Über die Seele des Weines und die Freude am Leben

26.6.2020, 19:19 Uhr
Über die Seele des Weines und die Freude am Leben

© Josefine Mühlroth

Kaum ein anderes Getränk scheint in Franken fränkischer zu sein als Wein. Wein ist Lebensfreude pur, ist Phantasie, Genuss und Entspannung zugleich.

Artur Steinmann ist seit 2009 Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes. Im Gespräch verrät er persönliche Erkenntnisse rund um Thema Wein.

Sie sind ein Botschafter in Sachen Wein. Welche Ihrer Tätigkeiten macht Ihnen den meisten Spaß?

Artur Steinmann: Die meiste Freude habe ich daran die Region mitzugestalten. Man kann als Weinbaupräsident hier in der Region sehr viel verändern. Wir haben es zum Beispiel geschafft eine Initiative zu gründen, die sich Franken - c! nennt. Das ist heute eine Benchmarke im europäischen Weintourismus. Dadurch wurden über 200 Wein- und Winzerdörfer hübscher gemacht, wurden begehrenswerter. Wir haben die Kulturlandschaft in den letzten 20 Jahren erheblich positiv verändern können, wenn es um Artenvielfalt und Biodiversität geht. Mit 80 Winzervereinen kann man das Kulturleben in den Dörfern fördern und das ist es, was mir Freude macht - mit der Weinkönigin unterwegs zu sein, um diese wunderbare Weinlandschaft zu repräsentieren.

Wie hat sich der Bezug zum Wein im Laufe Ihres Lebens verändert?

Steinmann: Am Anfang war es für mich zunächst mal Business, man musste mit dem Wein Geld verdienen. Man musste seinen Betrieb am Laufen halten. Momentan ist es mehr eine Lebenseinstellung geworden zum Wein. Heute geht es nicht darum nur Geld mit dem Wein zu verdienen. Hier geht es immer Kulturlandschaften weiterzuentwickeln, Kulturlandschaften zu schaffen, vor allem das Erbe, das man übernommen hat, in die nächste Generation zu führen. Wein ist für mich zum Beispiel zum Essen nicht weg zu denken. Für mich ist es das größte Glücksgefühl, eine der größten Bereicherungen einen guten Wein zum Essen zu trinken.

Welche ist die größte Sünde, die man im Bezug auf Wein machen kann?

Über die Seele des Weines und die Freude am Leben

© Josefine Mühlroth

Steinmann: Zu sagen, der Wein ist schlecht. Es gibt keinen Wein, der so gut ist, dass er nicht auch einen Kritiker findet und es gibt keinen Wein, der so schlecht ist, dass er nicht auch einen Befürworter findet. Man kann sagen, der Wein ist nicht mein Geschmack, der Wein gefällt mir nicht, man kann über Wein und über seinen Geschmacksempfindungen alles sagen. Man kann sagen, ich schmecke Vanille, Kirschen oder schwarze Johannisbeeren. Man kann alles sagen, jeder hat andere Geschmacksempfindungen und keiner kann widersprechen. Aber zu sagen, der Wein ist schlecht - das kann man nicht machen.

Sie verstehen Wein mit Ihrem Herzen, mit Ihrer Seele...

Steinmann: Das kann man sagen. Man ist von dem Wein beseelt. Es ist schön, wenn man sein Hobby zum Beruf hat. Dann muss man keinen Tag im Leben arbeiten. Ich bin am Tag 10 bis 14 Stunden für den Wein unterwegs und es macht immer noch wahnsinnig viel Freude.

Wann hat Ihre Leidenschaft für den Wein angefangen?

Steinmann: Da ist man hinein gewachsen. Ich war im ersten Berufsleben Bierbrauer, ich war Braumeister gewesen. Also die Getränketechnologie war immer meine Welt und ich war auch ein beherzter Braumeister. Es hat mir auch viel Freude gemacht. Und dann kam ich zum Wein und ich habe gesehen, dass jeder Jahrgang ein Geschenk der Natur ist. Dass jeder Jahrgang eine neue Innovation ist. Es gibt keinen Jahrgang, der dem anderen gleicht. Jeder Jahrgang wird durch die Natur geprägt. Und so ist man von Jahr zu Jahr immer vertrauter mit dem Wein geworden. Wenn man sich jeden Tag 10 bis 12- 14 Stunden mit dem Wein beschäftigt, ist der Wein Teil von einem persönlich und selber als Person prägt man noch den Wein und die Kultur und die Landschaft.

Welches ist Ihr größtes persönliches Erkenntnis zum Thema Wein?

Steinmann: Wein braucht Seele. Es gibt so viel Wein auf der Welt. Der größte Weinmacher der Welt produziert so viel Wein im Jahr, wie zum Beispiel ganz Deutschland und stellt sich hin, als wäre er eine Winzerfamilie. Sie machen gute Weine, die schmecken gut, die kann man für 2-3 Euro im Lebensmittelhandel kaufen. Die Weine schmecken, sind gut gemacht. Aber sie haben keine Seele. Man sagt der Rebstock will einmal die Woche seinen Herr sehen - Wenn der Winzer jeden Rebstock im Weinberg kennt, wenn er jedes Gräßchen im Weinberg kennt, wenn er jede Traube am Ende kennt, wenn er zum Himmel schaut - kommt jetzt Unwetter, kommt Regen, bleibt es trocken - dann prägt sich auch jeder Jahrgang wie auf einer Schallplatte in Gedächtnis ein. Ich kann jeden Jahrgang nachvollziehen, was gewesen ist. Man ist einfach vom Wein beseelt. Man gibt diesem Wein die Seele des Machers. Der, wer den Wein macht, der, der für den Wein verantwortlich, dessen Seele auch hat der Wein.

Welcher ist Ihr Lieblingswein?

Steinmann: Mein Lieblingswein ist ein Weißburgunder. Den habe ich mir zur Freude gemacht. Ich habe verschiedene Weine im Haus und trinke natürlich sehr gerne Silvaner - das macht uns im Franken aus. Aber ich wollte immer einen Weißburgunder in Barrique, burgundisch gemacht, mit Schmelz, mit viel Dichte und viel Kraft. Der Wein liegt zwischen 18 und 22 Monate im kleinen Holzfass, der Wein wird speziell produziert, auch im Weinberg. Da lege ich meine ganze Seele mit in dem Wein hinein. Ich habe mal das Buch von Pater Anselm Grün über Rituale als Wegweiser zum Glück gelesen. Ich habe auch ein Ritual, wenn ich diesen Wein genieße. Wenn es ein schönes Tag war, dann beschließe ich den Tag nicht einfach sondern danke dem Herrn Gott für den schönen Tag, mache mir meinen Weißburgunder auf, trinke ein Glas Weißburgunder und wenn ich so melancholisch bin, dann höre ich Cat Stevens, und wenn ich gut drauf bin, und will ein bisschen rocken, dann natürlich Stones oder Beatles.

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