Seat Mii electric: Stromer für die City

26.11.2019, 20:10 Uhr
Seat Mii electric: Stromer für die City

© Hersteller

Der Seat Mii ist bereits dort, wo das Gros der Automobile – so zumindest die Vision – über kurz oder lang generell hin soll: In einer Ära jenseits des Verbrennungsmotors. Ab sofort gibt es den kleinen Spanier nur noch elektrisch. Damit ergeht es ihm ähnlich wie seinem baugleichen Bruder Skoda Citigo. Nur der Dritte im Bunde, der VW up, darf parallel zu seinem elektrischen Dasein auch weiterhin benzinern, vorerst zumindest.

Dass er das erste E-Auto von Seat werden würde, war dem Mii nicht in die Wiege gelegt. Seit Ende 2011 gibt es ihn, und die acht Jahre später erfolgte Metamorphose zum Stromer bleibt zumindest optisch weitgehend folgenlos. Nur der in schwungvoller Schreibschrift an Heck und Flanke geworfene "electric"-Schriftzug weist auf die Besonderheit des Antriebs hin.

Emissionsfrei durch die City

Im Stadtverkehr von Madrid fällt der 61 kW (83 PS) starke und mit 212 Nm Drehmoment ausgestattete E-Zwerg denn auch nicht weiter auf – schon allein deshalb nicht, weil der lärmende Verkehr die Lautlosigkeit des elektrischen Fahrens hungrig absorbiert. Die City ist als der natürliche Lebensraum des Mii electric vorgesehen. Dort erreicht seine Reichweite das Maximum, bis zu 358 Kilometer verspricht Seat, das sollte für den täglichen Bedarf locker reichen.

Dass der 3,56 Meter kurze, immer viertürige Stromer innerhalb geschlossener Ortschaften am weitesten kommt, liegt einerseits an den dort vorgelegten verhaltenen Geschwindigkeiten, andererseits aber auch an den Möglichkeiten zum Reichweiten-Hamstern, die von den vier Rekuperationsstufen bereitgestellt werden. Die stärkste lässt das sogenannte "One-Pedal-Driving" zu, auch so ein Wort aus dem Elektro-Vokabular, an das wir uns gewöhnen müssen. Gemeint ist damit, dass der Wagen nach Lupfen des Fahrpedals so stark verzögert, dass er an der Ampel ganz ohne Tritt auf die Bremse zum Stehen kommt.

Seat Mii electric: Stromer für die City

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Während wir durch Spaniens Hauptstadt stromern, signalisiert uns die Digitalanzeige tatsächlich nur ein marginales Dahinschmelzen der Reichweite. Dann aber lassen wir Madrid hinter uns und beschleunigen auf die Autovia del Noroeste. In 3,9 Sekunde zoomt der Mii electric von 0 auf 50 km/h, in 12,3 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, als Höchstgeschwindigkeit werden 130 km/h angegeben. Jetzt geht es dahin mit dem Aktionsradius, das schnelle Tempo frisst Strom, mit Rekuperieren ist es nunmehr weitestgehend vorbei. Immerhin helfen die beiden Eco-Modi beim Stromsparen. Als durchschnittliche, also im kombinierten Fahrzyklus erreichbare Distanz gibt Seat maximal 259 Kilometer an.

Also laden. Wer ein Elektroauto erwirbt, sollte auch gleich in eine Wallbox investieren. Allerdings kann der Mii electric hier und an der öffentlichen Ladestation nur 7,2 kW Strom ziehen, deshalb braucht es gut vier Stunden, bis der 32,3-kWh-Lithium-Ionen-Akku auf 80 Prozent befüllt ist. Alternativ ist der Spanier mit 40 kW schnellladefähig, an der Gleichstrom-Station dauert der Ladevorgang von 0 auf 80 Prozent etwa eine Stunde. Keine sinnvolle Option ist die schwache Stromzufuhr an der Haushaltssteckdose, hier sind 16 bis 18 Stunden Geduld gefordert. Zum Verbrauch: Pro 100 km will der kleine Spanier mit 12,9 bis 12,7 kWh Strom gefüttert werden.

Im Kofferraum findet der Mii-electric-Kunde allerdings nur ein dreiphasiges Typ-2-Ladekabel zum Andocken an der Wallbox bzw. öffentlichen Ladestation vor. Die Verbindung zur Haushaltssteckdose oder der CCS-Ladedose muss extra bezahlt werden.

Abgesehen von seinen elektrischen Besonderheiten fährt sich der Mii electric letztlich kleinwagentypisch. Der kurze Radstand setzt dem Fahrkomfort Grenzen, ohne ihn in rumpelige Regionen abstürzen zu lassen, die Lenkung arbeitet präzise und direkt, die Abrollgeräusche bleiben angenehm dezent.

