Mercedes: Die nächste G-neration

15.1.2018, 05:31 Uhr
Mercedes: Die nächste G-neration

© Hersteller

Schon der Beginn verlief spannend, und er hatte mit dem Schah zu tun. 1972 verlangte es den iranischen Monarchen Reza Pahlavi, damals Daimler-Benz-Aktionär, nach einem leistungsfähigen Geländewagen für seine Grenzpatrouillen, und die Stuttgarter reagierten, indem sie eine Kooperation mit dem österreichischen Hersteller Steyr-Daimler-Puch zwecks der gemeinsamen Entwicklung eines solchen Raubeins eingingen. Letztlich wurde aus dem Deal mit dem Schah zwar nichts. Doch der Grundstein für die G-Klasse war gelegt. 1975 einigte sich die deutsch-österreichische Allianz auf eine Serienproduktion, aus der 1979 der Puch G und der Mercedes G hervorgingen. Ab 2000 wurde der ultimative Geländegänger dann nur noch unter dem Label Mercedes G verkauft.

Fast vierzig Jahre liegt das Debüt der ersten G-neration zurück, schier unfassbare 80 Prozent sind noch heute auf der Straße unterwegs. Heute ist die G-Klasse der dienstälteste Mercedes und steht praktisch ohne unmittelbare Konkurrenz da. Toyota Land Cruiser oder Jeep Wrangler sind nicht wirklich relevant, und die weichgespülten SUVs von heute schon gar nicht, auch wenn der G als Vater der Mercedes-Viererbande GLA, GLC, GLE und GLS gilt. Der einzige ernsthafte Gegner, der Kult-Brite Land Rover Defender, musste sich 2016 den Zwängen von Schadstoffbegrenzung sowie Fußgängerschutz beugen und sich in den Ruhestand verabschieden, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen, mit einer neuen Generation ist erst ab 2019 zu rechnen.

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Ikonenhafte Kantigkeit

Die G-Klasse leistet sich keine solche Lücke in der Biographie. Auf der North American Auto Show NAIAS in Detroit (bis 28. Januar) wird das neue Modell präsentiert, das kommt nicht von ungefähr, denn die USA sind für den "G Wagon" noch vor Deutschland der größte Markt.

Man muss schon sehr genau hinschauen, um zu erkennen, dass sich da die zweite Generation im Scheinwerferlicht sonnt. Never change a winning team, heißt es, das gilt auch für a winning car, und der G ist ein Gewinner, zweifellos - bis zuletzt waren die Auftragsbücher voll, mit über 22.000 Einheiten ist 2017 das erfolgreichste Jahr der Modellhistorie gewesen. "Terminator" Arnold Schwarzenegger, bekennender G-Fan und wie der kultige Mercedes gebürtig in Graz, bekannte bei der Premiere im morbid-desolaten Michigan Theatre von Detroit gar, "darum gebetet" zu haben, dass die Optik des "Master of Offroad" nicht allzu sehr verändert würde. Kein Grund also, das am Heck positionierte Ersatzrad abzunehmen oder die ikonenhafte Kantigkeit zu ändern und womöglich gar zur Beliebigkeit abzusoften.

Dass selbst die Baureihenbezeichnung (463) erhalten blieb, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich vom Vorgänger nur der Türgriff, die Wischwasserdüsen und die Reserveabdeckung in die neue Zeit hinübergerettet haben. Länger wird der neue G im Vergleich zum Vorgänger kaum, aber ein gutes Stück - rund zehn Zentimeter - breiter und mit mehr Radstand versehen, was den Mitfahrern in zweiter Reihe spürbar mehr Beinfreiheit beschert.

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Weit eher als der äußere Auftritt dokumentiert das Innenleben, dass für den Klassiker neue Zeiten angebrochen sind. Der schon bislang typische Luxus wird jetzt durch digitale HighTech samt Vollvernetzung perfektioniert, den Armaturenträger schmückt das große Kino des Widescreen-Cockpits, bei dem wie in E- und S-Klasse optional zwei 12,3-Zoll-Displays zu einer optischen Einheit verschmelzen. Und während sie mit dem G über Stock und Stein ackern, können sich Fahrer und Beifahrer eine Sitzmassage gönnen, die Multikontur-Fauteuils mit dem Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken (AGR) fangen die Widrigkeiten der Geländefahrt komfortabel ab.

Leiterrahmen und Starrachse

"Eine Ikone wie die G-Klasse technologisch weiterzuentwickeln, war Herausforderung und Chance zugleich", sagt Gunnar Güthenke, Produktchef Geländewagen bei Mercedes. Jedes Teil und jede Schraube sei auf den Prüfstand gekommen. Und so bleibt es zwar bei der bewährten Grundrezeptur aus Leiterrahmen, Starrachse, drei hundertprozentigen Differenzialsperren und Geländeuntersetzung, am Nimbus als Gelände-Hardliner wird somit nicht gerüttelt. Allerdings hat man das Konzept gründlich verbessert, die starre Hinterachse ist neu und soll den Komfort auf der Straße optimieren, vorn gibt es jetzt Einzelradaufhängung mit Doppellenker-Querachse. Die Fahrmodusauswahl bietet nunmehr bis zu fünf Fahrprogramme an, auch die Dämpfungseigenschaften lassen sich verändern. Und dann ist da noch der neue "G-Mode", ein Offroad-Modus, der unter anderem die Verstelldämpfung des Fahrwerks und der Lenkung anpasst und so die Geländegängigkeit optimiert. Der G-Mode schaltet sich automatisch zu, wenn eine der drei Differenzialsperren aktiviert oder die Geländeuntersetzung "Low Range" angewählt wird. Ein kleines G-Icon im Armaturenträger informiert den Fahrer dann über den Aktiv-Status dieser Funktion.

Was den Bezwinger problematischen Terrains sonst noch interessiert: Die Bodenfreiheit beträgt 27 Zentimeter, zwischen den Achsen 24,1 Zentimeter, an Steigfähigkeit sind bis zu 100 Prozent möglich, die Wattiefe ist um zehn auf 70 Zentimeter gestiegen und Böschungs- sowie Rampenwinkel haben auf 30/31 bzw. 26 Grad zugelegt. Ein neues Verteilergetriebe schickt 40 Prozent der Antriebskräfte an die Vorder- und 60 Prozent an die Hinterachse, zum Einsatz gelangt eine 9G-Wandlerautomatik.

Vierliter-V8 mit 422 PS

Wenn der neue G 500 im Mai an den Start fährt, dann wird ihn ein Vierliter-V8-Benziner mit 310 kW/422 PS und einem maximalen Drehmoment von 610 Nm antreiben. Später folgen auch wieder ein Diesel und ein AMG G 63, der Achtzylinder hat rund 80 Prozent der Verkaufszahlen getragen. Einen Zwölfzylinder wird es indes nicht mehr geben, dafür aber wohl eine Hybridversion.

Fest steht schon der Preis des G 500, mindestens 107.040 Euro sind für ihn hinzublättern. Schah muss man dazu nicht sein, zahlungskräftig aber schon. Auch daran hat sich in vierzig Jahren nichts geändert.

Ulla Ellmer

Lesen Sie auch: Dr. Gunnar Güthenke, Produktleiter Geländewagen bei Mercedes und Leiter der Mercedes-Benz G Gmbh, über anständige Autos, die Fortschritte des G und die Verantwortung für eine Ikone

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