Mazda kreuzt Benziner und Diesel

27.7.2019, 11:01 Uhr
Mazda kreuzt Benziner und Diesel

© Hersteller

Manch deutscher Autofreund pflegt mit einem gewissen Dünkel auf die fernöstlichen Fahrzeughersteller herabzublicken. Dabei sind viele der Asiaten alles andere als Parvenus. Beispiel Mazda: Schon 1920, vor fast hundert Jahren also, hat sich das Unternehmen in Hiroshima etabliert, 1930 begann man mit der Entwicklung eines motorisierten Lastendreirads namens Mazda-GO, Ende der 1950er-Jahre hatte man schon 30 Nutzfahrzeuge anzubieten, und im Mai 1960 fuhr der erste Großserien-Pkw zum Kunden, das City-Coupé Mazda R360.

In seiner rund hundertjährigen Geschichte hat sich Mazda immer wieder recht spezielle Entscheidungen geleistet. Dem Wankelmotor blieb man selbst dann noch treu, als andere ihn schon abgeschrieben hatten, dem angesagten Downsizing – weniger Zylinder, weniger Hubraum, Turboaufladung – verschließen sich die Japaner bis heute eigensinnig.

"Diesotto" hieß es bei Mercedes

Jetzt verabschieden sie aber ein Projekt in die Serienfertigung, an dem sich auch Opel, VW und Daimler bereits abgearbeitet und das sie dann wieder beerdigt haben: Ein Motor, der eine Zwischenlösung aus Benziner und Diesel darstellt, "Diesotto" hat Mercedes seinerzeit als Arbeitstitel eingeführt.

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Die Motivation, die dahintersteckt, ist das Bemühen um Sparsamkeit und Schadstoffreduktion. Charme des Konstruktionsprinzips ist es, das Beste zweier Welten zu vereinen – also die Effizienz und das höhere Drehmoment eines Diesels mit der Fahrspaß verheißenden Drehfreudigkeit eines Benziners.

Jahrelange Forschungsarbeit

Aus dem Ärmel geschüttelt haben die Japaner ihren "Skyactiv-X"-Motor freilich nicht, schon seit Jahren tüfteln sie an Prototypen und in den Versuchsküchen ihrer Labore an der Technologie. Sie in all ihren Feinheiten zu erklären, ersparen wir uns und dem Leser, stattdessen sei nur auf die Basics eingegangen:  

Alsdenn: Beim Ottomotor bringt bekanntlich ein Zündfunke das Kraftstoff-Luft-Gemisch zur Explosion, Fremdzündung also. Beim Diesel dagegen wird die Mixtur so stark komprimiert, dass sie sich von alleine entzündet, man spricht vom Selbstzünder.

Mazda kreuzt Benziner und Diesel

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Der Benzin-Diesel-Zwitter verfolgt hier einen Kompromiss: Im Teillastbereich wird ein extrem mageres Gemisch (ein Teil Benzin, 16,3 Teile Luft) wie im Diesel per Kompressions- bzw. Selbstzündung „entfacht“. Beim Start und unter Volllast – wenn der Fahrer also viel Leistung abfordert – erfolgt dagegen die Fremdzündung eines anderen, etwas fetteren Benzin-Luft-Gemisches, es hat die Verdichtung von 14:1.

Dabei gab es zunächst einen Schwachpunkt: Der Übergang zwischen den Fremd- und Selbstzündungsphasen lief unrund ab, teils sogar mit Aussetzern. Mazda hat dieses Problem gelöst, indem in allen Betriebsbereichen die Zündkerze zum Einsatz gelangt, also nicht nur in der Fremdzündungs-, sondern auch in der Selbstzündungsphase. Die Aufgabe des Zündfunkens besteht dann aber nur darin, die kleine Menge „fetten“ Gemisches zu entzünden. Dadurch steigen Druck und Temperatur in einem Maße an, dass sich auch das Magergemisch in der Umgebung selbst entzünden kann. Weil für diese Form der Verbrennung weniger Benzin gebraucht wird (Stichwort "Magergemisch"), fallen auch weniger Schadstoffe - zum Beispiel die gefürchteten Stickoxide (NOx) - an.

