Sachen Verarbeitung und Materialgüte in einer qualitativ höheren Liga als die wenig premiumwürdigen Teslas.

Touchscreen im XXL-Format

Die Menüführung haben wir schnell kapiert; wenn es um weitere Fahrzeugfunktionen geht, leistet die digitale Bedienungsanleitung hilfreiche Dienste, dank der opulenten Bildschirmgröße lässt sie sich bestens studieren. Ein bisschen Kritik muss aber auch sein: Die Icons für Sitz- oder Lenkradheizung sitzen arg weit unten, während der Fahrt sollte der Blick nicht unbedingt in diese Tiefen abwandern. Ein Head-up-Display gibt es übrigens nicht.

Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

© ampnet/Ford

Seine Passagiere bringt der elektrische Mustang recht ordentlich unter, nur im Fond wird das Raumgefühl subjektiv von den schmalen Seitenfenstern und objektiv von der Dachschräge beeinträchtigt.

Zum Vokabular, das Elektroauto-Fahrer erlernen müssen, zählt das Wort "Frunk". Es setzt sich aus "Front" und "Trunk" zusammen, dem englischen Begriff für "Kofferraum". Wie manch anderes E-Mobil bietet auch der Mach-E ein solches Zusatz-Staufach unter der Fronthaube. 100 Liter ist es groß und lässt sich ausspülen, ein Ablauf entlässt die schmutzige Brühe ins Freie. Schon mal gehört? Richtig: Auch der Ford Puma besitzt eine solche "MegaBox", allerdings im Heck. Fürs Protokoll: Der eigentliche Kofferraum des Mustang Mach-E nimmt 402 bis 1345 Liter auf. Nicht selbstverständlich für ein Elektroauto ist, dass auch eine Anhängevorrichtung (maximale Anhängelast 750 kg) geordert werden kann.

Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

© Hersteller

269 PS sind das Minimum

Ford bietet den elektrischen Mustang mit Heck- oder Allradantrieb an, beim 4WD-Modell sitzt eine zweite E-Maschine an der Vorderachse. Außerdem stehen zwei Akkugrößen und drei Leistungsstufen bereit. Die verschiedenen Kombinationen in der Kurz-Übersicht:

● Batterie Standard Range 68 kWh netto, 198 kW/269 PS, Drehmoment 430 Nm, Heckantrieb, Reichweite 440 km, Preis ab 46.900 Euro

● Batterie Extended Range 88 kWh netto, 216 kW/290 PS, 430 Nm, Heckantrieb, Reichweite 610 km, Preis ab 54.475 Euro

● Batterie Standard Range 68 kWh netto, 198 kW/269 PS, 580 Nm, Allradantrieb, Reichweite 400 km, Preis ab 54.000 Euro

● Batterie Extended Range 88 kWh netto, 258 kW/346 PS, 580 Nm, Allradantrieb, Reichweite 540 km, Preis ab 62.900 Euro

Ende des Jahres folgt die Krone der Mach-E-Schöpfung; der GT wird 358 kW/487 PS leisten und ein mächtiges Drehmoment von 860 Newtonmetern produzieren.

Mach-E: Dieser Ford Mustang fährt elektrisch

© ampnet/Ford

Gegenstand unserer ersten Probefahrten ist das vorläufige Topmodell mit 346 PS, großem Akku und Allradantrieb gewesen. Es bestätigte zunächst eine Erfahrung, die wir zuletzt fast immer mit Elektroautos gemacht haben: Temperaturen um den Gefrierpunkt sind Reichweitenkiller. Von der werksseitigen Verheißung blieben wir weit entfernt, mehr als 350 Kilometer waren nicht drin.

Aber: Spaß hat er uns schon bereitet, der elektrische Mustang. Das keineswegs unerhebliche Lebendgewicht von 2,2 Tonnen steht einer geschmeidig-zügigen Beschleunigung (0 bis 100 in 5,1 Sekunden) nicht im Wege, die innerorts noch an der Stoßstange klebende Sportlimousine haben wir nach dem Ortsschild jedenfalls kaltlächelnd abgehängt. Auf der Autobahn ist – Reichweiten-Schutz – bei Tempo 180 Schluss. Das in der Bodengruppe zwischen den Achsen platzierte Akkupack generiert einen tiefen Schwerpunkt, dies befördert die Fahrdynamik, desgleichen tut die präzise Lenkung. Dank des Allradantriebs liefert der Elektro-Crossover auch in schnellen Kurven Traktion, und durch den aufgehäuften Januar-Schnee hat sich der Mustang Mach-E sowieso mit stoischer Ruhe gearbeitet.

Arg straff abgestimmt

Ob man das arg straff abgestimmte Fahrwerk so mag, ist wohl Geschmackssache. Sportlich orientierte Piloten mögen es brauchen, jede Rille zu spüren. Wir hingegen finden, dass ein SUV den Asphalt möglichst hingebungsvoll glätten sollte und hätten uns mehr Komfort gewünscht.

Über den Touchscreen lassen sich drei Fahrmodi mit den phantasievollen Namen "Aktiv", "Zahm" und "Temperamentvoll" ansteuern; wer letzteres Programm wählt, sieht sich von einem künstlichen Motorsound unterhalten, der uns aber erstens nicht gefallen hat und den wir zweitens überflüssig fanden: Mensch Mustang Mach-E – bist du jetzt ein Elektroauto oder nicht? Über den Touchscreen haben wir den Crossover lieber zum Schweigen gebracht.

Via Bildschirm lässt sich auch die maximale Rekuperationsstufe (One-Pedal-Driving) einstellen. Zum Laden wiederum ist Folgendes zu sagen: Wechselstrom (AC) verarbeitet der Mach-E dreiphasig und bis 11 kW; der kleine Akku ist so in 5,7 Stunden von 10 auf 80 Prozent Ladestand gebracht, der große in 7,2 Stunden. Gleichstrom (DC) aus der Schnellladesäule wird bis 150 kW gezogen, hier nimmt der Ladevorgang 38 beziehungsweise 45 Minuten in Anspruch. Ford hat sich dem Ionity-Schnellladenetz angeschlossen und bietet seinen Kunden während des ersten Jahres einen kostenfreien Account sowie einen vergünstigten Tarif, der 0,31 Euro/kWh statt der ansonsten berechneten 0,79 Euro beträgt.

Als Verbrauch haben wir 25 kWh/100 km festgehalten.

Mustang aus Mexiko

Zu den Lieferzeiten des in Mexiko produzierten Mustang Mach-E sagt Ford, dass bei einer Neubestellung derzeit etwa fünf bis sechs Monate einzukalkulieren sind. Das Warten sollte sich lohnen, denn der stromernde Crossover ist ein nahezu rundum überzeugendes Elektroauto zum tolerablen Preis geworden. Die Starthilfe vom Namenspatron hätte er gar nicht nötig gehabt.

Ulla Ellmer

Ford Mustang Mach-E in Kürze:

Wann er kommt: Marktstart ist bereits erfolgt

Wen er ins Visier nimmt: Tesla Model Y, VW ID.4, Mercedes EQA, Audi Q4 e-tron  

Was ihn antreibt: Elektromotoren mit 198 kW/269 PS, 216 kW/290 PS, 258 kW/346 PS. Akkukapazität 68 kWh und 88 kWh (netto)

Was er kostet: Ab 46.900 Euro, Innovationsprämie bis 9570 Euro brutto abzugsfähig

Was noch folgt: Ende 2021 der Mustang Mach-E GT mit 358 kW/487 PS