Verblüffender Gastauftritt

"Hinterland" im Kino: Und plötzlich ist da Schweighöfer

7.10.2021, 15:10 Uhr
Fremd in seiner Heimatstadt Wien: Murathan Muslu als Kriegsheimkehrer und Ex-Kommissar Peter Perg.

© SquareOne Entertainment Fremd in seiner Heimatstadt Wien: Murathan Muslu als Kriegsheimkehrer und Ex-Kommissar Peter Perg.

Zu diesen Überraschungen im Film zählt ein verblüffender Gast-Auftritt von Matthias Schweighöfer, der das Publikum kurz vor dem Ende von "Hinterland" in wenigen Minuten mit einer facettenreichen, tiefgehenden Charakterstudie packt.

Ins soziale Abseits

Schweighöfer verkörpert einen der Gegenspieler des Ex-Kriminalinspektors Peter Perg (Murathan Muslu), der 1920 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkehrt und die Hauptfigur des Films ist. Nichts ist in seiner Heimatstadt Wien, wie es vor dem Ersten Weltkrieg war. Seine Frau ist mit dem Kind aufs Land gezogen. Den Kaiser, für den er einst jubelnd in den Kampf gezogen war, gibt es nicht mehr. Die Republik Österreich schiebt gebrochene Männer wie ihn ins soziale Abseits der Obdachlosenheime ab. Perg fühlt sich verloren, nutzlos, ausgelaugt.

Als ein Serienkiller ehemalige Kameraden von ihm bestialisch ermordet, gerät er in Verdacht. Zunächst glaubt nur die Gerichtsmedizinerin Theresa Körner (Liv Lisa Fries) an seine Unschuld. Verzweifelt macht er sich auf die Suche nach dem wahren Täter. Dabei steigt er auf immer gefährlicheren Wegen in die Untiefen seines eigenen verwundeten Inneren hinab.

Dank ausgeklügelter Computertechnik verblüfft der atmosphärisch dichte Film schon allein optisch ungemein. Es ist, als würden alte Postkarten lebendig. Entscheidender für die enorme Spannung ist jedoch die raffinierte, sehr effektvolle Erzählweise.

Große Gegenwärtigkeit

Regisseur Ruzowitzky folgt dem klassischen Krimimuster. Psychologisch genau gezeichnete Figuren führen in eine Gesellschaft, die den Wert der Menschen allein an Äußerlichkeiten misst. Schon das verleiht dem Film eine überraschende Gegenwärtigkeit.

Die größte Überraschung aber ist der Auftritt von Matthias Schweighöfer im Finale. Ihm gelingt es, in kürzester Zeit einen Menschen zu porträtieren, der von den sozialen Ungerechtigkeiten ins Abseits getrieben wurde. Die gesellschaftskritische Komponente des Dramas wird damit kraftvoll unterstrichen. Beim diesjährigen Filmfestival in Locarno gewann der Film den begehrten Publikumspreis. (99 Min.)

In diesen Kinos läuft der Film.

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