Die Technologie nennt sich entsprechend "SPCCI“, Spark Controlled Compression Ignition. Und Skyactiv "X" meint die Kreuzung  zwischen Benziner und Diesel.

Super im Tank

Alles klar? Letztlich wird den Verbraucher wohl nur interessieren, wie sich der im Übrigen mildhybridisierte Diesotto von Mazda fährt. Aus zwei Litern Hubraum mobilisiert er 132 kW (180 PS), das maximale Drehmoment von 224 Nm liegt bei 3000 Touren an, gefüttert wird er mit Superbenzin, Diesel kommt nicht in den Tank.

Wir konnten bereits erste Proberunden mit dem 3er Skyactiv X drehen und stellten fest, dass man im Fahrbetrieb nichts von den komplizierten Vorgängen unter der Motorhaube mitbekommt. Heißt: Die Übergänge zwischen Kompressions- und konventioneller Fremdzündung laufen unmerklich ab, der Skyactiv X agiert leise und gelassen. Die Abwesenheit eines Turbos bewirkt, dass im unteren Drehzahlbereich etwas der Durchzug fehlt. Bis das Landstraßentempo von 100 km/h erreicht ist, vergehen8,2 Sekunden, als Spitze werden 216 km/h erreicht.

Mazda kreuzt Benziner und Diesel

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Fahren mit Volldampf macht den Verbrauchsvorteil freilich zunichte, wir erinnern uns: Unter Volllast verfällt der Skyactiv-X in den konventionellen Fremdzündungs-Betrieb.  Zu 80 Prozent, meint Mazda, würde sich der Motor aber im Selbstzündungsmodus aufhalten.

Sparsamer als der Diesel

Wie es um den Verbrauch bestellt ist, muss ein ausführlicherer Praxistest klären, Mazda verspricht nach NEFZ 4,3 l/100 km und einen CO2-Ausstoß von 96 g/km, das läge sogar unter dem Skyactiv-D-Diesel, der 107 g/km emittiert. Die Menge der gefürchteten und für Fahrverbote verantwortlichen Stickoxide (NOx) bleibt nach Herstellerangaben "signifikant" unter jener, die bei der Kompressionszündung in Dieselmotoren entstehen. Belohnt wird die Technologie mit dem Gütesiegel der Euro-6d-Norm, besser geht es derzeit nicht.

Der Mazda 3 Skyactiv X 2.0 M-Hybrid kostet – unter anderem schon mit Head-up-Display und Navi ausgestattet – ab 26.790 Euro. Damit liegt er 3500 Euro über dem konventionellen Skyactiv-G-Benziner mit 90 kW (122 PS) und 1200 Euro über dem 85 kW (116 PS) starken Skyactiv-D-Diesel. Allradantrieb gibt es für 2000 Euro Aufpreis, der Grundpreis fürs allradgetriebene Modell liegt bei 32.740 Euro.

Neben dem Fünftürer „diesottot“ auch der Mazda 3 Stufenheck, und zwar ausschließlich – der "Fastback" ist mit anderen Motoren überhaupt nicht erhältlich. Preis: ab 27.290 Euro. Und schließlich wird auch das brandneue und für Herbst avisierte SUV-Coupé CX-30 mit Skyactiv-X-Technologie auf den Markt kommen.

Ulla Ellmer

Mazda 3 Skyactiv-X M-Hybrid in Kürze:

Wann er kommt: Ist bereits bestellbar, Auslieferung ab Ende September

Wen er ins Visier nimmt: Die Technologie ist konkurrenzlos

Was ihn antreibt: Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit Kompressionszündung und Mildhybridsystem, 132 kW (180 PS)

Was er kostet: Ab 26.790 Euro

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