"Der Fall Collini": Im Namen der Gerechtigkeit

18.4.2019, 08:00 Uhr

© Constantin

Über das Motiv schweigt er sich allerdings verbissen aus. Auch gegenüber seinem jungen Pflichtverteidiger Caspar Leinen. Dass "Fack ju Göhte"-Star Elyas M’Barek diesen unerfahrenen Anwalt spielt, dürfte dem Justiz-Drama "Der Fall Collini" auch etliche Zuschauer aus seiner Fan-Gemeinde bescheren.

Um es gleich vorwegzunehmen: M’Barek macht sich gut im dramatischen Fach, den Junganwalt verkörpert er als durchaus ernstzunehmenden Charakter. Dafür gönnt ihm das Drehbuch nach einem Roman von Ferdinand von Schirach auch etliche innere und äußere Konflikte, die er breit ausspielen kann.

Insgesamt wirkt die Geschichte, die Regisseur Marco Kreuzpaintner gegenüber der literarischen Vorlage nicht nur leicht verändert, sondern auch ordentlich mit Emotion und Dramatik angereichert hat, ziemlich konstruiert. Sie verhandelt einen fast vergessenen deutschen Justizskandal um das sogenannte Dreher-Gesetz von 1968, das der damalige Leiter der Strafrechtsabteilung des Justizministeriums, Eduard Dreher, initiierte. Danach wurden bestimmte Mordgehilfen der Nationalsozialisten nicht mehr als Mörder eingestuft, sondern lediglich als Totschläger - mit der Konsequenz, dass ihre Taten verjährt waren.

Im Film stellt sich nach und nach heraus, dass auch das Mordopfer in der Vergangenheit eine ungeheuerliche Rolle spielte - als SS-Offizier in dem toskanischen Dorf, in dem Fabrizio Collini aufwuchs. Zugleich war Hans Meyer später der großzügige, väterliche Gönner, der den türkisch-deutschen Pflichtverteidiger während seiner Kinder- und Jugendtage in seiner fränkischen Villa aufnahm und förderte.

Zwischen Meyers Enkelin Johanna (herb: Alexandra Maria Lara) und Caspar Leinen gab es damals eine zarte Liebesgeschichte, den geschenkten Mercedes-Oldtimer fährt er als Anwalt noch immer. Als kurze Rückblenden-Splitter geben Leinens Erinnerungen ein ungefähres Bild von dieser Idylle – genug, um seine aufkeimenden Gewissenskonflikte zu begründen. Doch statt in die Tiefe zu gehen, werden eigentlich nur Stationen abgehakt.

Dasselbe gilt für die Figur des Fabrizio Collini. Für dessen jahrzehntelanges Leiden an der in etwas plakativen Rückblenden gezeigten Vergangenheit müssen ein paar knappe Sätze genügen. Franco Nero hat da als Schauspieler kaum Möglichkeiten, diesem Mann, der Gerechtigkeit fordert, Facetten zu geben.

Von der Suche nach Collinis Mordmotiv wird die erste Hälfte des exzellent gefilmten und in seiner Bildhaftigkeit deutlich von einem "kleinen Fernsehspiel" entfernten Dramas noch ziemlich zerdehnt. Die danach im Gerichtssaal spielenden Szenen sind dagegen mit hoher Spannung aufgeladen, die auf die Schlüsselszene zielt.

Leinen wächst wie erwartet an seinem anfangs schier aussichtslosen Fall. Seinem einstigen Lehrer, dem renommierten Strafverteidiger Richard Matting, der im Prozess Meyers Enkelin als Nebenklägerin vertritt, begegnet er bald auf Augenhöhe. Heiner Lauterbach spielt diesen Star-Anwalt mit smarter Selbstgewissheit und einiger Fallhöhe. So kommen viele Fakten und Figuren zusammen - und alle etwas zu kurz. (D/120 Min.)

Verwandte Themen


Keine Kommentare