Historiendrama im Kino

Der Großvater der Katzenvideos: "Die wundersame Welt des Louis Wain"

21.4.2022, 09:11 Uhr
Claire Foy als Gouvernante Emily und Benedict Cumberbatch als schrulliger Katzen-Zeichner Louis Wain.

© Studiocanal Claire Foy als Gouvernante Emily und Benedict Cumberbatch als schrulliger Katzen-Zeichner Louis Wain.

Heutzutage lösen niedliche Katzenbilder im Internet Begeisterung aus und sorgen für Herzchen und erhobene Daumen. In "Die wundersame Welt des Louis Wain" spielt der wandelbare Benedict Cumberbatch ("Sherlock", "The Power of the Dog" auf Netflix) nun einen Mann, der im 19. Jahrhundert mit vermenschlichten Katzenbildern bekannt wurde.

Das Drama erzählt die Lebensgeschichte eines Künstlers aus Großbritannien. Der Illustrator Louis Wain malte lustige Kätzchen, bunte Kätzchen und Kätzchen, die etwas irre aussahen. Dabei, so vermittelt es der Film, waren Bilder der Tiere damals eher ungewöhnlich.

Regisseur Will Sharpe inszeniert eine märchenhafte Geschichte, die ein bisschen an Poesiealben im Vintagestil erinnert. Der schrullige Louis Wain, der mit seiner Mutter und den fünf Geschwistern unter einem Dach lebt, ist fasziniert von Elektrizität. Er arbeitet an mehreren Patenten, verdient sich sein Geld aber mit Illustrationen. Er zeichnet mit zwei Händen gleichzeitig, schreibt nebenher eine unsinnige Oper, wird von Alpträumen geplagt und mag Boxkämpfe.

Verliebt in die Gouvernante

Auch sonst ist sein Leben und vor allem seine Sicht darauf außergewöhnlich. Als er 1881 im Zug von einer Landwirtschaftsschau zurückkommt, fragt ihn ein anderer Fahrgast: "Sie sind voller Schlamm. Haben Sie sich geprügelt?" – "Ähh, nein. Mich hat ein 1,5 Tonnen schwerer Bulle angegriffen", antwortet Wain und hält eine Zeichnung des Tiers hoch.

Im Laufe des Films muss Wain seine Geschwister finanziell durchbringen. Er verliebt sich in Emily, die Gouvernante seiner Schwestern (Claire Foy aus der Streaming-Erfolgsserie "The Crown"), die sich gerne im Schrank versteckt.

Die Liebesgeschichte zeitigt erst einen Skandal, dann eine tragische Wendung. Und Wain steht vor einer großen Herausforderung. Regisseur Sharpe erzählt auf diese Weise von Außenseitern und Verlusten, von psychischem Rückzug und vom Blick eines Künstlers auf die Welt. Denn schließlich sind es – fast zufällig – Katzen, zu denen der Illustrator eine besondere Beziehung entwickelt. Und so wird der rund zweistündige Film auch zu einer Ode an die Hauskatze.

Ordentlich verschroben

Schauspieler Cumberbatch wirkt in dem Historiendrama ordentlich verschroben und manche Szenen zeigen ihn gealtert. Sein Louis Wain ist eine genialer Einzelgänger, der auf sozialem Gebiet und im täglichen Leben ziemlich unbeholfen daherkommt. Seine etwas abenteuerliche Theorie, die er zur Elektrizität aufstellt, passt dazu.

Sicher zählt auch "Die wundersame Welt des Louis Wain" zu jenen Filmen, denen etwas weniger Musikuntermalung in manchen Szenen gut getan hätte, und die bisweilen ins Kitschige abdriften.

Doch letztlich hat das Künstlerporträt eine so schöne Botschaft, dass man darüber hinwegsehen kann: Am Ende ist der Film vor allem ein Appell, genau hinzusehen im Leben. Um zu erkennen, wie viel Schönes trotz aller Verluste geboten ist. Viele entzückende Katzen sind natürlich obendrein zu mit von der Partie. (111 Min.)

In diesen Kinos läuft der Film.

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