Ein Herz für die Underdogs

Der Klügere tritt nach: David Wnendts Romanverfilmung "Sonne und Beton" knallt ordentlich

2.3.2023, 16:55 Uhr
Vincent Wiemer als Julius, Levy Rico Arcos als Lukas, Rafael Klein-Heßling als Gino und Aaron Maldonado-Morales als Sanchez (von links) in einer Szene aus "Sonne und Beton".

© Constantin Film/dpa Vincent Wiemer als Julius, Levy Rico Arcos als Lukas, Rafael Klein-Heßling als Gino und Aaron Maldonado-Morales als Sanchez (von links) in einer Szene aus "Sonne und Beton".

"Mann, is dein Ernst? Lass mich doch mal rein jetzt, Alter. Ich bin seit vier Jahren auf dieser bekackten Schule." Lukas steht vor dem Gebäude, aber die Sicherheitsleute lassen ihn nicht aufs Gelände, weil er seinen Ausweis vergessen hat. Also schwänzt er und gerät bald in eine Schlägerei, die fatale Folgen haben wird. So beginnt Felix Lobrechts Roman "Sonne und Beton". Es ist die Geschichte von vier Jungs, die im Berliner Süden aufwachsen, in der Neuköllner Gropiusstadt.

Mit dem Roman landete Lobrecht einen Bestseller. Jetzt kommt die Geschichte ins Kino. Gerade feierte der Film Weltpremiere bei der Berlinale. Regie führte David Wnendt ("Feuchtgebiete", "Er ist wieder da").

Und eins kann man sagen: Der Film knallt ordentlich. Mit Cherry Coke, Tastentelefon und Aufnahmen aus der Zeit des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder bringt er die frühen 2000er Jahre zurück. In rund zwei Stunden nimmt er einen mit zu zerrütteten Familien und ziellosen Männern, zu Hochhausschluchten und Hinterzimmerdeals, zu freundlichen und weniger freundlichen Menschen.

"Sonne und Beton" ist toll besetzt mit vier jungen Schauspielern, "Tatort"-Darsteller Jörg Hartmann spielt Lukas' Vater Matthias, der froh ist, bald als Hausmeister an der Uni arbeiten zu können. Sein Motto: "Der Klügere gibt nach." Lukas‘ älterer Bruder folgt eher dem Leitsatz "Der Klügere tritt nach". Und Lukas und die Jungs kommen auf die Idee, in die Schule einzubrechen , um die neuen Computer zu klauen. Nach und nach entsteht ein Gesellschaftspanorama, das nachdenken lässt über soziale Gerechtigkeit und die Frage, wie sich Gewalt verselbstständigt.

Dazu passt Lobrechts Beobachtung: Er staune, dass wir in einer "sehr wachen, also woken Zeit" lebten, wo man sich mit Diskriminierungsmechanismen und -dimensionen auseinandersetze. Die wichtige, größte und besterforschte Diskriminierungsdimension – nämlich soziale, im Sinne von ökonomischer Herkunft – sei aber nicht Thema, sagte er einmal. Nichts bestimme ein Leben mehr als die soziale Herkunft.

In diesen Kinos läuft der Film.

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