Romantik geht flöten: Adventsmärkte starten zu bald

22.11.2019, 05:56 Uhr
Auf vielen Deutschen Weihnachtsmärkten drängen sich schon seit Wochen Massen durch die Buden. Der Start in die Saison beginnt viel zu früh, findet NN-Redakteurin Elke Graßer-Reitzner

© dpa/Frank Rumpenhorst Auf vielen Deutschen Weihnachtsmärkten drängen sich schon seit Wochen Massen durch die Buden. Der Start in die Saison beginnt viel zu früh, findet NN-Redakteurin Elke Graßer-Reitzner

Ein Besuch auf einem Advents- oder Weihnachtsmarkt in den Wochen vor dem Fest ist uns ein liebgewonnenes Ritual, das wir nicht missen wollen. In der hektischen Zeit mal eine kleine Auszeit nehmen, eine Tasse Glühwein genießen (geht übrigens genauso gut, wenn kein Alkohol drin ist) und die besondere Atmosphäre inhalieren, selbst wenn in unseren Breitengraden in den Adventswochen kaum ein Schneeflöckchen vom Himmel tanzt, ist eine wundervolle Sache und tut uns gut.


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Was aber nun zu beobachten ist, hat mit der guten alten Tradition nichts mehr gemein. Früh, früher, am frühesten, der Weihnachtszirkus beginnt jetzt bereits im Spätsommer. Wozu? Lebkuchen schmecken zwar auch im September, aber macht "Oh Du Fröhliche" im Herbst wirklich Laune? In Bayreuth wurde das "Winterdorf" am 17. Oktober eröffnet — bei fast 18 Grad plus im Freien. Glühwein im T-Shirt gefällig? Die Romantik ist perdu, der Sinn entstellt. Es tobt der Kommerz.

Es geht um Pietät

Kirchen werben seit Jahrzehnten dafür, aus Rücksichtnahme auf den gesetzlich besonders geschützten Totensonntag mit Musikbeschallung und Markttreiben erst kurz vor dem 1. Advent zu beginnen. Es geht um Pietät. Man kann das alles für überholten Unfug halten. Doch Glitzerndes und Duftendes kitzeln unsere Sinne eben dann erst richtig, wenn es draußen kalt und finster ist. Licht in die dunkle Jahreszeit zu bringen und uns aufzumuntern, das ist doch die eigentliche Aufgabe der Advents- und Weihnachtsmärkte. Im Oktober und Anfang November funktioniert das nicht. Insofern bietet der religiöse Ansatz eine Richtschnur.

Die Weihnachtszeit geht übrigens bis 6. Januar. Vielleicht sollten die Betreiber der Budenstädte, darunter viele Kommunen, darüber nachdenken, ihre Märkte bis ins neue Jahr hinein zu öffnen. Denn auch nach den Feiertagen haben wir noch Lust auf Punsch und Plätzchen, jedenfalls viel mehr als im Oktober.

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