Das Christkind übt für den großen Auftritt

22.11.2013, 09:58 Uhr
Noch ist alles ganz entspannt: Schauspieler Marco Steeger gibt Teresa Tipps, auf was es ankommt.

© Roland Fengler Noch ist alles ganz entspannt: Schauspieler Marco Steeger gibt Teresa Tipps, auf was es ankommt.

„Wir tun so, als wär’ keiner da.“ Der Rat von Schauspieler Marco Steeger (35), der am Donnerstag zum zweiten Mal in die Rolle des Lehrers schlüpft, hilft vielleicht auch auf der Empore der Frauenkirche, am 29. November. Jetzt hängen ihr Journalisten und Fotografen an den Lippen, verfolgen jede Bewegung ihres schmalen Teenagerkörpers. Teresa soll sich „dehnen, bis die Hose platzt“ (Steeger), mit geschlossenen Augen durch den hohen Probenraum laufen, hüpfen, am Boden krabbeln. Und sich dabei vor allem nicht genieren.

Steeger, der Profi, bewegt sich elastisch, raumgreifend, die Stimme immer voll und fest. Kein Wunder, er hat ein Diplom der Stuttgarter Hochschule für darstellende Kunst. Mit seinen 1,74 Metern ist er sogar ein wenig kleiner als seine Schülerin, die an der Unterlippe kaut, wenn sie nicht weiterweiß.

Ein künstlicher Baumstamm, sorgsam verpackt in schwarzen Stoff, liegt quer im Raum. Hier wird für das Stück „Eine Schneise“ geprobt; ein Waldbrand, ein Junge auf der Suche nach seiner Identität spielen eine Rolle, auf einem ramponierten Flügel im Probenraum liegen Textzettel.

Szenenwechsel, heute muss eine Waldorf-Schülerin aus Großgründlach ihre Identität als Christkind finden, die Unsicherheit aus dem Körper schütteln, mit fester Stimme „Ihr Herr’n und Frau’n, die ihr einst Kinder wart“ sprechen. Noch hängt ein Kichern am Ende mancher Sätze, noch verfällt sie in eine Sprachmelodie, die ihr Steeger gerne austreiben möchte.

Wo ist der Text?

Sie stockt. „Oh, Gott“, wo ist der Text? Nicht schlimm, beruhigt der Schauspieler, während sie an der grauen Strickjacke zupft und nervös von einem Fuß auf den anderen tritt. Steeger hat den Prolog auf seinem Handy gespeichert, sicherheitshalber. „Schmuck, Kugeln, und selige Weihnachtszeit“, Teresa Treuheit nimmt den Faden von alleine wieder auf.

Im Hintergrund, auf hölzernen Klappstühlen, sitzen die Eltern, Marion und Ernst Treuheit. Vertrautes Publikum für die 18-Jährige, die mit ihrer zweiten Bewerbung ums Christkind-Amt Erfolg hatte. Dass sie wie ein Dressurpferd galoppieren würde, bis Lehrer Steeger in die Hände klatscht, hat sie sich wahrscheinlich nicht träumen lassen.

Viel Körperarbeit

Doch siehe da, die Gesten, die gerade noch ungelenk und staksig waren, werden schon runder, ausladender. „Mein Markt bleibt immer jung“, das bringt sie zwar nur schwer atmend heraus. Der verordnete Schweinsgalopp hat Folgen, aber Körperarbeit gehört nun mal zur Sprecherziehung wie die Krone zum Christkind.

„Die Gesten machen wir nächste Woche.“ Noch drei Sitzungen stehen an, noch dreimal wird Teresa die endlosen Katakomben des Staatstheaters durchwandern, bis sie droben in der Probe „mehr Mut zur Frechheit“ finden kann. Kameras klicken, Mikrofone fangen die Befehle Marco Steegers auf, aber auch jeden Kiekser der Schülerin.

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