"Happy Lamento": Ratlos im Kinosessel

21.6.2019, 09:00 Uhr

© REM

"Happy Lamento", das Alterswerk des 87-jährigen Alexander Kluge wurde 2018 in Venedig in einer Sonderschau und in Cannes mit dem Hauptpreis der "Semaine de la Critique" gewürdigt. Jetzt ist der Post-Glamour-Zuschauer dran und er ist – eigentlich Routine bei Kluge – im Kinostuhl ratlos.

Offenbar hat der rastlose Tausendsassa Kluge, Besitzer unzähliger Lehrstühle, Titel, Preise, Aufziehpuppen und Filmschnipsel, eine Reise nach Manila unternommen, um mit dem philipinischen Kinorebellen Khavn de la Cruz und seinem farbenprächtigen Filmgemetzel "Alipato – A Brief Life Of An Ember" eine poppige Mixtur zusammenzuschneiden. Wobei Khavns Beitrag mit seinen herumhüpfenden Killer-Kindern einem Kinofilm noch am ähnlichsten sieht.

Kluges unendliche und unerschöpflich bebilderte und mit (passender?) Musik versehene Ideensammlung zum Thema, Elefanten, Donald Trump, den Mond und alle Versionen von "Blue Moon", um nur einen Bruchteil zu nennen, gleicht dem illustrierten und durch nichts zu bremsenden Redefluss eines Haschischrauchers, der eine Ewigkeit im Netz unterwegs war und nun in Zungen redet.

Zwischen den Bilderrätseln gibt es schön gestaltete Texte, kleine Zwischenweisheiten, und Interviews unter anderem mit Helge Schneider und Heiner Müller, wobei der zum Redefluss anstachelnde Kluge jeweils mit einem "Ja?!" vor jedem Atemholen die Zustimmung seines Gegenübers einzuholen scheint. Vieles ist die pure Blödelei und mitleiderregend ungeschickt inszeniert, oder es zeigt Ansätze zum Tiefsinn, wie er schon in den Zwischentexten aufflackert.

Alexander Kluge, der sowieso die Kurzform jedweder Kunstäußerung zu bevorzugen scheint, lässt sich auf keine noch so spitzfindig entlarvte Sinngebung festlegen. Was durchaus seiner Kunsttheorie entspricht, sei sie nun ernst gemeint oder ebenfalls als schräger Scherz: Dass nämlich das Kino die einzig freie Kunstform sei, die deshalb nicht das dem Menschen Angenehme zu behandeln habe, sondern das ihm Fremde, Unbegreifliche, wobei der Künstler – einer Qualle gleich – nur aufnehme und wiedergebe. Um mit Robert Gernhardt zu seufzen: "Das ist so beziehungsreich, ich glaub’ ich übergeb’ mich gleich." (D/90 Min.)

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