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Nach "Call Me by Your Name" hat der Regisseur Luca Guadagnino in "Bones and All" wieder mit Timothée Chalamet zusammengearbeitet. Herausgekommen ist ein zartes Horror-Drama voller Blut und Tod, aber auch voller Liebe und mit leisen Tönen.
Zu den einzigartigen Fähigkeiten Guadagninos gehört es, jedem noch so bizarren Thema Poesie zu verleihen. Auf die Spitze treibt er das nun in "Bones and All", der von zwei Kannibalen erzählt und bei den Filmfestspielen in Venedig im September den Silbernen Löwen für die beste Regie gewann.
Suche nach der Mutter
Zwar wird Jung-Star Timothée Chalamet wohl die Fans von "Call Me by Your Name" ins Kino locken. Doch im Fokus steht diesmal die kanadische Schauspielerin Taylor Russell. Sie spielt die Kannibalin Maren, die herausfinden möchte, wie sie zu dem wurde, was sie ist.
Während ihr Vater am Kannibalismus seiner Tochter verzweifelt und sie an ihrem 18. Geburtstag verlässt, hat Maren die Vermutung, dass ihre ihr unbekannte Mutter ebenfalls Kannibalin ist. Und sie macht sich auf die Suche nach ihr.
Auf ihrem Road-Trip merkt sie, dass es außer ihr auch noch andere Kannibalen gibt. Zum Beispiel Sully, einen Überlebenskünstler, dem Mark Rylance auf genial-schauerliche Weise Leben einhaucht. Schließlich trifft Maren auf Lee (Chalamet), ebenfalls ein junger Kannibale, in den sie sich verliebt. Ganz zart entfaltet sich die Bindung zwischen den beiden, doch sie bleibt nicht ohne Probleme.
Chalamets und Russells Spiel pulsiert regelrecht in der vorsichtigen gegenseitigen Annäherung. Gleichzeitig kämpfen die zwei mit ihrer eigenen Identität, was das Zusammenfinden nicht gerade einfacher macht.
Das Kennenlernen wird von starken Bildern untermalt. Der Road-Trip führt Maren und Lee auf endlose, verlassene Straßen und durch menschenleere Landschaften. Ganz verloren wirken sie unter dem weiten Himmel von Nebraska, Indiana oder Montana. Gerahmt wird das von einem Soundtrack aus melancholischen Gitarrentönen und Songs etwa von Joy Division oder New Order. "Bones and All" spielt in den 1980er Jahren.
Fragiles Miteinander
Doch zwischen dieser schönen Atmosphäre und dem fragilen Miteinander darf man nicht vergessen, dass man es in dieser Geschichte immer noch mit Kannibalen zu tun hat. Immer wieder stellt Guadagnino das Menschen-Essen zur Schau – es wird blutig, schmutzig und lustvoll. Einer der Kannibalen trägt einen langen Zopf mit sich herum, der aus den Haaren all derer besteht, die er bereits gegessen hat.
Zarte Coming-of-Age-Romanze und abstoßender Horror, geht das wirklich zusammen? Man kann es sich eigentlich nicht vorstellen. 130 Minuten später ist man schlauer.
In diesen Kinos läuft der Film.