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Wollen Sie mal wieder so richtig sorglos abfeiern? Melden Sie doch einfach eine Corona-Demo an!

8.1.2022, 06:51 Uhr
Ist auf Malle gerade so gar nichts los? Kein Problem, lustige Hütchen kann man auch hier auf Corona-Demos tragen.

© imago images/Future Image, NNZ Ist auf Malle gerade so gar nichts los? Kein Problem, lustige Hütchen kann man auch hier auf Corona-Demos tragen.

Christkindlesmarkt war auch im Jahr 2021 leider nicht, aber per "Spaziergang" kann man sich maskenlos rund um den Schönen Brunnen treffen - die Polizei schaut dabei zu.

Christkindlesmarkt war auch im Jahr 2021 leider nicht, aber per "Spaziergang" kann man sich maskenlos rund um den Schönen Brunnen treffen - die Polizei schaut dabei zu. © Stefan Hippel, NNZ

Wer in diesen unübersichtlichen und grauen Pandemiezeiten mal wieder so richtig hemmungslos mit Freunden Spaß haben und abfeiern will, dem sei empfohlen, eine Demonstration anzumelden. Am besten eine gegen die Coronamaßnahmen. Es reicht inzwischen sogar, gar nichts anzumelden, sondern sich zu einem sogenannten Spaziergang zu verabreden.

"Nein, ich will nicht", ist sinngemäß das Motto vieler Corona-Demonstranten. Für ihre Befindlichkeit gilt das, was Till Lindemann im Song "Knebel" singt: "Das Leben ist einfach, einfach zu schwer. Es wäre so einfach, wenn es einfacher wär..."

"Nein, ich will nicht", ist sinngemäß das Motto vieler Corona-Demonstranten. Für ihre Befindlichkeit gilt das, was Till Lindemann im Song "Knebel" singt: "Das Leben ist einfach, einfach zu schwer. Es wäre so einfach, wenn es einfacher wär..." © Christoph Reichwein/ www.imago-images.de

In Nürnberg und in vielen anderen Städten geschieht das in letzter Zeit ständig. Wer in die Nähe einer solchen Versammlung bzw. Menschenansammlung gerät, kann nur staunen, wie konsequent und dreist dort sämtliche Corona-Schutzmaßnahmen ignoriert werden. Man steht oder läuft eng an eng, skandiert oder singt gemeinsam, hakt sich unter, tanzt ein bisschen und trägt bei all dem selbstverständlich keine Maske.

Früher als es noch "Sommermärchen" gab, gab es Autokorsos mit Deutschlandflaggen nach Siegen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Heute muss man sich mit Corona-Demos oder "Spaziergängen" behelfen.

Früher als es noch "Sommermärchen" gab, gab es Autokorsos mit Deutschlandflaggen nach Siegen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Heute muss man sich mit Corona-Demos oder "Spaziergängen" behelfen. © Sylvio Dittrich via www.imago-images.de, imago images/Sylvio Dittrich

Bunte Zusammenkünfte sind das: von Querdenkern, Coronaleugnern, Esoterikern, Wut- und Reichsbürgern, Naturheilkundlern, Impfgegnern, Yogafetischisten und anderen sogenannten achtsamen, aber vor allem ihr eigenes Ego und ihre Befindlichkeit umkreisenden Menschen bis zu handfesten Rechtsextremen läuft sich da so alles über den Weg.

Wenn es kein Volksfest gibt, dann treffen wir uns eben zum "Volksfest".

Wenn es kein Volksfest gibt, dann treffen wir uns eben zum "Volksfest". © Anestis Aslanidis

Dem Austausch von Spucke und Aerosolen auf engem Raum sind damit keine Grenzen gesetzt. Je ansteckender die gerade kursierende Virusvariante ist, desto leichter springt nicht nur die aus der Selbstermächtigung erwachsende Begeisterung zwischen den gleich- oder andersgesinnten Ignoranten über, sondern auch die Infektion. Und alle diese Menschen, die sich dort drängen, haben natürlich Angehörige, Freunde und Bekannte, an die sie dann ihre Demo- oder Spaziergangsmitbringsel weitergeben können.

Offizielles Empfangskomitee von AFD-Anhängern, die am 19. Dezember 2021 mit wehenden schwarz-rot-goldenen Fahnen auf dem Willy-Brandt-Platz die Ankunft der Omikron-Variante in Deutschland begrüßen. 

Offizielles Empfangskomitee von AFD-Anhängern, die am 19. Dezember 2021 mit wehenden schwarz-rot-goldenen Fahnen auf dem Willy-Brandt-Platz die Ankunft der Omikron-Variante in Deutschland begrüßen.  © Anestis Aslanidis

Kultur- und Sportveranstaltungen sind weit heruntergefahren; Bars, Clubs und Diskos sind geschlossen; in Restaurants und Geschäften muss man Nach- und Ausweise vorzeigen, Masken tragen, Hände desinfizieren und einem labyrinthischen Wirrwarr aus Regeln und Pfeilen folgen; vorsichtige und verantwortungsvolle Menschen haben selbst unterm Christbaum die Sicherheitsabstände penibel vermessen sind sogar an Silvester ziemlich allein geblieben. Doch bei den Demonstrierenden und Spazierengehenden gilt im wahrsten Sinne des Wortes das Gesetz der Straße: Die Polizei schaut zu, sieht, wie dort alle Corona-Regeln krass missachtet werden - und greift nicht ein.

Wer also die Disko vermisst, kann Party derzeit auf der Anti-Corona-Maßnahmen-Demo machen. Das Demonstrationsrecht ist in diesem Land heilig - und das ist auch gut so. Aber wenn daraus hemmungslose Virenfeiern werden, dann verhöhnt das alle anderen Menschen, die sich anstrengen und einschränken, damit die Pandemie kleingehalten oder bald überwunden wird. Und spätestens da hört der Spaß auf. FLORIAN MANGOLD

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