"Long Shot": Die Schöne und der Zausel

21.6.2019, 09:00 Uhr

© Studiocanal

Im echten Leben würden Charlotte Field und Fred Flarsky, umwerfend gespielt von Charlize Theron und Seth Rogen, wohl nie ein Paar werden. Doch in "Long Shot" von Regisseur Jonathan Levine ist das Märchenhafte dieser Lovestory das Salz in der Suppe einer hochtourigen Komödie mit viel Mut zur hemmungslosen Überzeichnung.

Um Fred aufzumuntern, schleppt ihn sein Kumpel Lance auf eine Benefizparty der Außenministerin, wo Fred in seinen Cargohosen und der billigen Windjacke wie ein Alien wirkt. Doch als Charlotte ihn erblickt, erinnert sie sich: Beide wuchsen in derselben Straße auf, sie war seine Babysitterin, die er schon damals anhimmelte. Weil es der angehenden Präsidentschaftskandidatin Umfragen zufolge an Witz fehlt, engagiert sie den schlagfertigen, blitzgescheiten Journalisten kurzerhand als Redenschreiber.

Gemeinsam starten sie eine Welttour, um für Charlottes globale Umweltinitiative zu werben. Dass sich das ungleiche Paar dabei schneller als gedacht näher kommt, wundert angesichts der fantastischen Chemie zwischen Charlize Theron und Seth Rogen überhaupt nicht. Aus dem radikalen Tausch der Geschlechterstereotypen, den das Drehbuch (Liz Hannah, Dan Sterling) ihnen auf den Leib schreibt, bezieht "Long Shot" viele urkomische Momente. Während Charlotte als top-fitte, angstlose Powerfrau auch beim Sex das Sagen hat, wird der wenig selbstbewusste Fred schnell von seinen Gefühlen und Panikattacken übermannt.

Zugleich ist der Film mit vielen satirischen Seitenhieben auf den amerikanischen Politik- und TV-Betrieb garniert. Der ebenso dumme wie eitle Präsident (Bob Odenkirk) ist eine (allerdings etwas harmlose) Donald-Trump-Karikatur – mit dem Unterschied, dass er das Amt quittieren will, um Filmstar zu werden. Andy Serkis als Medien-Tycoon Wembley erinnert mit feister Maske an den rechtsnationalen Medienmacher Steve Bannon. Die Talkrunden seines Senders sind gespickt mit feixenden sexistischen Sprüchen ("Wollen wir wirklich, dass die Präsidentin den Finger am Roten Knopf hat, wenn sie ihre Tage hat?").

Zugleich sieht man allen an, dass sie einen Heidenspaß an ihren Rollen haben. Das gilt auch für Alexander Skarsgård als schnöseliger, Charlotte offensiv umgarnender kanadischer Premierminister und June Diane Raphael. Sie spielt herrlich zickig Charlottes engste Vertraute Maggie, die Fred anfangs am liebsten zum Teufel schicken würde.

In der irrwitzigsten Szene wird die völlig zugedröhnte Charlotte von einem Undercover-Disco-Besuch in die US-Botschaft beordert, um eine amerikanische Geisel per Telefon aus den Händen eines osteuropäischen Potentaten zu befreien. Und die schönste Szene zeigt, wie leicht die Welt ein besserer Ort sein kann, wenn wir nur zu uns selbst stehen. Vielleicht, legt "Long Shot" nahe, funktioniert das besser, wenn wir die alten Rollenmuster endgültig über den Haufen werfen. (USA/125 Min.)

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