Ambientelicht und "Seat Connect"

Im Innenraum gestattet sich der elektrische Mii dann doch noch ein paar Abweichungen gegenüber seinem Vorgänger aus dem Verbrenner-Zeitalter. Man merkt ihm an, dass er kein ganz neues Auto ist; nach wie vor gibt es beispielsweise einen konventionellen "Zündschlüssel" anstelle eines Start-Stopp-Knopfes. Immerhin wurde der Armaturenträger aber  neu gestaltet (ohne ein digitales Cockpit zu bekommen), lauschige Ambientebeleuchtung gestaltet das Interieur behaglich, und – erstmals in einem Seat – befindet sich das Konnektivitätssystem "Seat Connect" an Bord, mit dessen Hilfe sich via Smartphone-App Fahrdaten, Parkposition und Fahrzeugstatus abrufen lassen, zudem kann das Ladeprozedere geplant und der Passagierbereich vorklimatisiert werden. Auch zur Navigation muss das Smartphone herangezogen werden, es findet dann in einer Halterung Platz. Im Zeitalter der Riesen-Bildschirme muss sich das Auge an diese buchstäblich kleine Lösung erst einmal gewöhnen.

Weil der Akku platzsparend unterflur installiert wurde, knabbert er auch nicht am Kofferraum, dieser bleibt mit 251 bis (nach Umklappen der geteilten Rücksitzlehne) 923 Litern unverändert.

Seat Mii electric: Stromer für die City

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Mit 20.650 Euro ist der Mii electric der preisgünstigste aller drei Kleinstwagen-Brüder aus dem Volkswagen-Konzern. Der Skoda Citigo iV kommt auf mindestens 20.950, der VW e-up auf 21.975 Euro. Zieht man vom Preis die künftige Förderprämie von 6000 Euro ab, errechnen sich also Konditionen, die den Umstieg auf Elektromobilität durchaus versüßen können. 1200 Vorbestellungen, so heißt es bei Seat, liegen für den Elektro-Mii bereits vor.

Alternativ gibt es auch ein Leasingprogramm, hier beträgt die monatliche Rate ab 145 Euro, ohne Anzahlung, über 36 Monate und mit einer Laufleistung von 10.000 Kilometern pro Jahr.

Auf die Batterie gewährt Seat eine Garantie von acht Jahren (70 Prozent Akkuleistung) bei maximal 160.000 Kilometern.

Seat Mii electric: Stromer für die City

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Ab Werk geben die Spanier ihrem Kleinsten unter anderem Climatronic, Spurhalteassistent, Berganfahrhilfe, Fahrprofilauswahl und das Konnektivitätssystem Seat Connect mit. Die Besser-Variante "Plus" bekommt obendrein 16-Zoll-Alufelgen, getönte Rückscheiben, Sitzheizung, beheizbare und elektrisch verstellbare Außenspiegel, Nebelscheinwerfer und ein Audiosystem mit sechs Lautsprechern. Zusätzlich lassen sich drei Austattungspakete ("Fahrassistenz", "Easy Flex", "Winter") buchen.

"Die Elektrifizierung schreitet rapide voran“, spricht Seat-Chef Luca de Meo. Dabei ist der Mii electric nur der erste Streich. Der „El Born“ steht bereits in den Startlöchern, Ende 2020 soll er auf den Markt kommen und – auf der speziellen Elektro-Plattform des Volkswagen-Konzerns aufbauend – das Seat-Pendant zum VW ID.3 werden.

Der Mii wiederum wird nicht der einzige Kleinstwagen bleiben, der keine Zukunft mehr als Verbrenner hat. Ursächlich sind die verschärften CO2-Flottengrenzwerte der EU. Sie auf den neuesten Umweltstandard zu bringen, würde die Minis preislich unattraktiv machen. Opel hat Karl und Adam bereits ausgemustert, den Smart gibt es nur noch elektrisch, hinter Citroen C1, Peugeot 108 oder Toyota Aygo stehen Fragezeichen. Und auch die zweite, für Sommer 2020 avisierte Generation des Fiat 500 wird nur noch als "electric" vorfahren.

Ulla Ellmer

Seat Mii electric in Kürze:

Wann er kommt: Ist bereits bestellbar, Auslieferung ab Februar 2020

Wen er ins Visier nimmt: Skoda Citigo iV, VW e-up, Smart forfour EV

Was ihn antreibt: Elektromotor mit 61 kW (83 PS)

Wie weit er kommt: Im Schnitt knapp 260 km

Was er kostet: Ab 20.650 Euro

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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